beschloß ich die seance mit einem: je ne dirai pas mieux de la soiree, und er ging. Ich sagte nämlich, man könne so viel lügen, als man wolle, nur sich selbst nichts vorlügen u. dgl. Nun weißt du's! --
Aus einem Tagebuch.
Baden bei Wien, Sonntag den 18. Juni 1815.
Wunderschönes Wetter: nicht zu heiß, und nicht zu kühl, sehr erfrischend. Ich nahm um 11 Uhr mein erstes Bad: es that mir sehr wohl; ich befand mich den ganzen Tag besser, und hustete nur äußerst wenig. Nach dem Essen und der siesta fuhren wir nach dem Schloß der Frau von B. Eine Götterfahrt! in einem weiten Thale, den Schneeberg mit sei- nen Brüdern immer zur Rechten, links ein weites Thal, mit entfernten Bergen, das ganze Spiel der heitern, nicht bren- nenden Sonne, kurz, ein so positiv schönes, wohlthuendes Wet- ter, wie es nur vor einem Regentag ist; wir sahen die Frau von B. nicht, aber ihre Kinder im herrlichen Garten, der ringsum weit sehen kann, mit seinem guten Schatten, schönen Bäumen, vielen Rosen, Feigen, Blumen und seinem Schlosse; frei und sicher daliegt; vorher ein rechter Edelhof mit Schafen die Menge, Pächtersleuten, und Zugbrücke; zum vertraulich- sten Nachbar der Schneeberg, im breiten Thal in gehöriger Entfernung: schöne Sitze, und heimathlicher Aufenthalt. Die Fahrt zurück war auch gut; Baden groß genug, mit Gebäu- den, Kaffeehäusern, Fiakern u. dgl. gut versehen. Die Spa-
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beſchloß ich die séance mit einem: je ne dirai pas mieux de la soirée, und er ging. Ich ſagte nämlich, man könne ſo viel lügen, als man wolle, nur ſich ſelbſt nichts vorlügen u. dgl. Nun weißt du’s! —
Aus einem Tagebuch.
Baden bei Wien, Sonntag den 18. Juni 1815.
Wunderſchönes Wetter: nicht zu heiß, und nicht zu kühl, ſehr erfriſchend. Ich nahm um 11 Uhr mein erſtes Bad: es that mir ſehr wohl; ich befand mich den ganzen Tag beſſer, und huſtete nur äußerſt wenig. Nach dem Eſſen und der siesta fuhren wir nach dem Schloß der Frau von B. Eine Götterfahrt! in einem weiten Thale, den Schneeberg mit ſei- nen Brüdern immer zur Rechten, links ein weites Thal, mit entfernten Bergen, das ganze Spiel der heitern, nicht bren- nenden Sonne, kurz, ein ſo poſitiv ſchönes, wohlthuendes Wet- ter, wie es nur vor einem Regentag iſt; wir ſahen die Frau von B. nicht, aber ihre Kinder im herrlichen Garten, der ringsum weit ſehen kann, mit ſeinem guten Schatten, ſchönen Bäumen, vielen Roſen, Feigen, Blumen und ſeinem Schloſſe; frei und ſicher daliegt; vorher ein rechter Edelhof mit Schafen die Menge, Pächtersleuten, und Zugbrücke; zum vertraulich- ſten Nachbar der Schneeberg, im breiten Thal in gehöriger Entfernung: ſchöne Sitze, und heimathlicher Aufenthalt. Die Fahrt zurück war auch gut; Baden groß genug, mit Gebäu- den, Kaffeehäuſern, Fiakern u. dgl. gut verſehen. Die Spa-
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beſchloß ich die séance mit einem: je ne dirai pas mieux de la
soirée, und er ging. Ich ſagte nämlich, man könne ſo viel
lügen, als man wolle, nur ſich ſelbſt nichts vorlügen u. dgl.
Nun weißt du’s! —
Aus einem Tagebuch.
Baden bei Wien, Sonntag den 18. Juni 1815.
Wunderſchönes Wetter: nicht zu heiß, und nicht zu kühl,
ſehr erfriſchend. Ich nahm um 11 Uhr mein erſtes Bad: es
that mir ſehr wohl; ich befand mich den ganzen Tag beſſer,
und huſtete nur äußerſt wenig. Nach dem Eſſen und der
siesta fuhren wir nach dem Schloß der Frau von B. Eine
Götterfahrt! in einem weiten Thale, den Schneeberg mit ſei-
nen Brüdern immer zur Rechten, links ein weites Thal, mit
entfernten Bergen, das ganze Spiel der heitern, nicht bren-
nenden Sonne, kurz, ein ſo poſitiv ſchönes, wohlthuendes Wet-
ter, wie es nur vor einem Regentag iſt; wir ſahen die Frau
von B. nicht, aber ihre Kinder im herrlichen Garten, der
ringsum weit ſehen kann, mit ſeinem guten Schatten, ſchönen
Bäumen, vielen Roſen, Feigen, Blumen und ſeinem Schloſſe;
frei und ſicher daliegt; vorher ein rechter Edelhof mit Schafen
die Menge, Pächtersleuten, und Zugbrücke; zum vertraulich-
ſten Nachbar der Schneeberg, im breiten Thal in gehöriger
Entfernung: ſchöne Sitze, und heimathlicher Aufenthalt. Die
Fahrt zurück war auch gut; Baden groß genug, mit Gebäu-
den, Kaffeehäuſern, Fiakern u. dgl. gut verſehen. Die Spa-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/299>, abgerufen am 23.11.2024.
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