Stil; dies ist auch meiner; halb in Robert seinem? Weil ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und besonders die schwarzen Dünste aus dem schwarzen Herzen nicht will an's Licht steigen lassen; -- und weil mir Karl Maria von Weber diesen Mittag einen sehr schönen Brief vom Herzog von Go- tha, in diesem Stil geschrieben, vorgelesen hat. Der Stil selbst ist eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launist an-, aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der sich in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie sich, mit Laune, allerlei komische Auswickelungen aus solchem Kleider- haufen; Zufälle und Geschichten, mit und unter denen das ge- schieht! Ich habe so eben dies Gewand anständig zwar noch, aber voll Überdruß, weit weggelegt.
Es war sehr ehrlich von Ihnen, liebe Guste, mir von Nürnberg zu schreiben: wie in Balsam eingetaucht, wirkte der liebe unschuldige Brief mit seiner Physionomie auf mich. Er sah aus wie Sie; und schien auch Ihnen Bedürfniß zu sein. Das freut mich. Vorgestern Abend nach den Verwandtschaften und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. -- Elisa Valberg wurde von der Schröder -- nämlich die Fürstin -- sehr schön ge- spielt; sehr schön: auch gut angezogen; außer daß sie, als sie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handschuh in der Hand hatte; welches mich Schwächling die sehr gut gespielte Scene hindurch störte. Einen Zusatz von ganz moderner Prinzenar- tigkeit (mit -artigkeit mein' ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit) und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünscht: denken Sie aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte! Mattausch hat einen gewissen Wackel beim Schreiten durch
Stil; dies iſt auch meiner; halb in Robert ſeinem? Weil ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und beſonders die ſchwarzen Dünſte aus dem ſchwarzen Herzen nicht will an’s Licht ſteigen laſſen; — und weil mir Karl Maria von Weber dieſen Mittag einen ſehr ſchönen Brief vom Herzog von Go- tha, in dieſem Stil geſchrieben, vorgeleſen hat. Der Stil ſelbſt iſt eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launiſt an-, aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der ſich in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie ſich, mit Laune, allerlei komiſche Auswickelungen aus ſolchem Kleider- haufen; Zufälle und Geſchichten, mit und unter denen das ge- ſchieht! Ich habe ſo eben dies Gewand anſtändig zwar noch, aber voll Überdruß, weit weggelegt.
Es war ſehr ehrlich von Ihnen, liebe Guſte, mir von Nürnberg zu ſchreiben: wie in Balſam eingetaucht, wirkte der liebe unſchuldige Brief mit ſeiner Phyſionomie auf mich. Er ſah aus wie Sie; und ſchien auch Ihnen Bedürfniß zu ſein. Das freut mich. Vorgeſtern Abend nach den Verwandtſchaften und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. — Eliſa Valberg wurde von der Schröder — nämlich die Fürſtin — ſehr ſchön ge- ſpielt; ſehr ſchön: auch gut angezogen; außer daß ſie, als ſie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handſchuh in der Hand hatte; welches mich Schwächling die ſehr gut geſpielte Scene hindurch ſtörte. Einen Zuſatz von ganz moderner Prinzenar- tigkeit (mit -artigkeit mein’ ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit) und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünſcht: denken Sie aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte! Mattauſch hat einen gewiſſen Wackel beim Schreiten durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="212"/>
Stil; dies iſt <hirendition="#g">auch</hi> meiner; halb in Robert ſeinem? Weil<lb/>
ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und beſonders die<lb/>ſchwarzen Dünſte aus dem ſchwarzen Herzen nicht will an’s<lb/>
Licht ſteigen laſſen; — und weil mir Karl Maria von Weber<lb/>
dieſen Mittag einen ſehr ſchönen Brief vom Herzog von Go-<lb/>
tha, in dieſem Stil geſchrieben, vorgeleſen hat. Der Stil<lb/>ſelbſt iſt eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launiſt an-,<lb/>
aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der ſich<lb/>
in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie ſich, mit<lb/>
Laune, allerlei komiſche Auswickelungen aus ſolchem Kleider-<lb/>
haufen; Zufälle und Geſchichten, mit und unter denen das ge-<lb/>ſchieht! <hirendition="#g">Ich</hi> habe ſo eben dies Gewand anſtändig zwar noch,<lb/>
aber voll Überdruß, weit weggelegt.</p><lb/><p>Es war ſehr ehrlich von Ihnen, liebe Guſte, mir von<lb/>
Nürnberg zu ſchreiben: wie in Balſam eingetaucht, wirkte der<lb/>
liebe unſchuldige Brief mit ſeiner Phyſionomie auf mich. Er<lb/>ſah aus wie Sie; und ſchien auch Ihnen Bedürfniß zu ſein.<lb/>
Das freut mich. Vorgeſtern Abend nach den Verwandtſchaften<lb/>
und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. — Eliſa Valberg wurde<lb/>
von der Schröder — nämlich die Fürſtin —ſehr ſchön ge-<lb/>ſpielt; ſehr ſchön: auch gut angezogen; außer daß ſie, als<lb/>ſie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handſchuh in der Hand<lb/>
hatte; welches mich Schwächling die ſehr gut geſpielte Scene<lb/>
hindurch ſtörte. Einen Zuſatz von ganz moderner Prinzenar-<lb/>
tigkeit (mit -artigkeit mein’ ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit)<lb/>
und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünſcht: denken Sie<lb/>
aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte!<lb/>
Mattauſch hat einen gewiſſen Wackel beim Schreiten durch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[212/0220]
Stil; dies iſt auch meiner; halb in Robert ſeinem? Weil
ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und beſonders die
ſchwarzen Dünſte aus dem ſchwarzen Herzen nicht will an’s
Licht ſteigen laſſen; — und weil mir Karl Maria von Weber
dieſen Mittag einen ſehr ſchönen Brief vom Herzog von Go-
tha, in dieſem Stil geſchrieben, vorgeleſen hat. Der Stil
ſelbſt iſt eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launiſt an-,
aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der ſich
in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie ſich, mit
Laune, allerlei komiſche Auswickelungen aus ſolchem Kleider-
haufen; Zufälle und Geſchichten, mit und unter denen das ge-
ſchieht! Ich habe ſo eben dies Gewand anſtändig zwar noch,
aber voll Überdruß, weit weggelegt.
Es war ſehr ehrlich von Ihnen, liebe Guſte, mir von
Nürnberg zu ſchreiben: wie in Balſam eingetaucht, wirkte der
liebe unſchuldige Brief mit ſeiner Phyſionomie auf mich. Er
ſah aus wie Sie; und ſchien auch Ihnen Bedürfniß zu ſein.
Das freut mich. Vorgeſtern Abend nach den Verwandtſchaften
und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. — Eliſa Valberg wurde
von der Schröder — nämlich die Fürſtin — ſehr ſchön ge-
ſpielt; ſehr ſchön: auch gut angezogen; außer daß ſie, als
ſie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handſchuh in der Hand
hatte; welches mich Schwächling die ſehr gut geſpielte Scene
hindurch ſtörte. Einen Zuſatz von ganz moderner Prinzenar-
tigkeit (mit -artigkeit mein’ ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit)
und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünſcht: denken Sie
aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte!
Mattauſch hat einen gewiſſen Wackel beim Schreiten durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/220>, abgerufen am 29.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.