ses Lebens, dieser Erde. Verzeihen Sie mir ja diesen Brief wie er hier steht! Ich möchte um keinen Preis, was ich oben von Ihnen zu fordern schien, -- und dachte schon so, als nur die Züge aus meiner Feder waren, ja als ich sie noch machte --, daß Sie mich schonten, für mich litten, schafften und mach- ten: alsdann wären Sie ja auch Ambos; und dafür soll Gott uns behüten. -- Ihnen aber die beiden Abende, Dienstag und Mittwoch zu beschreiben, dazu bin ich zu schwach: zu erschöpft endlich, zu irritirt; alles dies rein der Körper. Wie es mit meiner Seele ist, weiß wenigstens ich nicht: die scheint in der That von Unsterblichem gemacht zu sein. Hören Sie aber von anderem, wenn es möglich ist dergleichen zu beschrei- ben, auszudrücken, ja sich selbst anders, als unwillkürlich, zu wiederholen. -- --
An Varnhagen, in Prag.
Sonnabend den 11. Januar 1812. Mittags 3 Uhr.
Ich habe zuletzt Clemens Brentano's Brief gelesen, also fange ich von ihm an. Der Brief gefällt mir sehr, und ich habe mich in ihm nicht geirrt. O! hätte ich doch ewig mei- nen wahren Blick über Menschen befolgt, ewig dem Ausspruch gefolgt, der mit so unumstößlicher Wahrheit mitten in meiner Seele über jeden mir Vorkommenden zu mir herauftönen will. Ich finde eine unaussprechliche Milde und Biegsamkeit in die- sem Briefe: und ich muß dir wieder sagen, eine außerordent- liche Ähnlichkeit mit mir darin. Auffallend, und sehr unver-
ſes Lebens, dieſer Erde. Verzeihen Sie mir ja dieſen Brief wie er hier ſteht! Ich möchte um keinen Preis, was ich oben von Ihnen zu fordern ſchien, — und dachte ſchon ſo, als nur die Züge aus meiner Feder waren, ja als ich ſie noch machte —, daß Sie mich ſchonten, für mich litten, ſchafften und mach- ten: alsdann wären Sie ja auch Ambos; und dafür ſoll Gott uns behüten. — Ihnen aber die beiden Abende, Dienstag und Mittwoch zu beſchreiben, dazu bin ich zu ſchwach: zu erſchöpft endlich, zu irritirt; alles dies rein der Körper. Wie es mit meiner Seele iſt, weiß wenigſtens ich nicht: die ſcheint in der That von Unſterblichem gemacht zu ſein. Hören Sie aber von anderem, wenn es möglich iſt dergleichen zu beſchrei- ben, auszudrücken, ja ſich ſelbſt anders, als unwillkürlich, zu wiederholen. — —
An Varnhagen, in Prag.
Sonnabend den 11. Januar 1812. Mittags 3 Uhr.
Ich habe zuletzt Clemens Brentano’s Brief geleſen, alſo fange ich von ihm an. Der Brief gefällt mir ſehr, und ich habe mich in ihm nicht geirrt. O! hätte ich doch ewig mei- nen wahren Blick über Menſchen befolgt, ewig dem Ausſpruch gefolgt, der mit ſo unumſtößlicher Wahrheit mitten in meiner Seele über jeden mir Vorkommenden zu mir herauftönen will. Ich finde eine unausſprechliche Milde und Biegſamkeit in die- ſem Briefe: und ich muß dir wieder ſagen, eine außerordent- liche Ähnlichkeit mit mir darin. Auffallend, und ſehr unver-
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[7/0015]
ſes Lebens, dieſer Erde. Verzeihen Sie mir ja dieſen Brief
wie er hier ſteht! Ich möchte um keinen Preis, was ich oben
von Ihnen zu fordern ſchien, — und dachte ſchon ſo, als nur
die Züge aus meiner Feder waren, ja als ich ſie noch machte —,
daß Sie mich ſchonten, für mich litten, ſchafften und mach-
ten: alsdann wären Sie ja auch Ambos; und dafür ſoll Gott
uns behüten. — Ihnen aber die beiden Abende, Dienstag
und Mittwoch zu beſchreiben, dazu bin ich zu ſchwach: zu
erſchöpft endlich, zu irritirt; alles dies rein der Körper. Wie
es mit meiner Seele iſt, weiß wenigſtens ich nicht: die ſcheint
in der That von Unſterblichem gemacht zu ſein. Hören Sie
aber von anderem, wenn es möglich iſt dergleichen zu beſchrei-
ben, auszudrücken, ja ſich ſelbſt anders, als unwillkürlich, zu
wiederholen. — —
An Varnhagen, in Prag.
Sonnabend den 11. Januar 1812. Mittags 3 Uhr.
Ich habe zuletzt Clemens Brentano’s Brief geleſen, alſo
fange ich von ihm an. Der Brief gefällt mir ſehr, und ich
habe mich in ihm nicht geirrt. O! hätte ich doch ewig mei-
nen wahren Blick über Menſchen befolgt, ewig dem Ausſpruch
gefolgt, der mit ſo unumſtößlicher Wahrheit mitten in meiner
Seele über jeden mir Vorkommenden zu mir herauftönen will.
Ich finde eine unausſprechliche Milde und Biegſamkeit in die-
ſem Briefe: und ich muß dir wieder ſagen, eine außerordent-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/15>, abgerufen am 21.11.2024.
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