Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

pier, wieder von seiner Hand meine Addresse; und dabei ge-
schrieben: Inliegend die gedruckte Institution. Eben als ich's
nun erbrechen will, tobt die dumme Köchin!" Wir haben
noch lange unsere erste Tasse Kaffee nicht aus, so tritt Dore
herein mit einem länglichen Brief von Gentz, wo deiner mit
den gedruckten Zeitungen drin liegt; ein Billet von ihm, und
dein Brief an ihn! Sag', was ist das, daß ich so oft träume
was geschieht; nur ein wenig konfuse, als hätte mein innrer
Sinn nur noch nicht Kraft genug. Als ich es Augusten er-
zählte, und auch vorher, war ich ganz überzeugt, dergleichen
zu erhalten. -- Gentz schrieb mir bloß, wie ich mich befinde,
und nichts von dir. Ich antwortete nicht: weil ich, ohne daß
er's weiß, gespannt mit ihm bin. -- Sonst schmeichelte ich ihn
mit und in Antworten aus meinem Herzen: dies merkte er
nicht. Er soll das Gegentheil schon merken. Deinen Brief
an ihn finde ich vortrefflich! er hat mich sehr gefreut.
Der wahre Ton! und um so mehr gefreut, da er mir deine
weltliche Haltung immer mehr beweist; darum sie mir so be-
sonders verbürgt, da du das, was ich über ihn geschrieben
habe, schon erhalten hattest; doch noch so gerecht über das
warst, was er hat drucken lassen: es ihm in so ganz gemäßen,
anstehenden Ausdrücken zu sagen vermochtest, worin ich die
wahre Würdigung von dem gerecht-exagerirten Anerkennen
wohl zu unterscheiden wußte. --

-- Wie verliebt ich in sicheres Urtheil und haar-richtiges
Betragen sein kann, weißt du; aber nicht, wem alles --!!! --
den größten Geschäftsleuten Europa's, hier hab' ich's erfah-
ren, weil ich alle Details weiß -- dies abgeht! Ein wenig

pier, wieder von ſeiner Hand meine Addreſſe; und dabei ge-
ſchrieben: Inliegend die gedruckte Inſtitution. Eben als ich’s
nun erbrechen will, tobt die dumme Köchin!“ Wir haben
noch lange unſere erſte Taſſe Kaffee nicht aus, ſo tritt Dore
herein mit einem länglichen Brief von Gentz, wo deiner mit
den gedruckten Zeitungen drin liegt; ein Billet von ihm, und
dein Brief an ihn! Sag’, was iſt das, daß ich ſo oft träume
was geſchieht; nur ein wenig konfuſe, als hätte mein innrer
Sinn nur noch nicht Kraft genug. Als ich es Auguſten er-
zählte, und auch vorher, war ich ganz überzeugt, dergleichen
zu erhalten. — Gentz ſchrieb mir bloß, wie ich mich befinde,
und nichts von dir. Ich antwortete nicht: weil ich, ohne daß
er’s weiß, geſpannt mit ihm bin. — Sonſt ſchmeichelte ich ihn
mit und in Antworten aus meinem Herzen: dies merkte er
nicht. Er ſoll das Gegentheil ſchon merken. Deinen Brief
an ihn finde ich vortrefflich! er hat mich ſehr gefreut.
Der wahre Ton! und um ſo mehr gefreut, da er mir deine
weltliche Haltung immer mehr beweiſt; darum ſie mir ſo be-
ſonders verbürgt, da du das, was ich über ihn geſchrieben
habe, ſchon erhalten hatteſt; doch noch ſo gerecht über das
warſt, was er hat drucken laſſen: es ihm in ſo ganz gemäßen,
anſtehenden Ausdrücken zu ſagen vermochteſt, worin ich die
wahre Würdigung von dem gerecht-exagerirten Anerkennen
wohl zu unterſcheiden wußte. —

— Wie verliebt ich in ſicheres Urtheil und haar-richtiges
Betragen ſein kann, weißt du; aber nicht, wem alles —!!! —
den größten Geſchäftsleuten Europa’s, hier hab’ ich’s erfah-
ren, weil ich alle Details weiß — dies abgeht! Ein wenig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0142" n="134"/>
pier, wieder von &#x017F;einer Hand meine Addre&#x017F;&#x017F;e; und dabei ge-<lb/>
&#x017F;chrieben: Inliegend die gedruckte In&#x017F;titution. Eben als ich&#x2019;s<lb/>
nun erbrechen will, tobt die dumme Köchin!&#x201C; Wir haben<lb/>
noch lange un&#x017F;ere er&#x017F;te Ta&#x017F;&#x017F;e Kaffee nicht aus, &#x017F;o tritt Dore<lb/>
herein mit einem länglichen Brief von Gentz, wo deiner mit<lb/>
den gedruckten Zeitungen drin liegt; ein Billet von ihm, und<lb/>
dein Brief an ihn! Sag&#x2019;, was i&#x017F;t das, daß ich &#x017F;o oft träume<lb/>
was ge&#x017F;chieht; nur ein wenig konfu&#x017F;e, als hätte mein innrer<lb/>
Sinn nur noch nicht Kraft genug. Als ich es Augu&#x017F;ten er-<lb/>
zählte, und auch vorher, war ich ganz überzeugt, dergleichen<lb/>
zu erhalten. &#x2014; Gentz &#x017F;chrieb mir bloß, wie ich mich befinde,<lb/>
und nichts von dir. Ich antwortete nicht: weil ich, ohne daß<lb/>
er&#x2019;s weiß, ge&#x017F;pannt mit ihm bin. &#x2014; Son&#x017F;t &#x017F;chmeichelte ich ihn<lb/>
mit und in Antworten aus meinem Herzen: dies merkte er<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi>. Er &#x017F;oll das Gegentheil &#x017F;chon merken. Deinen Brief<lb/>
an ihn finde ich <hi rendition="#g">vortrefflich</hi>! er hat mich &#x017F;ehr gefreut.<lb/>
Der wahre Ton! und um &#x017F;o mehr gefreut, da er mir deine<lb/>
weltliche Haltung immer mehr bewei&#x017F;t; <hi rendition="#g">dar</hi>um &#x017F;ie mir &#x017F;o be-<lb/>
&#x017F;onders verbürgt, da du das, was ich über ihn ge&#x017F;chrieben<lb/>
habe, &#x017F;chon erhalten hatte&#x017F;t; doch noch &#x017F;o gerecht über das<lb/>
war&#x017F;t, was er hat drucken la&#x017F;&#x017F;en: es ihm in &#x017F;o ganz gemäßen,<lb/>
an&#x017F;tehenden Ausdrücken zu &#x017F;agen vermochte&#x017F;t, worin ich die<lb/>
wahre Würdigung von dem gerecht-exagerirten Anerkennen<lb/>
wohl zu unter&#x017F;cheiden wußte. &#x2014;</p><lb/>
            <p>&#x2014; Wie verliebt ich in &#x017F;icheres Urtheil und haar-richtiges<lb/>
Betragen &#x017F;ein kann, weißt du; aber nicht, <hi rendition="#g">wem alles</hi> &#x2014;!!! &#x2014;<lb/>
den größten Ge&#x017F;chäftsleuten Europa&#x2019;s, hier hab&#x2019; ich&#x2019;s erfah-<lb/>
ren, weil ich <hi rendition="#g">alle</hi> Details weiß &#x2014; dies abgeht! <hi rendition="#g">Ein</hi> wenig<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0142] pier, wieder von ſeiner Hand meine Addreſſe; und dabei ge- ſchrieben: Inliegend die gedruckte Inſtitution. Eben als ich’s nun erbrechen will, tobt die dumme Köchin!“ Wir haben noch lange unſere erſte Taſſe Kaffee nicht aus, ſo tritt Dore herein mit einem länglichen Brief von Gentz, wo deiner mit den gedruckten Zeitungen drin liegt; ein Billet von ihm, und dein Brief an ihn! Sag’, was iſt das, daß ich ſo oft träume was geſchieht; nur ein wenig konfuſe, als hätte mein innrer Sinn nur noch nicht Kraft genug. Als ich es Auguſten er- zählte, und auch vorher, war ich ganz überzeugt, dergleichen zu erhalten. — Gentz ſchrieb mir bloß, wie ich mich befinde, und nichts von dir. Ich antwortete nicht: weil ich, ohne daß er’s weiß, geſpannt mit ihm bin. — Sonſt ſchmeichelte ich ihn mit und in Antworten aus meinem Herzen: dies merkte er nicht. Er ſoll das Gegentheil ſchon merken. Deinen Brief an ihn finde ich vortrefflich! er hat mich ſehr gefreut. Der wahre Ton! und um ſo mehr gefreut, da er mir deine weltliche Haltung immer mehr beweiſt; darum ſie mir ſo be- ſonders verbürgt, da du das, was ich über ihn geſchrieben habe, ſchon erhalten hatteſt; doch noch ſo gerecht über das warſt, was er hat drucken laſſen: es ihm in ſo ganz gemäßen, anſtehenden Ausdrücken zu ſagen vermochteſt, worin ich die wahre Würdigung von dem gerecht-exagerirten Anerkennen wohl zu unterſcheiden wußte. — — Wie verliebt ich in ſicheres Urtheil und haar-richtiges Betragen ſein kann, weißt du; aber nicht, wem alles —!!! — den größten Geſchäftsleuten Europa’s, hier hab’ ich’s erfah- ren, weil ich alle Details weiß — dies abgeht! Ein wenig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/142
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/142>, abgerufen am 09.11.2024.