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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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Moritz zu Hause brachte mit der Einlage für Sie. Ein Rei-
sender, der über Dresden in drei Tagen von Berlin hierherge-
kommen ist, hat ihn mitgebracht. Dort ist alles jetzt ruhig,
und sehr ansehnliche Truppen von uns dort. Ich glaube Ih-
nen, daß es Sie nicht freut nach Wien zu gehen; mich erfreut
auch nichts, und ängstigt der Aufenthalt im fremden Lande,
schon in pekuniairer Hinsicht genug! Wie finden Sie das
theure Kupfer und Papier? Alles in der Welt kostet einen
Gulden. Ich bin aber sehr getröstet für Sie, daß Sie bei den
Ihrigen sind: und daß besonders Mama bei Ihnen ist, und
nun gar noch Papa kommt, mit seinen Konnexionen. Es wird
Ihnen besser gehen, als Sie es erwarten konnten; sehen Sie
doch alles! und Sie werden in Wien in gute Konnexionen
kommen. Erlaubte es das Geld, so machte ich Ihnen dort
meine Aufwartung. Aber bis nach Wien bringe ich es nie,
ich komme immer nur bis nach Prag. Aber Prag ist wun-
ders
chön! Solch ein Schloß! solch eine Stadt um das Schloß
her, giebt es wohl nur selten in der ganzen Welt. Das The-
ater ist sehr gut -- welches ich frei habe und fast täglich be-
suche. Man zieht sich sehr gut an hier, die Frauen nämlich;
viel und reicher Adel, Palläste, und das auch in den engsten
Gassen, die von altem großen Reichthum zeigen: die schönsten
Spazirgänge. Dies die Stadt an sich; und sehr groß. Ich
wohne bei einer lieben Frau; sehr gut. Gr. Bentheim thut
alles mögliche Gute an mir. Varnhagens gewesener Oberst.
Ich weiß noch nicht, wann ich es sicher genug zum Reisen
halten werde. Übertölplen Sie sich damit auch nicht. Die
andern Berliner sind nach meinem Begriff zu voreilig nach

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Moritz zu Hauſe brachte mit der Einlage für Sie. Ein Rei-
ſender, der über Dresden in drei Tagen von Berlin hierherge-
kommen iſt, hat ihn mitgebracht. Dort iſt alles jetzt ruhig,
und ſehr anſehnliche Truppen von uns dort. Ich glaube Ih-
nen, daß es Sie nicht freut nach Wien zu gehen; mich erfreut
auch nichts, und ängſtigt der Aufenthalt im fremden Lande,
ſchon in pekuniairer Hinſicht genug! Wie finden Sie das
theure Kupfer und Papier? Alles in der Welt koſtet einen
Gulden. Ich bin aber ſehr getröſtet für Sie, daß Sie bei den
Ihrigen ſind: und daß beſonders Mama bei Ihnen iſt, und
nun gar noch Papa kommt, mit ſeinen Konnexionen. Es wird
Ihnen beſſer gehen, als Sie es erwarten konnten; ſehen Sie
doch alles! und Sie werden in Wien in gute Konnexionen
kommen. Erlaubte es das Geld, ſo machte ich Ihnen dort
meine Aufwartung. Aber bis nach Wien bringe ich es nie,
ich komme immer nur bis nach Prag. Aber Prag iſt wun-
derſ
chön! Solch ein Schloß! ſolch eine Stadt um das Schloß
her, giebt es wohl nur ſelten in der ganzen Welt. Das The-
ater iſt ſehr gut — welches ich frei habe und faſt täglich be-
ſuche. Man zieht ſich ſehr gut an hier, die Frauen nämlich;
viel und reicher Adel, Palläſte, und das auch in den engſten
Gaſſen, die von altem großen Reichthum zeigen: die ſchönſten
Spazirgänge. Dies die Stadt an ſich; und ſehr groß. Ich
wohne bei einer lieben Frau; ſehr gut. Gr. Bentheim thut
alles mögliche Gute an mir. Varnhagens geweſener Oberſt.
Ich weiß noch nicht, wann ich es ſicher genug zum Reiſen
halten werde. Übertölplen Sie ſich damit auch nicht. Die
andern Berliner ſind nach meinem Begriff zu voreilig nach

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[99/0107] Moritz zu Hauſe brachte mit der Einlage für Sie. Ein Rei- ſender, der über Dresden in drei Tagen von Berlin hierherge- kommen iſt, hat ihn mitgebracht. Dort iſt alles jetzt ruhig, und ſehr anſehnliche Truppen von uns dort. Ich glaube Ih- nen, daß es Sie nicht freut nach Wien zu gehen; mich erfreut auch nichts, und ängſtigt der Aufenthalt im fremden Lande, ſchon in pekuniairer Hinſicht genug! Wie finden Sie das theure Kupfer und Papier? Alles in der Welt koſtet einen Gulden. Ich bin aber ſehr getröſtet für Sie, daß Sie bei den Ihrigen ſind: und daß beſonders Mama bei Ihnen iſt, und nun gar noch Papa kommt, mit ſeinen Konnexionen. Es wird Ihnen beſſer gehen, als Sie es erwarten konnten; ſehen Sie doch alles! und Sie werden in Wien in gute Konnexionen kommen. Erlaubte es das Geld, ſo machte ich Ihnen dort meine Aufwartung. Aber bis nach Wien bringe ich es nie, ich komme immer nur bis nach Prag. Aber Prag iſt wun- derſchön! Solch ein Schloß! ſolch eine Stadt um das Schloß her, giebt es wohl nur ſelten in der ganzen Welt. Das The- ater iſt ſehr gut — welches ich frei habe und faſt täglich be- ſuche. Man zieht ſich ſehr gut an hier, die Frauen nämlich; viel und reicher Adel, Palläſte, und das auch in den engſten Gaſſen, die von altem großen Reichthum zeigen: die ſchönſten Spazirgänge. Dies die Stadt an ſich; und ſehr groß. Ich wohne bei einer lieben Frau; ſehr gut. Gr. Bentheim thut alles mögliche Gute an mir. Varnhagens geweſener Oberſt. Ich weiß noch nicht, wann ich es ſicher genug zum Reiſen halten werde. Übertölplen Sie ſich damit auch nicht. Die andern Berliner ſind nach meinem Begriff zu voreilig nach 7 *

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/107>, abgerufen am 21.11.2024.