Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

lich Lokal. Masken. Zigeuner, Zauberer, Bauern, Guckkasten-
Leute: Herren und Damen aus allen Klassen. Ich fand alte
Bekannte, und neue, die mich zu kennen vorgaben. Die Mas-
ken sprachen Verse: auch Musen kamen; zwei, die tragische
und die komische. Auch Genien. Lächerlich, und gut. Die
Zigeuner, Jettchen Fromm, eine Mlle. Krüger, und ein schöner
junger Liman, waren sehr gut; die Musen waren heiser; to-
tal! aber sahen gut aus. Eine sechszehnjährige Jüdin war
dort, in solcher vollkommenen, klaren Sternenschönheit, daß
sie bloß dadurch absolut wie eine Prinzeß aussah. Ich ver-
liebte mich für Sie. Total! Ich kenne meine Schuldigkeit.
Gott! hätten Sie dies Geschöpf gesehen! Ich hatte sie nie
gesehen. Sie wohnt hier, und heißt Itzig: nicht von der be-
kannten Familie. Nun wissen Sie alles, was ich weiß. Für
heute nämlich. Künftig mehr! Ich erliege! ich habe heute
schon zehn Seiten schreiben müssen: und schrieb heute nur Ih-
nen eiligst, damit Sie nicht, Gott behüte und bewahre, weg
sein möchten! Peinzeß Wilhelm hat zwei Prinzen, wie die
Zeitungen Ihnen werden gesagt haben. Von Aktricen waren
nur drei, und von den Herren Einer da. Die hielten's nicht
vornehm genug. Adieu. Schreiben Sie ja! und alles von
sich. Ihre treue

R. Robert.

Das Bischen, was ich von Berlin sehe, ekelt mich an;
"die stolze, gedemüthigte!" elende.

Ihr Datum war göttlich! Schreiben Sie ja ferner natür-
lich, das Briefe zeigen, wenn man's weiß, stört in so etwas.



lich Lokal. Masken. Zigeuner, Zauberer, Bauern, Guckkaſten-
Leute: Herren und Damen aus allen Klaſſen. Ich fand alte
Bekannte, und neue, die mich zu kennen vorgaben. Die Mas-
ken ſprachen Verſe: auch Muſen kamen; zwei, die tragiſche
und die komiſche. Auch Genien. Lächerlich, und gut. Die
Zigeuner, Jettchen Fromm, eine Mlle. Krüger, und ein ſchöner
junger Liman, waren ſehr gut; die Muſen waren heiſer; to-
tal! aber ſahen gut aus. Eine ſechszehnjährige Jüdin war
dort, in ſolcher vollkommenen, klaren Sternenſchönheit, daß
ſie bloß dadurch abſolut wie eine Prinzeß ausſah. Ich ver-
liebte mich für Sie. Total! Ich kenne meine Schuldigkeit.
Gott! hätten Sie dies Geſchöpf geſehen! Ich hatte ſie nie
geſehen. Sie wohnt hier, und heißt Itzig: nicht von der be-
kannten Familie. Nun wiſſen Sie alles, was ich weiß. Für
heute nämlich. Künftig mehr! Ich erliege! ich habe heute
ſchon zehn Seiten ſchreiben müſſen: und ſchrieb heute nur Ih-
nen eiligſt, damit Sie nicht, Gott behüte und bewahre, weg
ſein möchten! Peinzeß Wilhelm hat zwei Prinzen, wie die
Zeitungen Ihnen werden geſagt haben. Von Aktricen waren
nur drei, und von den Herren Einer da. Die hielten’s nicht
vornehm genug. Adieu. Schreiben Sie ja! und alles von
ſich. Ihre treue

R. Robert.

Das Bischen, was ich von Berlin ſehe, ekelt mich an;
„die ſtolze, gedemüthigte!“ elende.

Ihr Datum war göttlich! Schreiben Sie ja ferner natür-
lich, das Briefe zeigen, wenn man’s weiß, ſtört in ſo etwas.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0560" n="546"/>
lich Lokal. Masken. Zigeuner, Zauberer, Bauern, Guckka&#x017F;ten-<lb/>
Leute: Herren und Damen aus allen Kla&#x017F;&#x017F;en. Ich fand alte<lb/>
Bekannte, und neue, die mich zu kennen vorgaben. Die Mas-<lb/>
ken &#x017F;prachen Ver&#x017F;e: auch Mu&#x017F;en kamen; zwei, die tragi&#x017F;che<lb/>
und die komi&#x017F;che. Auch Genien. Lächerlich, und gut. Die<lb/>
Zigeuner, Jettchen Fromm, eine Mlle. Krüger, und ein &#x017F;chöner<lb/>
junger Liman, waren &#x017F;ehr gut; die Mu&#x017F;en waren hei&#x017F;er; to-<lb/>
tal! aber &#x017F;ahen gut aus. Eine &#x017F;echszehnjährige Jüdin war<lb/>
dort, in &#x017F;olcher vollkommenen, klaren Sternen&#x017F;chönheit, daß<lb/>
&#x017F;ie bloß dadurch ab&#x017F;olut wie eine <hi rendition="#g">Prinzeß</hi> aus&#x017F;ah. Ich ver-<lb/>
liebte mich für <hi rendition="#g">Sie</hi>. Total! Ich kenne meine Schuldigkeit.<lb/>
Gott! hätten Sie dies Ge&#x017F;chöpf ge&#x017F;ehen! Ich hatte &#x017F;ie nie<lb/>
ge&#x017F;ehen. Sie wohnt hier, und heißt Itzig: <hi rendition="#g">nicht</hi> von der be-<lb/>
kannten Familie. Nun wi&#x017F;&#x017F;en Sie alles, was <hi rendition="#g">ich</hi> weiß. Für<lb/>
heute nämlich. Künftig mehr! Ich erliege! ich habe heute<lb/>
&#x017F;chon zehn Seiten &#x017F;chreiben mü&#x017F;&#x017F;en: und &#x017F;chrieb heute nur Ih-<lb/>
nen eilig&#x017F;t, damit Sie nicht, Gott behüte und bewahre, weg<lb/>
&#x017F;ein möchten! Peinzeß Wilhelm hat <hi rendition="#g">zwei</hi> Prinzen, wie die<lb/>
Zeitungen Ihnen werden ge&#x017F;agt haben. Von Aktricen waren<lb/>
nur drei, und von den Herren Einer da. Die hielten&#x2019;s nicht<lb/>
vornehm genug. Adieu. Schreiben Sie ja! und alles von<lb/>
&#x017F;ich. Ihre treue</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">R. Robert.</hi> </salute>
          </closer><lb/>
          <postscript>
            <p>Das Bischen, was ich von Berlin &#x017F;ehe, ekelt mich an;<lb/>
&#x201E;die &#x017F;tolze, gedemüthigte!&#x201C; <hi rendition="#g">elende</hi>.</p><lb/>
            <p>Ihr Datum war göttlich! Schreiben Sie ja ferner natür-<lb/>
lich, das Briefe zeigen, wenn man&#x2019;s weiß, &#x017F;tört in &#x017F;o etwas.</p>
          </postscript>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0560] lich Lokal. Masken. Zigeuner, Zauberer, Bauern, Guckkaſten- Leute: Herren und Damen aus allen Klaſſen. Ich fand alte Bekannte, und neue, die mich zu kennen vorgaben. Die Mas- ken ſprachen Verſe: auch Muſen kamen; zwei, die tragiſche und die komiſche. Auch Genien. Lächerlich, und gut. Die Zigeuner, Jettchen Fromm, eine Mlle. Krüger, und ein ſchöner junger Liman, waren ſehr gut; die Muſen waren heiſer; to- tal! aber ſahen gut aus. Eine ſechszehnjährige Jüdin war dort, in ſolcher vollkommenen, klaren Sternenſchönheit, daß ſie bloß dadurch abſolut wie eine Prinzeß ausſah. Ich ver- liebte mich für Sie. Total! Ich kenne meine Schuldigkeit. Gott! hätten Sie dies Geſchöpf geſehen! Ich hatte ſie nie geſehen. Sie wohnt hier, und heißt Itzig: nicht von der be- kannten Familie. Nun wiſſen Sie alles, was ich weiß. Für heute nämlich. Künftig mehr! Ich erliege! ich habe heute ſchon zehn Seiten ſchreiben müſſen: und ſchrieb heute nur Ih- nen eiligſt, damit Sie nicht, Gott behüte und bewahre, weg ſein möchten! Peinzeß Wilhelm hat zwei Prinzen, wie die Zeitungen Ihnen werden geſagt haben. Von Aktricen waren nur drei, und von den Herren Einer da. Die hielten’s nicht vornehm genug. Adieu. Schreiben Sie ja! und alles von ſich. Ihre treue R. Robert. Das Bischen, was ich von Berlin ſehe, ekelt mich an; „die ſtolze, gedemüthigte!“ elende. Ihr Datum war göttlich! Schreiben Sie ja ferner natür- lich, das Briefe zeigen, wenn man’s weiß, ſtört in ſo etwas.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/560
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/560>, abgerufen am 22.12.2024.