Mich peinigt übernatürlich der Frühling, und daß ich nicht fort bin! Und die infame Ungewißheit, die nun gar noch die Welthändel auf ihren Flügeln schlingen, damit ich sie nie mit eigenen Händen endlich erdroßlen kann! --
Aus einem Tagebuch.
Freitag, den 10. März 1809.
Ein fürchterlicher Tag für mich. Immer schlechter! Das erste Kriegesjahr, mit Bujac; und dem mit Vorbedacht er- zählt. Voriges Jahr, in des Prinzen Louis Haus das Schrek- kenskonzert: und nachher Bribes erschrocken. Heute im viel- gefürchteten Trenkischen Hause allein: und mit großer Sorge! Mit großer Sorge dies schreibend, wie ich es über's Jahr in noch älterer Noth lesen werde! Von ungefähr nahm ich dies Buch in die Hand, um von Hemsterhuis etwas aufzuschrei- ben, und beim Datum fiel mir der Königin ihr Geburtstag ein und dieser Gräuel. In Herder -- dem Armen -- habe ich gelesen. Wie hart ist es, von Kinder- und Geschwister- liebe zu lesen! -- für mich. Hemsterhuis sagt: "Religion ist die freie Beziehung jedes Individuums auf's höchste Wesen." Durch's bloße Benennen wird sie schon unwahr.
Den 11. März. Sonnabend früh.
Kalt, und Schnee auf den Dächern. Gestern Abend ka- men M's. zu mir. -- Da sprach ich recht dumm. Es war ein Streit; und sie blieben so sehr auf der Oberfläche; und
Den 7. März 1809.
Mich peinigt übernatürlich der Frühling, und daß ich nicht fort bin! Und die infame Ungewißheit, die nun gar noch die Welthändel auf ihren Flügeln ſchlingen, damit ich ſie nie mit eigenen Händen endlich erdroßlen kann! —
Aus einem Tagebuch.
Freitag, den 10. März 1809.
Ein fürchterlicher Tag für mich. Immer ſchlechter! Das erſte Kriegesjahr, mit Bujac; und dem mit Vorbedacht er- zählt. Voriges Jahr, in des Prinzen Louis Haus das Schrek- kenskonzert: und nachher Bribes erſchrocken. Heute im viel- gefürchteten Trenkiſchen Hauſe allein: und mit großer Sorge! Mit großer Sorge dies ſchreibend, wie ich es über’s Jahr in noch älterer Noth leſen werde! Von ungefähr nahm ich dies Buch in die Hand, um von Hemſterhuis etwas aufzuſchrei- ben, und beim Datum fiel mir der Königin ihr Geburtstag ein und dieſer Gräuel. In Herder — dem Armen — habe ich geleſen. Wie hart iſt es, von Kinder- und Geſchwiſter- liebe zu leſen! — für mich. Hemſterhuis ſagt: „Religion iſt die freie Beziehung jedes Individuums auf’s höchſte Weſen.“ Durch’s bloße Benennen wird ſie ſchon unwahr.
Den 11. März. Sonnabend früh.
Kalt, und Schnee auf den Dächern. Geſtern Abend ka- men M’s. zu mir. — Da ſprach ich recht dumm. Es war ein Streit; und ſie blieben ſo ſehr auf der Oberfläche; und
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Den 7. März 1809.
Mich peinigt übernatürlich der Frühling, und daß ich
nicht fort bin! Und die infame Ungewißheit, die nun gar
noch die Welthändel auf ihren Flügeln ſchlingen, damit ich
ſie nie mit eigenen Händen endlich erdroßlen kann! —
Aus einem Tagebuch.
Freitag, den 10. März 1809.
Ein fürchterlicher Tag für mich. Immer ſchlechter! Das
erſte Kriegesjahr, mit Bujac; und dem mit Vorbedacht er-
zählt. Voriges Jahr, in des Prinzen Louis Haus das Schrek-
kenskonzert: und nachher Bribes erſchrocken. Heute im viel-
gefürchteten Trenkiſchen Hauſe allein: und mit großer Sorge!
Mit großer Sorge dies ſchreibend, wie ich es über’s Jahr in
noch älterer Noth leſen werde! Von ungefähr nahm ich dies
Buch in die Hand, um von Hemſterhuis etwas aufzuſchrei-
ben, und beim Datum fiel mir der Königin ihr Geburtstag
ein und dieſer Gräuel. In Herder — dem Armen — habe
ich geleſen. Wie hart iſt es, von Kinder- und Geſchwiſter-
liebe zu leſen! — für mich. Hemſterhuis ſagt: „Religion iſt
die freie Beziehung jedes Individuums auf’s höchſte Weſen.“
Durch’s bloße Benennen wird ſie ſchon unwahr.
Den 11. März. Sonnabend früh.
Kalt, und Schnee auf den Dächern. Geſtern Abend ka-
men M’s. zu mir. — Da ſprach ich recht dumm. Es war
ein Streit; und ſie blieben ſo ſehr auf der Oberfläche; und
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/421>, abgerufen am 27.11.2024.
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