ordentliche, man darf -- das heißt was anders, als man kann -- ihr alles sagen. Man kann ihr alles erklä- ren. Errathen -- Errathen --! ist freilich nur mein Glück. Doch geht's gut. Wissen Sie, wer jetzt noch meine Bekannt- schaft gemacht hat? Prinz Louis. Den find' ich gründlich lie- benswürdig. Er hat mich gefragt, ob er mich öfter besuchen dürfe, und ich nahm ihm das Versprechen ab. Solche Be- kanntschaft soll er noch nicht genossen haben. Ordentliche Dachstuben-Wahrheit wird er hören. Bis jetzt kannt' er nur Mariane, aber die ist getauft, und Prinzeß, und Frau von Eibenberg; was will das sagen?! Noch kenn' ich einen Mann, der mir sehr gefällt, einen Kousin von Christian, er ist bei un- serm auswärtigen Departement, und reist zu Christian, Sie werden ihn also sehen. Sprechen Sie von mir und grüßen ihn recht freundlich. Gehen Sie auch zu Mad. Brun, geb. Münter, danken Sie ihr, nämlich sagen Sie ihr, ich hätt' es nicht für möglich gehalten, daß sie noch meiner gedenkt, und freute mich stalz wie ein Kind, daß sie mich durch Mlle. Ja- cobi hat grüßen lassen. Ich war ihr sehr gut: so verschieden wir sein mögen -- sie hat einen stillen Hinterhalt in der Seele, der immer mein Freund ist, wenn's der Mensch auch nicht weiß. Vielleicht schreib' ich ihr; sie war immer zutraulich zu mir: und komm' ich nach Kopenhagen -- wie alles möglich ist -- so ist sie meine Freundin, und ich geh' und wende mich gleich an sie. Liberal ist sie so! -- Mein neuer Bernstorff ist nicht wie wir; Sie werden schon sehen. Aber ich lieb' ihn. Nicht zu sein, wie wir, und doch zu sein wie er, ist an- betungswürdig. Sprechen Sie ihm von mir: ich will gern,
ordentliche, man darf — das heißt was anders, als man kann — ihr alles ſagen. Man kann ihr alles erklä- ren. Errathen — Errathen —! iſt freilich nur mein Glück. Doch geht’s gut. Wiſſen Sie, wer jetzt noch meine Bekannt- ſchaft gemacht hat? Prinz Louis. Den find’ ich gründlich lie- benswürdig. Er hat mich gefragt, ob er mich öfter beſuchen dürfe, und ich nahm ihm das Verſprechen ab. Solche Be- kanntſchaft ſoll er noch nicht genoſſen haben. Ordentliche Dachſtuben-Wahrheit wird er hören. Bis jetzt kannt’ er nur Mariane, aber die iſt getauft, und Prinzeß, und Frau von Eibenberg; was will das ſagen?! Noch kenn’ ich einen Mann, der mir ſehr gefällt, einen Kouſin von Chriſtian, er iſt bei un- ſerm auswärtigen Departement, und reiſt zu Chriſtian, Sie werden ihn alſo ſehen. Sprechen Sie von mir und grüßen ihn recht freundlich. Gehen Sie auch zu Mad. Brun, geb. Münter, danken Sie ihr, nämlich ſagen Sie ihr, ich hätt’ es nicht für möglich gehalten, daß ſie noch meiner gedenkt, und freute mich ſtalz wie ein Kind, daß ſie mich durch Mlle. Ja- cobi hat grüßen laſſen. Ich war ihr ſehr gut: ſo verſchieden wir ſein mögen — ſie hat einen ſtillen Hinterhalt in der Seele, der immer mein Freund iſt, wenn’s der Menſch auch nicht weiß. Vielleicht ſchreib’ ich ihr; ſie war immer zutraulich zu mir: und komm’ ich nach Kopenhagen — wie alles möglich iſt — ſo iſt ſie meine Freundin, und ich geh’ und wende mich gleich an ſie. Liberal iſt ſie ſo! — Mein neuer Bernſtorff iſt nicht wie wir; Sie werden ſchon ſehen. Aber ich lieb’ ihn. Nicht zu ſein, wie wir, und doch zu ſein wie er, iſt an- betungswürdig. Sprechen Sie ihm von mir: ich will gern,
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ordentliche, man darf — das heißt was anders, als man
kann — ihr alles ſagen. Man kann ihr alles erklä-
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Doch geht’s gut. Wiſſen Sie, wer jetzt noch meine Bekannt-
ſchaft gemacht hat? Prinz Louis. Den find’ ich gründlich lie-
benswürdig. Er hat mich gefragt, ob er mich öfter beſuchen
dürfe, und ich nahm ihm das Verſprechen ab. Solche Be-
kanntſchaft ſoll er noch nicht genoſſen haben. Ordentliche
Dachſtuben-Wahrheit wird er hören. Bis jetzt kannt’ er nur
Mariane, aber die iſt getauft, und Prinzeß, und Frau von
Eibenberg; was will das ſagen?! Noch kenn’ ich einen Mann,
der mir ſehr gefällt, einen Kouſin von Chriſtian, er iſt bei un-
ſerm auswärtigen Departement, und reiſt zu Chriſtian, Sie
werden ihn alſo ſehen. Sprechen Sie von mir und grüßen
ihn recht freundlich. Gehen Sie auch zu Mad. Brun, geb.
Münter, danken Sie ihr, nämlich ſagen Sie ihr, ich hätt’ es
nicht für möglich gehalten, daß ſie noch meiner gedenkt, und
freute mich ſtalz wie ein Kind, daß ſie mich durch Mlle. Ja-
cobi hat grüßen laſſen. Ich war ihr ſehr gut: ſo verſchieden
wir ſein mögen — ſie hat einen ſtillen Hinterhalt in der Seele,
der immer mein Freund iſt, wenn’s der Menſch auch nicht
weiß. Vielleicht ſchreib’ ich ihr; ſie war immer zutraulich zu
mir: und komm’ ich nach Kopenhagen — wie alles möglich
iſt — ſo iſt ſie meine Freundin, und ich geh’ und wende mich
gleich an ſie. Liberal iſt ſie ſo! — Mein neuer Bernſtorff
iſt nicht wie wir; Sie werden ſchon ſehen. Aber ich lieb’
ihn. Nicht zu ſein, wie wir, und doch zu ſein wie er, iſt an-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/214>, abgerufen am 28.11.2024.
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