10. März geschrieben, und soll den 11. abgehen. Burgsdorf muß mir das schicken, was ich in dem kleinen Brief fordere, der in Ihrem liegt: und der auch morgen erst abgeht.
An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.
Sommer 1799.
-- Jetzt ist acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne haben jetzt eben, zum Geburtstag der erstern, Schokolade mit Kuchen, anstatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückseligkeit und Redseligkeit hinter gesogen und gewürgt, deren auch nur wenig Kinder fähig sind; bedenk', ob ich sie dir auf jedem Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünsche. Ich saß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz auf ihrem Schooß; sie hat Handschuh und Fußschuh von Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach- mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags etwas, und so wird der ganze Tag gebähren, und ein wah- rer Geburtstag sein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn- sucht abfinden kannst, so kannst du ganz ruhig sein. Für die Putten wird unaussprechlich gesorgt: du kennst meine Lei- denschaft zu ihnen, sie sind ewig bei mir: ihr Fleisch wird beiderseits fester, auch bleichen sie; meine schläft mit der Kou- sine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um neun Uhr essen wir, mit dem letzten Bissen geht meine zu Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung, Deutsch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit gesorgt. Ich thue weiter gar nichts, denn ich lese nicht einmal mehr,
10. März geſchrieben, und ſoll den 11. abgehen. Burgsdorf muß mir das ſchicken, was ich in dem kleinen Brief fordere, der in Ihrem liegt: und der auch morgen erſt abgeht.
An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.
Sommer 1799.
— Jetzt iſt acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne haben jetzt eben, zum Geburtstag der erſtern, Schokolade mit Kuchen, anſtatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückſeligkeit und Redſeligkeit hinter geſogen und gewürgt, deren auch nur wenig Kinder fähig ſind; bedenk’, ob ich ſie dir auf jedem Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünſche. Ich ſaß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz auf ihrem Schooß; ſie hat Handſchuh und Fußſchuh von Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach- mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags etwas, und ſo wird der ganze Tag gebähren, und ein wah- rer Geburtstag ſein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn- ſucht abfinden kannſt, ſo kannſt du ganz ruhig ſein. Für die Putten wird unausſprechlich geſorgt: du kennſt meine Lei- denſchaft zu ihnen, ſie ſind ewig bei mir: ihr Fleiſch wird beiderſeits feſter, auch bleichen ſie; meine ſchläft mit der Kou- ſine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um neun Uhr eſſen wir, mit dem letzten Biſſen geht meine zu Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung, Deutſch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit geſorgt. Ich thue weiter gar nichts, denn ich leſe nicht einmal mehr,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0201"n="187"/>
10. März geſchrieben, und ſoll den 11. abgehen. Burgsdorf<lb/><hirendition="#g">muß</hi> mir das ſchicken, was ich in dem kleinen Brief fordere,<lb/>
der in Ihrem liegt: und der auch morgen erſt abgeht.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Sommer 1799.</hi></dateline><lb/><p>— Jetzt iſt acht Uhr, <hirendition="#g">deine</hi> Fanny und <hirendition="#g">meine</hi> Hanne<lb/>
haben jetzt eben, zum Geburtstag der erſtern, Schokolade mit<lb/>
Kuchen, anſtatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückſeligkeit<lb/>
und Redſeligkeit hinter geſogen und gewürgt, deren auch nur<lb/>
wenig Kinder fähig ſind; bedenk’, ob ich ſie <hirendition="#g">dir</hi> auf jedem<lb/>
Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünſche.<lb/>
Ich ſaß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz<lb/>
auf ihrem Schooß; ſie hat Handſchuh und Fußſchuh von<lb/>
Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach-<lb/>
mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags<lb/>
etwas, und ſo wird der ganze Tag gebähren, und ein wah-<lb/>
rer Geburtstag ſein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn-<lb/>ſucht abfinden kannſt, ſo kannſt du ganz ruhig ſein. Für die<lb/>
Putten wird unausſprechlich geſorgt: du kennſt meine <hirendition="#g">Lei-<lb/>
denſchaft</hi> zu ihnen, ſie ſind ewig bei mir: ihr Fleiſch wird<lb/>
beiderſeits feſter, auch bleichen ſie; meine ſchläft mit der Kou-<lb/>ſine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um<lb/>
neun Uhr eſſen wir, mit dem letzten Biſſen geht meine zu<lb/>
Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung,<lb/>
Deutſch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit geſorgt.<lb/>
Ich thue weiter <hirendition="#g">gar</hi> nichts, denn ich leſe nicht einmal mehr,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[187/0201]
10. März geſchrieben, und ſoll den 11. abgehen. Burgsdorf
muß mir das ſchicken, was ich in dem kleinen Brief fordere,
der in Ihrem liegt: und der auch morgen erſt abgeht.
An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.
Sommer 1799.
— Jetzt iſt acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne
haben jetzt eben, zum Geburtstag der erſtern, Schokolade mit
Kuchen, anſtatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückſeligkeit
und Redſeligkeit hinter geſogen und gewürgt, deren auch nur
wenig Kinder fähig ſind; bedenk’, ob ich ſie dir auf jedem
Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünſche.
Ich ſaß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz
auf ihrem Schooß; ſie hat Handſchuh und Fußſchuh von
Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach-
mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags
etwas, und ſo wird der ganze Tag gebähren, und ein wah-
rer Geburtstag ſein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn-
ſucht abfinden kannſt, ſo kannſt du ganz ruhig ſein. Für die
Putten wird unausſprechlich geſorgt: du kennſt meine Lei-
denſchaft zu ihnen, ſie ſind ewig bei mir: ihr Fleiſch wird
beiderſeits feſter, auch bleichen ſie; meine ſchläft mit der Kou-
ſine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um
neun Uhr eſſen wir, mit dem letzten Biſſen geht meine zu
Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung,
Deutſch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit geſorgt.
Ich thue weiter gar nichts, denn ich leſe nicht einmal mehr,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/201>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.