neuer sein; und Alle eifern ihr nach. Keine Frage! der größte Theil der Juwelen war ihr von einer vornehmen Freundin geliehen; den andern schafft sie sich alle Jahr nach dem Benefiz zum Einkaufspreiß an. Ich laß mir nichts weiß machen: ich glaube (und wenn ich auch in Paris wäre: und, was noch weit mehr ist ich glaube in Berlin) nichts von Paris, was über den Einkaufspreiß wäre, der über der Taxe ist, die ich mir einmal nach der Aufnahme aller Welt- waaren gemacht habe. Wenn ich sehe, ehapeau bas! den Himmel glaub' ich; wenn ich ihn sehe: und das Sehen soll mich vor Beschränktheit, vor Unglauben schützen. Ich vergehe hier vor Überdruß, Zorn, Frost und Langerweile! -- Sagen Sie der Humboldt, sie müßte das für mich thun. Ich hätte jetzt in der ganzen Welt keinen Wunsch, der befriedigt werden könnte, als den, sie en miniature gemahlt zn haben, Sie soll es mir schicken. Sagen Sie ihr, es wäre eigenlich schrecklich, daß ich wüßte, daß Sie wiederkäme: denn sonst wär' ich schon verzweifelt, und das wäre besser. Verzweifelt bin ich wohl: aber ich laufe doch nicht weg. Ich bin doch nicht rasend. Fragen Sie doch meine Humboldt, ob ihr Herr von Elsner keinen Brief von mir gebracht hat. Sie soll ihn fordern las- sen. Fürchten Sie sich, Brinckmann! ich werde Ihnen über das Heirathskapitel ernste Antwort schreiben: den Spaß ha- ben Sie alle von mir. Adieu! Schlegel grüßt, er wird Ih- nen schreiben. Ich lese Humboldts Buch; bin aber noch im Anfang: mir kann er gar nicht weitläufig genug schreiben. Nun werden Sie doch nicht noch streiten? Müßten es doch nur alle Diebe lesen, die dichten wollen in Prosa oder Versen,
neuer ſein; und Alle eifern ihr nach. Keine Frage! der größte Theil der Juwelen war ihr von einer vornehmen Freundin geliehen; den andern ſchafft ſie ſich alle Jahr nach dem Benefiz zum Einkaufspreiß an. Ich laß mir nichts weiß machen: ich glaube (und wenn ich auch in Paris wäre: und, was noch weit mehr iſt ich glaube in Berlin) nichts von Paris, was über den Einkaufspreiß wäre, der über der Taxe iſt, die ich mir einmal nach der Aufnahme aller Welt- waaren gemacht habe. Wenn ich ſehe, ehapeau bas! den Himmel glaub’ ich; wenn ich ihn ſehe: und das Sehen ſoll mich vor Beſchränktheit, vor Unglauben ſchützen. Ich vergehe hier vor Überdruß, Zorn, Froſt und Langerweile! — Sagen Sie der Humboldt, ſie müßte das für mich thun. Ich hätte jetzt in der ganzen Welt keinen Wunſch, der befriedigt werden könnte, als den, ſie en miniature gemahlt zn haben, Sie ſoll es mir ſchicken. Sagen Sie ihr, es wäre eigenlich ſchrecklich, daß ich wüßte, daß Sie wiederkäme: denn ſonſt wär’ ich ſchon verzweifelt, und das wäre beſſer. Verzweifelt bin ich wohl: aber ich laufe doch nicht weg. Ich bin doch nicht raſend. Fragen Sie doch meine Humboldt, ob ihr Herr von Elsner keinen Brief von mir gebracht hat. Sie ſoll ihn fordern laſ- ſen. Fürchten Sie ſich, Brinckmann! ich werde Ihnen über das Heirathskapitel ernſte Antwort ſchreiben: den Spaß ha- ben Sie alle von mir. Adieu! Schlegel grüßt, er wird Ih- nen ſchreiben. Ich leſe Humboldts Buch; bin aber noch im Anfang: mir kann er gar nicht weitläufig genug ſchreiben. Nun werden Sie doch nicht noch ſtreiten? Müßten es doch nur alle Diebe leſen, die dichten wollen in Proſa oder Verſen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="178"/>
neuer ſein; und <hirendition="#g">Alle</hi> eifern ihr nach. Keine Frage! der<lb/>
größte Theil der Juwelen war ihr von einer vornehmen<lb/>
Freundin geliehen; den andern ſchafft ſie ſich alle Jahr nach<lb/>
dem Benefiz zum Einkaufspreiß an. Ich laß mir nichts weiß<lb/>
machen: ich <hirendition="#g">glaube</hi> (und wenn ich auch in Paris wäre:<lb/>
und, was noch weit mehr iſt ich <hirendition="#g">glaube</hi> in <hirendition="#g">Berlin</hi>) nichts<lb/>
von Paris, was über den Einkaufspreiß wäre, der über der<lb/>
Taxe iſt, die ich mir einmal nach der Aufnahme aller Welt-<lb/>
waaren gemacht habe. Wenn ich <hirendition="#g">ſehe</hi>, <hirendition="#aq">ehapeau bas!</hi> den<lb/><hirendition="#g">Himmel</hi> glaub’ ich; wenn ich ihn ſehe: und das Sehen ſoll<lb/>
mich vor Beſchränktheit, vor Unglauben ſchützen. Ich vergehe<lb/>
hier vor Überdruß, Zorn, Froſt und Langerweile! — Sagen<lb/>
Sie der Humboldt, ſie müßte das für mich thun. Ich hätte<lb/>
jetzt in der ganzen Welt keinen Wunſch, der befriedigt werden<lb/>
könnte, als den, ſie <hirendition="#aq">en miniature</hi> gemahlt zn haben, Sie ſoll<lb/>
es mir ſchicken. Sagen Sie ihr, es wäre eigenlich ſchrecklich,<lb/>
daß ich wüßte, daß Sie wiederkäme: denn ſonſt wär’ ich ſchon<lb/>
verzweifelt, und das wäre beſſer. Verzweifelt bin ich wohl:<lb/>
aber ich laufe doch nicht weg. Ich bin doch nicht raſend.<lb/>
Fragen Sie doch meine Humboldt, ob ihr Herr von Elsner<lb/>
keinen Brief von mir gebracht hat. Sie ſoll ihn fordern laſ-<lb/>ſen. Fürchten Sie ſich, Brinckmann! ich werde Ihnen über<lb/>
das Heirathskapitel ernſte Antwort ſchreiben: den Spaß ha-<lb/>
ben Sie alle von mir. Adieu! Schlegel grüßt, er wird Ih-<lb/>
nen ſchreiben. Ich leſe Humboldts Buch; bin aber noch im<lb/>
Anfang: mir kann er gar nicht weitläufig genug ſchreiben.<lb/>
Nun werden Sie doch nicht noch ſtreiten? Müßten es doch<lb/>
nur alle Diebe leſen, die dichten wollen in Proſa oder Verſen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[178/0192]
neuer ſein; und Alle eifern ihr nach. Keine Frage! der
größte Theil der Juwelen war ihr von einer vornehmen
Freundin geliehen; den andern ſchafft ſie ſich alle Jahr nach
dem Benefiz zum Einkaufspreiß an. Ich laß mir nichts weiß
machen: ich glaube (und wenn ich auch in Paris wäre:
und, was noch weit mehr iſt ich glaube in Berlin) nichts
von Paris, was über den Einkaufspreiß wäre, der über der
Taxe iſt, die ich mir einmal nach der Aufnahme aller Welt-
waaren gemacht habe. Wenn ich ſehe, ehapeau bas! den
Himmel glaub’ ich; wenn ich ihn ſehe: und das Sehen ſoll
mich vor Beſchränktheit, vor Unglauben ſchützen. Ich vergehe
hier vor Überdruß, Zorn, Froſt und Langerweile! — Sagen
Sie der Humboldt, ſie müßte das für mich thun. Ich hätte
jetzt in der ganzen Welt keinen Wunſch, der befriedigt werden
könnte, als den, ſie en miniature gemahlt zn haben, Sie ſoll
es mir ſchicken. Sagen Sie ihr, es wäre eigenlich ſchrecklich,
daß ich wüßte, daß Sie wiederkäme: denn ſonſt wär’ ich ſchon
verzweifelt, und das wäre beſſer. Verzweifelt bin ich wohl:
aber ich laufe doch nicht weg. Ich bin doch nicht raſend.
Fragen Sie doch meine Humboldt, ob ihr Herr von Elsner
keinen Brief von mir gebracht hat. Sie ſoll ihn fordern laſ-
ſen. Fürchten Sie ſich, Brinckmann! ich werde Ihnen über
das Heirathskapitel ernſte Antwort ſchreiben: den Spaß ha-
ben Sie alle von mir. Adieu! Schlegel grüßt, er wird Ih-
nen ſchreiben. Ich leſe Humboldts Buch; bin aber noch im
Anfang: mir kann er gar nicht weitläufig genug ſchreiben.
Nun werden Sie doch nicht noch ſtreiten? Müßten es doch
nur alle Diebe leſen, die dichten wollen in Proſa oder Verſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/192>, abgerufen am 11.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.