Ich lebe in allem Betracht, lieber Brinckmann, denn ich leide so ziemlich, bin unpäßlich und habe chagrin; aber es schadet nichts. Meine Wunderäugige sah ich gestern zur Probe, und wenn ich mich von einem Gang-Spaziren werde erholt haben, so will ich sie besuchen. Es ist schrecklich! ich bekomme wieder eine neue Passion für diese Frau. Das fehlt mir noch. "Schrecklich dacht' ich's mir, und schrecklicher ist's noch geworden." Tasso. Ich hörte viel von ihr, aber nicht das Rechte, aber ich verzeih' es; denn ich würd' es auch nicht sagen können.
Wissen Sie, was das Komischte ist, durch sie, die mir doch fremd sein sollte, fühl' ich mich Humboldt verwandter. Es giebt also Zauber; denn es ist erlaubt, das so zu nennen, was man sich nicht deutlich machen kann. Folgen Sie nur meinem Beispiel, ruhen Sie sich, und dann gehen Sie in Gesellschaft.
An Gustav von Brinckmann, in Berlin.
Karlsbad, den 28. Juli 1796.
Lieber Brinckmann, mir zittern die Hände, also kann ich Ihnen nur sagen, daß die Frau von Ha. nur vierzehn Tage hier war, wovon ich sie acht sah, dann ging sie wieder auf vierzehn nach Töplitz. Sie sagte mir in Karlsbad, daß Ma- riane mit dem Bruder und der Schwägerin auch hieher kom-
An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
den 10. Januar 1796.
Ich lebe in allem Betracht, lieber Brinckmann, denn ich leide ſo ziemlich, bin unpäßlich und habe chagrin; aber es ſchadet nichts. Meine Wunderäugige ſah ich geſtern zur Probe, und wenn ich mich von einem Gang-Spaziren werde erholt haben, ſo will ich ſie beſuchen. Es iſt ſchrecklich! ich bekomme wieder eine neue Paſſion für dieſe Frau. Das fehlt mir noch. „Schrecklich dacht’ ich’s mir, und ſchrecklicher iſt’s noch geworden.“ Taſſo. Ich hörte viel von ihr, aber nicht das Rechte, aber ich verzeih’ es; denn ich würd’ es auch nicht ſagen können.
Wiſſen Sie, was das Komiſchte iſt, durch ſie, die mir doch fremd ſein ſollte, fühl’ ich mich Humboldt verwandter. Es giebt alſo Zauber; denn es iſt erlaubt, das ſo zu nennen, was man ſich nicht deutlich machen kann. Folgen Sie nur meinem Beiſpiel, ruhen Sie ſich, und dann gehen Sie in Geſellſchaft.
An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
Karlsbad, den 28. Juli 1796.
Lieber Brinckmann, mir zittern die Hände, alſo kann ich Ihnen nur ſagen, daß die Frau von Ha. nur vierzehn Tage hier war, wovon ich ſie acht ſah, dann ging ſie wieder auf vierzehn nach Töplitz. Sie ſagte mir in Karlsbad, daß Ma- riane mit dem Bruder und der Schwägerin auch hieher kom-
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An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
den 10. Januar 1796.
Ich lebe in allem Betracht, lieber Brinckmann, denn ich
leide ſo ziemlich, bin unpäßlich und habe chagrin; aber es
ſchadet nichts. Meine Wunderäugige ſah ich geſtern zur
Probe, und wenn ich mich von einem Gang-Spaziren werde
erholt haben, ſo will ich ſie beſuchen. Es iſt ſchrecklich! ich
bekomme wieder eine neue Paſſion für dieſe Frau. Das fehlt
mir noch. „Schrecklich dacht’ ich’s mir, und ſchrecklicher iſt’s
noch geworden.“ Taſſo. Ich hörte viel von ihr, aber nicht
das Rechte, aber ich verzeih’ es; denn ich würd’ es auch nicht
ſagen können.
Wiſſen Sie, was das Komiſchte iſt, durch ſie, die mir
doch fremd ſein ſollte, fühl’ ich mich Humboldt verwandter.
Es giebt alſo Zauber; denn es iſt erlaubt, das ſo zu nennen,
was man ſich nicht deutlich machen kann. Folgen Sie nur
meinem Beiſpiel, ruhen Sie ſich, und dann gehen Sie in
Geſellſchaft.
An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
Karlsbad, den 28. Juli 1796.
Lieber Brinckmann, mir zittern die Hände, alſo kann ich
Ihnen nur ſagen, daß die Frau von Ha. nur vierzehn Tage
hier war, wovon ich ſie acht ſah, dann ging ſie wieder auf
vierzehn nach Töplitz. Sie ſagte mir in Karlsbad, daß Ma-
riane mit dem Bruder und der Schwägerin auch hieher kom-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/173>, abgerufen am 15.10.2024.
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