mir manchmal merken zu lassen, es nicht verbergen zu können. Bei Gott! so geht's mit jeder Gabe; sie sei Fehler oder Ver- dienst -- in unserm Geenge -- und da ziemt sich nichts als Mitleid und Nachsicht, und weil man doch Billigkeit -- nach Menschenverstand -- fordern kann, so fordr' ich's. Kühn bin ich, ja -- das wissen Sie am besten -- wenn ich mich auch vor einem Puthahn fürchte: fürcht' ich doch, wie die Meisten, nicht ein Gewitter. --
Wissen Sie was? Besuchen Sie mich auf meinem Lande; da wollen wir alles abmachen. Ohne daß es jemand weiß. Ich läugne es jedem, dem, der's gesehen hat. Sie sind aber nicht kühn. Wenn's am Reisegeld liegt, das will ich Ihnen dort wiedergeben. Ich habe öfters auch keins. Kurz, das findet sich noch. Scholz wird mich dort besuchen, und Hr. von Oertel, sonst mag ich keinen, und es kommt auch niemand, es ist zu weit ausgesucht. Scholz ist in Wien mit Hrn. von Carmer, dem Sohn des Großkanzlers, sechs bis acht Wochen. --
Das was mich am meisten von einem Menschen schmeich- len kann, haben Sie mir über meinen Ihnen vorenthaltenen Brief gesagt. "Bin ich nicht werth, -- sagen Sie zum Ge- präge alles Guten zuletzt, -- ihn zu lesen, oder halten Ursa- chen Sie ab, die Gewicht haben, so würd' ich ihn auch gar nicht richtig nehmen, -- (Sie setzen meine Überzeugung über Ihre, das hofft man gar nicht, und verdient es nie; "ich hofft' es, ich verdient' es nicht." haben Sie mir einmal vordekla- mirt) -- nicht recht verstehen, und wozu sollte er mir dann? nur lassen Sie ihn leben." Bei mir sind die Perlen nicht
mir manchmal merken zu laſſen, es nicht verbergen zu können. Bei Gott! ſo geht’s mit jeder Gabe; ſie ſei Fehler oder Ver- dienſt — in unſerm Geenge — und da ziemt ſich nichts als Mitleid und Nachſicht, und weil man doch Billigkeit — nach Menſchenverſtand — fordern kann, ſo fordr’ ich’s. Kühn bin ich, ja — das wiſſen Sie am beſten — wenn ich mich auch vor einem Puthahn fürchte: fürcht’ ich doch, wie die Meiſten, nicht ein Gewitter. —
Wiſſen Sie was? Beſuchen Sie mich auf meinem Lande; da wollen wir alles abmachen. Ohne daß es jemand weiß. Ich läugne es jedem, dem, der’s geſehen hat. Sie ſind aber nicht kühn. Wenn’s am Reiſegeld liegt, das will ich Ihnen dort wiedergeben. Ich habe öfters auch keins. Kurz, das findet ſich noch. Scholz wird mich dort beſuchen, und Hr. von Oertel, ſonſt mag ich keinen, und es kommt auch niemand, es iſt zu weit ausgeſucht. Scholz iſt in Wien mit Hrn. von Carmer, dem Sohn des Großkanzlers, ſechs bis acht Wochen. —
Das was mich am meiſten von einem Menſchen ſchmeich- len kann, haben Sie mir über meinen Ihnen vorenthaltenen Brief geſagt. „Bin ich nicht werth, — ſagen Sie zum Ge- präge alles Guten zuletzt, — ihn zu leſen, oder halten Urſa- chen Sie ab, die Gewicht haben, ſo würd’ ich ihn auch gar nicht richtig nehmen, — (Sie ſetzen meine Überzeugung über Ihre, das hofft man gar nicht, und verdient es nie; „ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht.“ haben Sie mir einmal vordekla- mirt) — nicht recht verſtehen, und wozu ſollte er mir dann? nur laſſen Sie ihn leben.“ Bei mir ſind die Perlen nicht
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mir manchmal merken zu laſſen, es nicht verbergen zu können.
Bei Gott! ſo geht’s mit jeder Gabe; ſie ſei Fehler oder Ver-
dienſt — in unſerm Geenge — und da ziemt ſich nichts als
Mitleid und Nachſicht, und weil man doch Billigkeit — nach
Menſchenverſtand — fordern kann, ſo fordr’ ich’s. Kühn bin
ich, ja — das wiſſen Sie am beſten — wenn ich mich auch
vor einem Puthahn fürchte: fürcht’ ich doch, wie die Meiſten,
nicht ein Gewitter. —
Wiſſen Sie was? Beſuchen Sie mich auf meinem Lande;
da wollen wir alles abmachen. Ohne daß es jemand weiß.
Ich läugne es jedem, dem, der’s geſehen hat. Sie ſind
aber nicht kühn. Wenn’s am Reiſegeld liegt, das will ich
Ihnen dort wiedergeben. Ich habe öfters auch keins. Kurz,
das findet ſich noch. Scholz wird mich dort beſuchen, und
Hr. von Oertel, ſonſt mag ich keinen, und es kommt auch
niemand, es iſt zu weit ausgeſucht. Scholz iſt in Wien
mit Hrn. von Carmer, dem Sohn des Großkanzlers, ſechs bis
acht Wochen. —
Das was mich am meiſten von einem Menſchen ſchmeich-
len kann, haben Sie mir über meinen Ihnen vorenthaltenen
Brief geſagt. „Bin ich nicht werth, — ſagen Sie zum Ge-
präge alles Guten zuletzt, — ihn zu leſen, oder halten Urſa-
chen Sie ab, die Gewicht haben, ſo würd’ ich ihn auch gar
nicht richtig nehmen, — (Sie ſetzen meine Überzeugung über
Ihre, das hofft man gar nicht, und verdient es nie; „ich hofft’
es, ich verdient’ es nicht.“ haben Sie mir einmal vordekla-
mirt) — nicht recht verſtehen, und wozu ſollte er mir dann?
nur laſſen Sie ihn leben.“ Bei mir ſind die Perlen nicht
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/150>, abgerufen am 21.12.2024.
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