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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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zu glauben, -- Vergeltung mein' ich eigentlich. Man ver-
fährt wirklich von mancher Seite grausam mit mir; obgleich
ich nur daran denke, wenn ich's schreibe, und in der That
wenig von dem bedarf, was man mir geben könnte. Ich
habe mich darum unterfangen so ausführlich gegen Sie von
mir zu sein, weil ich die Meinung habe, es sei von einem
jeden Menschen interessant, Wahrheit von ihm über sich zu
hören; und bei Ihnen ist das gar ein goaut particulier. Ich
wurde zu dieser Weitschweifigkeit durch die Stelle Ihres Briefs
und mich selbst verleitet. Sollte man niemals thun, wozu
man Hang hat! Nun, so wäre das Gegentheil auch das ein-
zige, was einem übrig bliebe. Aus dem Fenster stürzen.


Sie haben mich auch gefragt, wie ich lebe. Wissen Sie's
noch nicht? Bei allem was heilig ist und bei meiner Ehre,
"es ist des An- und Ausziehens nicht werth, der Morgen
weckt zu neuen Freuden nicht, und der Abend läßt keine Lust
zum Hoffen übrig." -- Manche ganze Woche bin ich zu
Hause. Gestört immer. Geben Sie mir keinen Rath! --
Das kann mir nicht gefallen; daß aber die Zeit so stille stehen
möchte, wünsch' ich doch: denn nun kann's nur ärger kom-
men -- wenn nicht Fortuna große Loose herunter schickt; und
ob ich gewöhnt bin, die von ihr zu erwarten, ist gar keine
Frage -- mündlich könnt' ich Ihnen das alles detailliren. Ich
wünsche keinen neuen Sommer, keinen neuen Winter, nichts
wünsch' ich als ich mehr. Denn voriges Jahr wünscht' ich nur
zu reisen, weil ich krank war; aber jetzt bin ich seit acht Wo-

zu glauben, — Vergeltung mein’ ich eigentlich. Man ver-
fährt wirklich von mancher Seite grauſam mit mir; obgleich
ich nur daran denke, wenn ich’s ſchreibe, und in der That
wenig von dem bedarf, was man mir geben könnte. Ich
habe mich darum unterfangen ſo ausführlich gegen Sie von
mir zu ſein, weil ich die Meinung habe, es ſei von einem
jeden Menſchen intereſſant, Wahrheit von ihm über ſich zu
hören; und bei Ihnen iſt das gar ein goût particulier. Ich
wurde zu dieſer Weitſchweifigkeit durch die Stelle Ihres Briefs
und mich ſelbſt verleitet. Sollte man niemals thun, wozu
man Hang hat! Nun, ſo wäre das Gegentheil auch das ein-
zige, was einem übrig bliebe. Aus dem Fenſter ſtürzen.


Sie haben mich auch gefragt, wie ich lebe. Wiſſen Sie’s
noch nicht? Bei allem was heilig iſt und bei meiner Ehre,
„es iſt des An- und Ausziehens nicht werth, der Morgen
weckt zu neuen Freuden nicht, und der Abend läßt keine Luſt
zum Hoffen übrig.“ — Manche ganze Woche bin ich zu
Hauſe. Geſtört immer. Geben Sie mir keinen Rath! —
Das kann mir nicht gefallen; daß aber die Zeit ſo ſtille ſtehen
möchte, wünſch’ ich doch: denn nun kann’s nur ärger kom-
men — wenn nicht Fortuna große Looſe herunter ſchickt; und
ob ich gewöhnt bin, die von ihr zu erwarten, iſt gar keine
Frage — mündlich könnt’ ich Ihnen das alles detailliren. Ich
wünſche keinen neuen Sommer, keinen neuen Winter, nichts
wünſch’ ich als ich mehr. Denn voriges Jahr wünſcht’ ich nur
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[124/0138] zu glauben, — Vergeltung mein’ ich eigentlich. Man ver- fährt wirklich von mancher Seite grauſam mit mir; obgleich ich nur daran denke, wenn ich’s ſchreibe, und in der That wenig von dem bedarf, was man mir geben könnte. Ich habe mich darum unterfangen ſo ausführlich gegen Sie von mir zu ſein, weil ich die Meinung habe, es ſei von einem jeden Menſchen intereſſant, Wahrheit von ihm über ſich zu hören; und bei Ihnen iſt das gar ein goût particulier. Ich wurde zu dieſer Weitſchweifigkeit durch die Stelle Ihres Briefs und mich ſelbſt verleitet. Sollte man niemals thun, wozu man Hang hat! Nun, ſo wäre das Gegentheil auch das ein- zige, was einem übrig bliebe. Aus dem Fenſter ſtürzen. Den 12. December. Sie haben mich auch gefragt, wie ich lebe. Wiſſen Sie’s noch nicht? Bei allem was heilig iſt und bei meiner Ehre, „es iſt des An- und Ausziehens nicht werth, der Morgen weckt zu neuen Freuden nicht, und der Abend läßt keine Luſt zum Hoffen übrig.“ — Manche ganze Woche bin ich zu Hauſe. Geſtört immer. Geben Sie mir keinen Rath! — Das kann mir nicht gefallen; daß aber die Zeit ſo ſtille ſtehen möchte, wünſch’ ich doch: denn nun kann’s nur ärger kom- men — wenn nicht Fortuna große Looſe herunter ſchickt; und ob ich gewöhnt bin, die von ihr zu erwarten, iſt gar keine Frage — mündlich könnt’ ich Ihnen das alles detailliren. Ich wünſche keinen neuen Sommer, keinen neuen Winter, nichts wünſch’ ich als ich mehr. Denn voriges Jahr wünſcht’ ich nur zu reiſen, weil ich krank war; aber jetzt bin ich ſeit acht Wo-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/138>, abgerufen am 21.12.2024.