umständlichen Brief über sich, Berlin, und all unsre Bekann- ten, und Relationen, und Nebendinge schreiben. Von mir, sprecht keinem, und -- ich bitte euch, laßt rathen -- sagt es nicht -- ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht. Gott wie hass' ich hier alles was ich sonst hassen sollte. Nun! wenn ihr mich wiederseht. Ein Blasebalg aus einer Grob- schmidt-Schmiede ist nichts! gegen mich.
Maimon todt! (es steht auch hier ziemlich lahm in der Zeitung) und Selle, hat weg müssen! et son epouse? Was macht und wo ist Prinz Louis? das will ich auch wis- sen. Wie gehen die Opern? wie nimmt's die Marchetti? Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim- merleute und die Deutschen alles werden in die Blätter nach der Aufführung der Oper ihres deutschen Freundes wer- den setzen lassen; und hinter dem dichtrischen Righini seiner steht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per- rücke zur Redoute. Adieu!
Rahel.
Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und besonders Achard zu grüßen.
An Frau von Boye, in Berlin.
Paris, den 17. December 1800. Dienstag.
Was geschieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner Dank, und neue Last; neue Aufträge. Unsere Gemüthsart ist der Kannevaß zu unserm ganzen Leben: deines muß also ein Dienen, ein Besorgen sein und bleiben, und ein bischen Verwirren -- nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir --
umſtändlichen Brief über ſich, Berlin, und all unſre Bekann- ten, und Relationen, und Nebendinge ſchreiben. Von mir, ſprecht keinem, und — ich bitte euch, laßt rathen — ſagt es nicht — ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht. Gott wie haſſ’ ich hier alles was ich ſonſt haſſen ſollte. Nun! wenn ihr mich wiederſeht. Ein Blaſebalg aus einer Grob- ſchmidt-Schmiede iſt nichts! gegen mich.
Maimon todt! (es ſteht auch hier ziemlich lahm in der Zeitung) und Selle, hat weg müſſen! et son épouse? Was macht und wo iſt Prinz Louis? das will ich auch wiſ- ſen. Wie gehen die Opern? wie nimmt’s die Marchetti? Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim- merleute und die Deutſchen alles werden in die Blätter nach der Aufführung der Oper ihres deutſchen Freundes wer- den ſetzen laſſen; und hinter dem dichtriſchen Righini ſeiner ſteht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per- rücke zur Redoute. Adieu!
Rahel.
Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und beſonders Achard zu grüßen.
An Frau von Boye, in Berlin.
Paris, den 17. December 1800. Dienstag.
Was geſchieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner Dank, und neue Laſt; neue Aufträge. Unſere Gemüthsart iſt der Kannevaß zu unſerm ganzen Leben: deines muß alſo ein Dienen, ein Beſorgen ſein und bleiben, und ein bischen Verwirren — nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0233"n="219"/>
umſtändlichen Brief über ſich, Berlin, und <hirendition="#g">all</hi> unſre Bekann-<lb/>
ten, und Relationen, und Nebendinge ſchreiben. Von mir,<lb/>ſprecht keinem, und — ich bitte euch, <hirendition="#g">laßt rathen —ſagt</hi><lb/>
es nicht — ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? <hirendition="#g">gar</hi> nicht.<lb/>
Gott wie haſſ’ ich hier alles was ich ſonſt haſſen ſollte. Nun!<lb/>
wenn ihr mich wiederſeht. Ein Blaſebalg aus einer Grob-<lb/>ſchmidt-Schmiede iſt <hirendition="#g">nichts</hi>! gegen mich.</p><lb/><p>Maimon todt! (es ſteht auch hier <hirendition="#g">ziemlich lahm</hi> in<lb/>
der Zeitung) und Selle, hat weg müſſen! <hirendition="#aq">et son épouse</hi>?<lb/>
Was <hirendition="#g">macht</hi> und wo <hirendition="#g">iſt</hi> Prinz Louis? das will ich auch wiſ-<lb/>ſen. Wie gehen die Opern? wie nimmt’s die Marchetti?<lb/>
Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die <hirendition="#g">Zim-<lb/>
merleute</hi> und die <hirendition="#g">Deutſchen</hi> alles werden in die Blätter<lb/>
nach der Aufführung der Oper ihres deutſchen Freundes wer-<lb/>
den ſetzen laſſen; und hinter dem dichtriſchen Righini ſeiner<lb/>ſteht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per-<lb/>
rücke zur Redoute. Adieu!</p><closer><salute><hirendition="#et">Rahel.</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und beſonders<lb/>
Achard zu grüßen.</p></postscript></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Frau von Boye, in Berlin.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Paris, den 17. December 1800. Dienstag.</hi></dateline><lb/><p>Was geſchieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner<lb/>
Dank, und neue Laſt; <hirendition="#g">neue</hi> Aufträge. Unſere Gemüthsart<lb/>
iſt der Kannevaß zu unſerm ganzen Leben: deines muß alſo<lb/><hirendition="#g">ein</hi> Dienen, <hirendition="#g">ein</hi> Beſorgen ſein und bleiben, und ein bischen<lb/>
Verwirren — neben<hirendition="#g">her</hi>. Aber, liebe Freundin, bei mir —<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[219/0233]
umſtändlichen Brief über ſich, Berlin, und all unſre Bekann-
ten, und Relationen, und Nebendinge ſchreiben. Von mir,
ſprecht keinem, und — ich bitte euch, laßt rathen — ſagt
es nicht — ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht.
Gott wie haſſ’ ich hier alles was ich ſonſt haſſen ſollte. Nun!
wenn ihr mich wiederſeht. Ein Blaſebalg aus einer Grob-
ſchmidt-Schmiede iſt nichts! gegen mich.
Maimon todt! (es ſteht auch hier ziemlich lahm in
der Zeitung) und Selle, hat weg müſſen! et son épouse?
Was macht und wo iſt Prinz Louis? das will ich auch wiſ-
ſen. Wie gehen die Opern? wie nimmt’s die Marchetti?
Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim-
merleute und die Deutſchen alles werden in die Blätter
nach der Aufführung der Oper ihres deutſchen Freundes wer-
den ſetzen laſſen; und hinter dem dichtriſchen Righini ſeiner
ſteht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per-
rücke zur Redoute. Adieu!
Rahel.
Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und beſonders
Achard zu grüßen.
An Frau von Boye, in Berlin.
Paris, den 17. December 1800. Dienstag.
Was geſchieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner
Dank, und neue Laſt; neue Aufträge. Unſere Gemüthsart
iſt der Kannevaß zu unſerm ganzen Leben: deines muß alſo
ein Dienen, ein Beſorgen ſein und bleiben, und ein bischen
Verwirren — nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/233>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.