ches Sie mir gaben: "a vingt-cinq ans la terre nous semble manquer sous nos pieds," unsre Freunde, unser Geliebter ver- läßt uns -- "wir müßten unser Glück in Lieben finden, das könne uns niemand rauben," wie ich das las, kannt' ich sie, und gelobte ihr Liebe. Es giebt kein Glück: es giebt nur Sieg, und Plaisir. Hierin hat man ewig zu wählen, oder vielmehr nur die Natur, ob sie uns eine blonde oder brünette Seele mitgiebt. Sagen Sie ihr, sie soll mich nicht verachten, weil ich ein Frauenzimmer bin: auch bei mir hätte es schwer gehalten, sie gelten zu lassen. Sagen Sie ihr, ich kenne sie wahrscheinlich besser, als irgend jemand, mit dem sie je liirt war. Sie wissen, was bei mir Goethe ist. Alles, mein gan- zes innres Leben, und er, -- ist Eins bei mir. Aber ich glaube nicht, daß ihr Goethe geholfen hätte; freilich wenn sie ihn verstanden hätte, so hätte sie das andere auch gewußt, und ein Probirstein ist er, ausbilden thut man sich durch ihn, der Stern im Leben ist er, aber ohne ihn muß man alles sein. Vielleicht wenn sie eine Deutsche wäre. Im Grunde -- muß man alles von selbst sein. Ihr Stael-Brief endigt, ich soll manchmal mit unsern Freunden von Ihnen sprechen -- wenn ich Ihnen nun sage, daß alle Abend -- wenigstens -- die Rede von Ihnen ist; daß wir Ihrer bald leichter, bald ern- ster, und immer mit Liebe gedenken. Die Liman, meine Schwe- ster, alle sind wir Ihnen gut! Sie leben immer unter uns: ach! und wir hoffen, Sie kommen wieder. Wenden Sie alles an! Selbst meine Mutter, wenn sie mir vorrechnet, ich habe alle Freunde verloren, kömmt Brinckmann an die Spitze. Wo sollten Sie uns auch nicht einfallen; wer ergriff alles leichter,
ches Sie mir gaben: „à vingt-cinq ans la terre nous semble manquer sous nos pieds,“ unſre Freunde, unſer Geliebter ver- läßt uns — „wir müßten unſer Glück in Lieben finden, das könne uns niemand rauben,“ wie ich das las, kannt’ ich ſie, und gelobte ihr Liebe. Es giebt kein Glück: es giebt nur Sieg, und Plaiſir. Hierin hat man ewig zu wählen, oder vielmehr nur die Natur, ob ſie uns eine blonde oder brünette Seele mitgiebt. Sagen Sie ihr, ſie ſoll mich nicht verachten, weil ich ein Frauenzimmer bin: auch bei mir hätte es ſchwer gehalten, ſie gelten zu laſſen. Sagen Sie ihr, ich kenne ſie wahrſcheinlich beſſer, als irgend jemand, mit dem ſie je liirt war. Sie wiſſen, was bei mir Goethe iſt. Alles, mein gan- zes innres Leben, und er, — iſt Eins bei mir. Aber ich glaube nicht, daß ihr Goethe geholfen hätte; freilich wenn ſie ihn verſtanden hätte, ſo hätte ſie das andere auch gewußt, und ein Probirſtein iſt er, ausbilden thut man ſich durch ihn, der Stern im Leben iſt er, aber ohne ihn muß man alles ſein. Vielleicht wenn ſie eine Deutſche wäre. Im Grunde — muß man alles von ſelbſt ſein. Ihr Staël-Brief endigt, ich ſoll manchmal mit unſern Freunden von Ihnen ſprechen — wenn ich Ihnen nun ſage, daß alle Abend — wenigſtens — die Rede von Ihnen iſt; daß wir Ihrer bald leichter, bald ern- ſter, und immer mit Liebe gedenken. Die Liman, meine Schwe- ſter, alle ſind wir Ihnen gut! Sie leben immer unter uns: ach! und wir hoffen, Sie kommen wieder. Wenden Sie alles an! Selbſt meine Mutter, wenn ſie mir vorrechnet, ich habe alle Freunde verloren, kömmt Brinckmann an die Spitze. Wo ſollten Sie uns auch nicht einfallen; wer ergriff alles leichter,
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ches Sie mir gaben: „à vingt-cinq ans la terre nous semble
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läßt uns — „wir müßten unſer Glück in Lieben finden, das
könne uns niemand rauben,“ wie ich das las, kannt’ ich ſie,
und gelobte ihr Liebe. Es giebt kein Glück: es giebt nur
Sieg, und Plaiſir. Hierin hat man ewig zu wählen, oder
vielmehr nur die Natur, ob ſie uns eine blonde oder brünette
Seele mitgiebt. Sagen Sie ihr, ſie ſoll mich nicht verachten,
weil ich ein Frauenzimmer bin: auch bei mir hätte es ſchwer
gehalten, ſie gelten zu laſſen. Sagen Sie ihr, ich kenne ſie
wahrſcheinlich beſſer, als irgend jemand, mit dem ſie je liirt
war. Sie wiſſen, was bei mir Goethe iſt. Alles, mein gan-
zes innres Leben, und er, — iſt Eins bei mir. Aber ich glaube
nicht, daß ihr Goethe geholfen hätte; freilich wenn ſie ihn
verſtanden hätte, ſo hätte ſie das andere auch gewußt, und
ein Probirſtein iſt er, ausbilden thut man ſich durch ihn, der
Stern im Leben iſt er, aber ohne ihn muß man alles ſein.
Vielleicht wenn ſie eine Deutſche wäre. Im Grunde — muß
man alles von ſelbſt ſein. Ihr Staël-Brief endigt, ich ſoll
manchmal mit unſern Freunden von Ihnen ſprechen — wenn
ich Ihnen nun ſage, daß alle Abend — wenigſtens — die
Rede von Ihnen iſt; daß wir Ihrer bald leichter, bald ern-
ſter, und immer mit Liebe gedenken. Die Liman, meine Schwe-
ſter, alle ſind wir Ihnen gut! Sie leben immer unter uns:
ach! und wir hoffen, Sie kommen wieder. Wenden Sie alles
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/197>, abgerufen am 29.11.2024.
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