Brief grade ein Jahr gebraucht, um von Baireuth nach Prag zu kommen, und dann des sonderbaren Zusam¬ mentreffens wegen, daß ich eben Jean Paul's neuestes Buch, des Doktor "Katzenbergers Badereise", gelesen, dann mich selber auf einer Badereise mit dem Fürsten Ferdinand Kinsky und dessen Arzte, einem zu meinem Erstaunen wirklich so heißenden Doktor Katzenberger, nach dem Kinsky'schen Badeort Mscheno befunden hatte, und beim Absteigen vom Wagen den Brief Jean Paul's von vorigem Jahre eingehändigt erhielt. Dies alles dünkte mich so Jean Paul'sch, daß ich es ihm sagen zu müssen glaubte. Hiemit brach der Verkehr ab; neue Reisen und Veränderungen lenkten mich nicht zu ihm. Ich habe ihn leider nicht wiedergesehen. Auch Neumann sah ihn nie. Wir haben nicht erfahren, was er von seinem keck verzerrten, aber dabei meisterhaft ähnlichen Bilde geurtheilt hat, ob er sich daran mit heitrer Ueber¬ legenheit ergötzt, oder mit doch reizbarer Empfindlichkeit geärgert. Auch gegen einige unsrer Freunde, welche später mit ihm in engere Verbindung kamen, hat er nie ein Wort über die "Versuche und Hindernisse" geäußert, vielleicht ist ihm das Buch selbst nie vorge¬ kommen! Nicht zum ersten- noch letztenmale wäre das Druckenlassen einem geheimen Niederlegen und Verwah¬ ren gleich gewesen, wo der öffentlich verborgene Gegen¬ stand auf diese Weise am besten gegen alles Gefunden- und Erkanntwerden gesichert ist! --
Brief grade ein Jahr gebraucht, um von Baireuth nach Prag zu kommen, und dann des ſonderbaren Zuſam¬ mentreffens wegen, daß ich eben Jean Paul's neueſtes Buch, des Doktor „Katzenbergers Badereiſe“, geleſen, dann mich ſelber auf einer Badereiſe mit dem Fuͤrſten Ferdinand Kinsky und deſſen Arzte, einem zu meinem Erſtaunen wirklich ſo heißenden Doktor Katzenberger, nach dem Kinsky'ſchen Badeort Mſcheno befunden hatte, und beim Abſteigen vom Wagen den Brief Jean Paul's von vorigem Jahre eingehaͤndigt erhielt. Dies alles duͤnkte mich ſo Jean Paul'ſch, daß ich es ihm ſagen zu muͤſſen glaubte. Hiemit brach der Verkehr ab; neue Reiſen und Veraͤnderungen lenkten mich nicht zu ihm. Ich habe ihn leider nicht wiedergeſehen. Auch Neumann ſah ihn nie. Wir haben nicht erfahren, was er von ſeinem keck verzerrten, aber dabei meiſterhaft aͤhnlichen Bilde geurtheilt hat, ob er ſich daran mit heitrer Ueber¬ legenheit ergoͤtzt, oder mit doch reizbarer Empfindlichkeit geaͤrgert. Auch gegen einige unſrer Freunde, welche ſpaͤter mit ihm in engere Verbindung kamen, hat er nie ein Wort uͤber die „Verſuche und Hinderniſſe“ geaͤußert, vielleicht iſt ihm das Buch ſelbſt nie vorge¬ kommen! Nicht zum erſten- noch letztenmale waͤre das Druckenlaſſen einem geheimen Niederlegen und Verwah¬ ren gleich geweſen, wo der oͤffentlich verborgene Gegen¬ ſtand auf dieſe Weiſe am beſten gegen alles Gefunden- und Erkanntwerden geſichert iſt! —
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Brief grade ein Jahr gebraucht, um von Baireuth nach
Prag zu kommen, und dann des ſonderbaren Zuſam¬
mentreffens wegen, daß ich eben Jean Paul's neueſtes
Buch, des Doktor „Katzenbergers Badereiſe“, geleſen,
dann mich ſelber auf einer Badereiſe mit dem Fuͤrſten
Ferdinand Kinsky und deſſen Arzte, einem zu meinem
Erſtaunen wirklich ſo heißenden Doktor Katzenberger,
nach dem Kinsky'ſchen Badeort Mſcheno befunden hatte,
und beim Abſteigen vom Wagen den Brief Jean Paul's
von vorigem Jahre eingehaͤndigt erhielt. Dies alles
duͤnkte mich ſo Jean Paul'ſch, daß ich es ihm ſagen zu
muͤſſen glaubte. Hiemit brach der Verkehr ab; neue
Reiſen und Veraͤnderungen lenkten mich nicht zu ihm.
Ich habe ihn leider nicht wiedergeſehen. Auch Neumann
ſah ihn nie. Wir haben nicht erfahren, was er von
ſeinem keck verzerrten, aber dabei meiſterhaft aͤhnlichen
Bilde geurtheilt hat, ob er ſich daran mit heitrer Ueber¬
legenheit ergoͤtzt, oder mit doch reizbarer Empfindlichkeit
geaͤrgert. Auch gegen einige unſrer Freunde, welche
ſpaͤter mit ihm in engere Verbindung kamen, hat er
nie ein Wort uͤber die „Verſuche und Hinderniſſe“
geaͤußert, vielleicht iſt ihm das Buch ſelbſt nie vorge¬
kommen! Nicht zum erſten- noch letztenmale waͤre das
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ren gleich geweſen, wo der oͤffentlich verborgene Gegen¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/98>, abgerufen am 29.11.2024.
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