zier mit 6 Mann versprengt worden, und wurde erst einige Tage nachher im Walde aufgehoben und nach Lüneburg gebracht; er hatte die Absicht gehabt, sich durch nächtliche Märsche bis nach Magdeburg durchzu¬ schleichen, und war so überzeugt von der Niederlage unsrer Heere, daß er den Tagsbefehl, worin der Mar¬ schall Davoust den Truppen das Einrücken Napoleon's in Berlin anzeigte, als eine Neuigkeit an Tettenborn überreichte, und mit dem Achselzucken der Zuversicht hinzufügte: "Aber, es hat Leute gekostet, viel Leute!" -- Ein Adjutant des Generals Vichery, der Ueberbringer wichtiger Befehle war, wurde durch den Rittmeister von Herbert gefangen genommen. Unsere Mittheilun¬ gen dagegen gelangten durch diesen letztern sicher bis zu den englischen Schiffen, die vor der Mündung der Elbe lagen.
Einen Hauptverdruß machte den Franzosen in Ham¬ burg die Zeitung aus dem Feldlager, die in Lüneburg ihren Anfang nahm. Die Begierde der Einwohner nach unsern Nachrichten von dem großen Kriegsschau¬ platze machte es uns zur Pflicht, die Hauptsachen jedes¬ mal schleunig durch den Druck mitzutheilen, um solchem Eifer möglichst zu entsprechen. Das Zuströmen von guten Neuigkeiten nöthigte in kurzem zu einer Reihe¬ folge von Druckblättern, die von selbst eine Art von Zeitung bildeten, und nur eines gemeinschaftlichen Na¬ mens bedurften. Die durch unsern Zweck erzeugte
zier mit 6 Mann verſprengt worden, und wurde erſt einige Tage nachher im Walde aufgehoben und nach Luͤneburg gebracht; er hatte die Abſicht gehabt, ſich durch naͤchtliche Maͤrſche bis nach Magdeburg durchzu¬ ſchleichen, und war ſo uͤberzeugt von der Niederlage unſrer Heere, daß er den Tagsbefehl, worin der Mar¬ ſchall Davouſt den Truppen das Einruͤcken Napoleon's in Berlin anzeigte, als eine Neuigkeit an Tettenborn uͤberreichte, und mit dem Achſelzucken der Zuverſicht hinzufuͤgte: „Aber, es hat Leute gekoſtet, viel Leute!“ — Ein Adjutant des Generals Vichery, der Ueberbringer wichtiger Befehle war, wurde durch den Rittmeiſter von Herbert gefangen genommen. Unſere Mittheilun¬ gen dagegen gelangten durch dieſen letztern ſicher bis zu den engliſchen Schiffen, die vor der Muͤndung der Elbe lagen.
Einen Hauptverdruß machte den Franzoſen in Ham¬ burg die Zeitung aus dem Feldlager, die in Luͤneburg ihren Anfang nahm. Die Begierde der Einwohner nach unſern Nachrichten von dem großen Kriegsſchau¬ platze machte es uns zur Pflicht, die Hauptſachen jedes¬ mal ſchleunig durch den Druck mitzutheilen, um ſolchem Eifer moͤglichſt zu entſprechen. Das Zuſtroͤmen von guten Neuigkeiten noͤthigte in kurzem zu einer Reihe¬ folge von Druckblaͤttern, die von ſelbſt eine Art von Zeitung bildeten, und nur eines gemeinſchaftlichen Na¬ mens bedurften. Die durch unſern Zweck erzeugte
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zier mit 6 Mann verſprengt worden, und wurde erſt
einige Tage nachher im Walde aufgehoben und nach
Luͤneburg gebracht; er hatte die Abſicht gehabt, ſich
durch naͤchtliche Maͤrſche bis nach Magdeburg durchzu¬
ſchleichen, und war ſo uͤberzeugt von der Niederlage
unſrer Heere, daß er den Tagsbefehl, worin der Mar¬
ſchall Davouſt den Truppen das Einruͤcken Napoleon's
in Berlin anzeigte, als eine Neuigkeit an Tettenborn
uͤberreichte, und mit dem Achſelzucken der Zuverſicht
hinzufuͤgte: „Aber, es hat Leute gekoſtet, viel Leute!“ —
Ein Adjutant des Generals Vichery, der Ueberbringer
wichtiger Befehle war, wurde durch den Rittmeiſter
von Herbert gefangen genommen. Unſere Mittheilun¬
gen dagegen gelangten durch dieſen letztern ſicher bis
zu den engliſchen Schiffen, die vor der Muͤndung der
Elbe lagen.
Einen Hauptverdruß machte den Franzoſen in Ham¬
burg die Zeitung aus dem Feldlager, die in Luͤneburg
ihren Anfang nahm. Die Begierde der Einwohner
nach unſern Nachrichten von dem großen Kriegsſchau¬
platze machte es uns zur Pflicht, die Hauptſachen jedes¬
mal ſchleunig durch den Druck mitzutheilen, um ſolchem
Eifer moͤglichſt zu entſprechen. Das Zuſtroͤmen von
guten Neuigkeiten noͤthigte in kurzem zu einer Reihe¬
folge von Druckblaͤttern, die von ſelbſt eine Art von
Zeitung bildeten, und nur eines gemeinſchaftlichen Na¬
mens bedurften. Die durch unſern Zweck erzeugte
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/463>, abgerufen am 24.11.2024.
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