bemühte sich, nach besten Kräften den Wirth zu machen, wir lernten seine ganze Liebenswürdigkeit kennen, die Hülfsmittel der Gegend, welche wirklich gegen den Oder¬ bruch hin einigen Reiz gewann, das Bemerkenswerthe aus der in Bildern und Denkmalen vergegenwärtigten Geschichte des Hauses, die bestehenden grundherrlichen und landwirthschaftlichen Verhältnisse, alles wurde be¬ trachtet, besprochen; was an Büchern und Kunstsachen vorräthig war, daneben was Küche und Keller ver¬ mochten, mit Fröhlichkeit genossen. Nur hatten die ersten Stunden des Zusammenseins leider eine harte, schwere Verstimmung dazwischen zu verarbeiten. Wir brachten nämlich die Berliner Zeitung und mit ihr die erste zuverlässige Nachricht von den Bedingungen des am 9. Juli zu Tilsit geschlossenen Friedens mit. Wir hatten schon in Berlin die Sache genug verhandelt, unsern Schmerz und unsre Wuth zur traurigen Fassung hinabgeredet. Nun fanden wir mit unsrer trostlosen Gewißheit uns noch muthigen Hoffnungen, gespannten Erwartungen gegenüber. Marwitz und Schleiermacher waren in Niedergeschlagenheit ganz betäubt, als sie diese schmachvollen Bedingungen der Reihe nach vernahmen, sie hatten keine Gunst des Siegers gehofft, sondern großen Verlust erwartet, aber auf die Herabsetzung Preußens, auf so ungeheure Abtretungen und Verpflich¬ tungen, in welche man willigen gemußt, auf solches Benehmen, wie Feind und Freund jetzt zeigte, waren
bemuͤhte ſich, nach beſten Kraͤften den Wirth zu machen, wir lernten ſeine ganze Liebenswuͤrdigkeit kennen, die Huͤlfsmittel der Gegend, welche wirklich gegen den Oder¬ bruch hin einigen Reiz gewann, das Bemerkenswerthe aus der in Bildern und Denkmalen vergegenwaͤrtigten Geſchichte des Hauſes, die beſtehenden grundherrlichen und landwirthſchaftlichen Verhaͤltniſſe, alles wurde be¬ trachtet, beſprochen; was an Buͤchern und Kunſtſachen vorraͤthig war, daneben was Kuͤche und Keller ver¬ mochten, mit Froͤhlichkeit genoſſen. Nur hatten die erſten Stunden des Zuſammenſeins leider eine harte, ſchwere Verſtimmung dazwiſchen zu verarbeiten. Wir brachten naͤmlich die Berliner Zeitung und mit ihr die erſte zuverlaͤſſige Nachricht von den Bedingungen des am 9. Juli zu Tilſit geſchloſſenen Friedens mit. Wir hatten ſchon in Berlin die Sache genug verhandelt, unſern Schmerz und unſre Wuth zur traurigen Faſſung hinabgeredet. Nun fanden wir mit unſrer troſtloſen Gewißheit uns noch muthigen Hoffnungen, geſpannten Erwartungen gegenuͤber. Marwitz und Schleiermacher waren in Niedergeſchlagenheit ganz betaͤubt, als ſie dieſe ſchmachvollen Bedingungen der Reihe nach vernahmen, ſie hatten keine Gunſt des Siegers gehofft, ſondern großen Verluſt erwartet, aber auf die Herabſetzung Preußens, auf ſo ungeheure Abtretungen und Verpflich¬ tungen, in welche man willigen gemußt, auf ſolches Benehmen, wie Feind und Freund jetzt zeigte, waren
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bemuͤhte ſich, nach beſten Kraͤften den Wirth zu machen,
wir lernten ſeine ganze Liebenswuͤrdigkeit kennen, die
Huͤlfsmittel der Gegend, welche wirklich gegen den Oder¬
bruch hin einigen Reiz gewann, das Bemerkenswerthe
aus der in Bildern und Denkmalen vergegenwaͤrtigten
Geſchichte des Hauſes, die beſtehenden grundherrlichen
und landwirthſchaftlichen Verhaͤltniſſe, alles wurde be¬
trachtet, beſprochen; was an Buͤchern und Kunſtſachen
vorraͤthig war, daneben was Kuͤche und Keller ver¬
mochten, mit Froͤhlichkeit genoſſen. Nur hatten die
erſten Stunden des Zuſammenſeins leider eine harte,
ſchwere Verſtimmung dazwiſchen zu verarbeiten. Wir
brachten naͤmlich die Berliner Zeitung und mit ihr die
erſte zuverlaͤſſige Nachricht von den Bedingungen des
am 9. Juli zu Tilſit geſchloſſenen Friedens mit. Wir
hatten ſchon in Berlin die Sache genug verhandelt,
unſern Schmerz und unſre Wuth zur traurigen Faſſung
hinabgeredet. Nun fanden wir mit unſrer troſtloſen
Gewißheit uns noch muthigen Hoffnungen, geſpannten
Erwartungen gegenuͤber. Marwitz und Schleiermacher
waren in Niedergeſchlagenheit ganz betaͤubt, als ſie dieſe
ſchmachvollen Bedingungen der Reihe nach vernahmen,
ſie hatten keine Gunſt des Siegers gehofft, ſondern
großen Verluſt erwartet, aber auf die Herabſetzung
Preußens, auf ſo ungeheure Abtretungen und Verpflich¬
tungen, in welche man willigen gemußt, auf ſolches
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/36>, abgerufen am 24.11.2024.
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