ner Hamburgs, welche von den Freuden und den Ge¬ nüssen der Freiheit stärker und stärker auf die Arbeiten und Drangsalen derselben hingewiesen wurden, bezeig¬ ten noch immer Eifer genug, doch war es natürlich, daß viele derselben, hellsehend oder mißtrauisch, an dem Ausgange dieser schwierigen Verhältnisse zweifelten, an¬ dere sogar jede Rettung für unmöglich hielten; die späterhin immer zahlreicheren Auswanderungen, beson¬ ders der Frauen und Kinder, fingen schon in dieser Zeit an; sie konnten jedoch nicht auffallend sein, weil um Hamburg her das nächste holsteinische Gebiet mit Landhäusern besäet ist, die das Eigenthum von Ham¬ burgern sind, und jetzt eben auch, wie gewöhnlich für den Sommer bezogen wurden. Viele Schiffe, befrach¬ tete und leere, segelten aus dem Hafen, wenn auch nur bis Altona, um dort sicherer zu sein. Der Han¬ del stockte völlig, die meisten Gewerbe ruhten, und alles dachte nur an Waffen und Krieg, vorzüglich in der untersten Voklsklasse, die sich besonders thätig und muthvoll zeigte, und keine andre Meinung, als die der hartnäckigsten Gegenwehr, aufkommen ließ. Die Ge¬ walt, womit der Donner des Geschützes unwillkürlich das Gemüth in furchtbare Einbildungen versetzt, übte jedoch auch hier ihre zauberhafte Wirkung häufig aus, und ein hallender Kanonenschuß brachte anfangs die ganze Stadt in Unruhe und Bedenklichkeit; die Be¬ hörden dachten wenigstens das Geld zu retten, und
ner Hamburgs, welche von den Freuden und den Ge¬ nuͤſſen der Freiheit ſtaͤrker und ſtaͤrker auf die Arbeiten und Drangſalen derſelben hingewieſen wurden, bezeig¬ ten noch immer Eifer genug, doch war es natuͤrlich, daß viele derſelben, hellſehend oder mißtrauiſch, an dem Ausgange dieſer ſchwierigen Verhaͤltniſſe zweifelten, an¬ dere ſogar jede Rettung fuͤr unmoͤglich hielten; die ſpaͤterhin immer zahlreicheren Auswanderungen, beſon¬ ders der Frauen und Kinder, fingen ſchon in dieſer Zeit an; ſie konnten jedoch nicht auffallend ſein, weil um Hamburg her das naͤchſte holſteiniſche Gebiet mit Landhaͤuſern beſaͤet iſt, die das Eigenthum von Ham¬ burgern ſind, und jetzt eben auch, wie gewoͤhnlich fuͤr den Sommer bezogen wurden. Viele Schiffe, befrach¬ tete und leere, ſegelten aus dem Hafen, wenn auch nur bis Altona, um dort ſicherer zu ſein. Der Han¬ del ſtockte voͤllig, die meiſten Gewerbe ruhten, und alles dachte nur an Waffen und Krieg, vorzuͤglich in der unterſten Voklsklaſſe, die ſich beſonders thaͤtig und muthvoll zeigte, und keine andre Meinung, als die der hartnaͤckigſten Gegenwehr, aufkommen ließ. Die Ge¬ walt, womit der Donner des Geſchuͤtzes unwillkuͤrlich das Gemuͤth in furchtbare Einbildungen verſetzt, uͤbte jedoch auch hier ihre zauberhafte Wirkung haͤufig aus, und ein hallender Kanonenſchuß brachte anfangs die ganze Stadt in Unruhe und Bedenklichkeit; die Be¬ hoͤrden dachten wenigſtens das Geld zu retten, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0346"n="334"/>
ner Hamburgs, welche von den Freuden und den Ge¬<lb/>
nuͤſſen der Freiheit ſtaͤrker und ſtaͤrker auf die Arbeiten<lb/>
und Drangſalen derſelben hingewieſen wurden, bezeig¬<lb/>
ten noch immer Eifer genug, doch war es natuͤrlich,<lb/>
daß viele derſelben, hellſehend oder mißtrauiſch, an dem<lb/>
Ausgange dieſer ſchwierigen Verhaͤltniſſe zweifelten, an¬<lb/>
dere ſogar jede Rettung fuͤr unmoͤglich hielten; die<lb/>ſpaͤterhin immer zahlreicheren Auswanderungen, beſon¬<lb/>
ders der Frauen und Kinder, fingen ſchon in dieſer<lb/>
Zeit an; ſie konnten jedoch nicht auffallend ſein, weil<lb/>
um Hamburg her das naͤchſte holſteiniſche Gebiet mit<lb/>
Landhaͤuſern beſaͤet iſt, die das Eigenthum von Ham¬<lb/>
burgern ſind, und jetzt eben auch, wie gewoͤhnlich fuͤr<lb/>
den Sommer bezogen wurden. Viele Schiffe, befrach¬<lb/>
tete und leere, ſegelten aus dem Hafen, wenn auch<lb/>
nur bis Altona, um dort ſicherer zu ſein. Der Han¬<lb/>
del ſtockte voͤllig, die meiſten Gewerbe ruhten, und<lb/>
alles dachte nur an Waffen und Krieg, vorzuͤglich in<lb/>
der unterſten Voklsklaſſe, die ſich beſonders thaͤtig und<lb/>
muthvoll zeigte, und keine andre Meinung, als die der<lb/>
hartnaͤckigſten Gegenwehr, aufkommen ließ. Die Ge¬<lb/>
walt, womit der Donner des Geſchuͤtzes unwillkuͤrlich<lb/>
das Gemuͤth in furchtbare Einbildungen verſetzt, uͤbte<lb/>
jedoch auch hier ihre zauberhafte Wirkung haͤufig aus,<lb/>
und ein hallender Kanonenſchuß brachte anfangs die<lb/>
ganze Stadt in Unruhe und Bedenklichkeit; die Be¬<lb/>
hoͤrden dachten wenigſtens das Geld zu retten, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[334/0346]
ner Hamburgs, welche von den Freuden und den Ge¬
nuͤſſen der Freiheit ſtaͤrker und ſtaͤrker auf die Arbeiten
und Drangſalen derſelben hingewieſen wurden, bezeig¬
ten noch immer Eifer genug, doch war es natuͤrlich,
daß viele derſelben, hellſehend oder mißtrauiſch, an dem
Ausgange dieſer ſchwierigen Verhaͤltniſſe zweifelten, an¬
dere ſogar jede Rettung fuͤr unmoͤglich hielten; die
ſpaͤterhin immer zahlreicheren Auswanderungen, beſon¬
ders der Frauen und Kinder, fingen ſchon in dieſer
Zeit an; ſie konnten jedoch nicht auffallend ſein, weil
um Hamburg her das naͤchſte holſteiniſche Gebiet mit
Landhaͤuſern beſaͤet iſt, die das Eigenthum von Ham¬
burgern ſind, und jetzt eben auch, wie gewoͤhnlich fuͤr
den Sommer bezogen wurden. Viele Schiffe, befrach¬
tete und leere, ſegelten aus dem Hafen, wenn auch
nur bis Altona, um dort ſicherer zu ſein. Der Han¬
del ſtockte voͤllig, die meiſten Gewerbe ruhten, und
alles dachte nur an Waffen und Krieg, vorzuͤglich in
der unterſten Voklsklaſſe, die ſich beſonders thaͤtig und
muthvoll zeigte, und keine andre Meinung, als die der
hartnaͤckigſten Gegenwehr, aufkommen ließ. Die Ge¬
walt, womit der Donner des Geſchuͤtzes unwillkuͤrlich
das Gemuͤth in furchtbare Einbildungen verſetzt, uͤbte
jedoch auch hier ihre zauberhafte Wirkung haͤufig aus,
und ein hallender Kanonenſchuß brachte anfangs die
ganze Stadt in Unruhe und Bedenklichkeit; die Be¬
hoͤrden dachten wenigſtens das Geld zu retten, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/346>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.