Sicherungen verlangt und Anstöße genommen, wo, am rechten Ende gefaßt, und mit klarem Sinne angesehn, die Sache von selbst gehen mußte. Tettenborn hatte mit unsäglicher Mühe und Anstrengung überall selbst anzuordnen und zu befehlen, mußte in die kleinsten Einzelnheiten der Ausrüstungen eingehn, und am Ende aller Arbeit doch durch das Ansehn der Gewalt bei jenen Behörden durchdringen. Die entschiedene Sprache, die bei diesen Gelegenheiten geführt wurde, half auf einige Zeit, und brachte regsamere Thätigkeit hervor. Die folgenden Worte über die inneren Verhältnisse Hamburgs werden darthun, wie sowohl jene Unannehm¬ lichkeiten, als auch manches andere Uebel, das sich später entwickelte, tief in der Sache begründet waren.
Die Hamburger waren ein wirklich freies Volk, der Obrigkeit aus Wahl und mit Bewußtsein unter¬ geben, und durch einen kräftigen Gesetzeszustand bei der glücklichsten Verfassung erhalten. Die Unabhängig¬ keit konnte jedem Einzelnen, sobald er es wollte, das Gefühl des persönlichen Geltens erhöhen, sie mußte ihn auf sich selbst, auf sein eignes Wirken und Wollen, vorzüglich anweisen, und dadurch seinen Karakter kräf¬ tigen. Die Hamburger sind daher auch von allen Zei¬ ten her, vor andern Großstädtern, beherzt und kühn gewesen, zum Raufen aufgelegt, und auch der Geringste, weit entfernt, sich etwas bieten zu lassen oder ohne Noth zu dulden, ist zu dreisten Rückwirkungen stets
Sicherungen verlangt und Anſtoͤße genommen, wo, am rechten Ende gefaßt, und mit klarem Sinne angeſehn, die Sache von ſelbſt gehen mußte. Tettenborn hatte mit unſaͤglicher Muͤhe und Anſtrengung uͤberall ſelbſt anzuordnen und zu befehlen, mußte in die kleinſten Einzelnheiten der Ausruͤſtungen eingehn, und am Ende aller Arbeit doch durch das Anſehn der Gewalt bei jenen Behoͤrden durchdringen. Die entſchiedene Sprache, die bei dieſen Gelegenheiten gefuͤhrt wurde, half auf einige Zeit, und brachte regſamere Thaͤtigkeit hervor. Die folgenden Worte uͤber die inneren Verhaͤltniſſe Hamburgs werden darthun, wie ſowohl jene Unannehm¬ lichkeiten, als auch manches andere Uebel, das ſich ſpaͤter entwickelte, tief in der Sache begruͤndet waren.
Die Hamburger waren ein wirklich freies Volk, der Obrigkeit aus Wahl und mit Bewußtſein unter¬ geben, und durch einen kraͤftigen Geſetzeszuſtand bei der gluͤcklichſten Verfaſſung erhalten. Die Unabhaͤngig¬ keit konnte jedem Einzelnen, ſobald er es wollte, das Gefuͤhl des perſoͤnlichen Geltens erhoͤhen, ſie mußte ihn auf ſich ſelbſt, auf ſein eignes Wirken und Wollen, vorzuͤglich anweiſen, und dadurch ſeinen Karakter kraͤf¬ tigen. Die Hamburger ſind daher auch von allen Zei¬ ten her, vor andern Großſtaͤdtern, beherzt und kuͤhn geweſen, zum Raufen aufgelegt, und auch der Geringſte, weit entfernt, ſich etwas bieten zu laſſen oder ohne Noth zu dulden, iſt zu dreiſten Ruͤckwirkungen ſtets
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[271/0283]
Sicherungen verlangt und Anſtoͤße genommen, wo, am
rechten Ende gefaßt, und mit klarem Sinne angeſehn,
die Sache von ſelbſt gehen mußte. Tettenborn hatte
mit unſaͤglicher Muͤhe und Anſtrengung uͤberall ſelbſt
anzuordnen und zu befehlen, mußte in die kleinſten
Einzelnheiten der Ausruͤſtungen eingehn, und am Ende
aller Arbeit doch durch das Anſehn der Gewalt bei
jenen Behoͤrden durchdringen. Die entſchiedene Sprache,
die bei dieſen Gelegenheiten gefuͤhrt wurde, half auf
einige Zeit, und brachte regſamere Thaͤtigkeit hervor.
Die folgenden Worte uͤber die inneren Verhaͤltniſſe
Hamburgs werden darthun, wie ſowohl jene Unannehm¬
lichkeiten, als auch manches andere Uebel, das ſich
ſpaͤter entwickelte, tief in der Sache begruͤndet waren.
Die Hamburger waren ein wirklich freies Volk,
der Obrigkeit aus Wahl und mit Bewußtſein unter¬
geben, und durch einen kraͤftigen Geſetzeszuſtand bei
der gluͤcklichſten Verfaſſung erhalten. Die Unabhaͤngig¬
keit konnte jedem Einzelnen, ſobald er es wollte, das
Gefuͤhl des perſoͤnlichen Geltens erhoͤhen, ſie mußte
ihn auf ſich ſelbſt, auf ſein eignes Wirken und Wollen,
vorzuͤglich anweiſen, und dadurch ſeinen Karakter kraͤf¬
tigen. Die Hamburger ſind daher auch von allen Zei¬
ten her, vor andern Großſtaͤdtern, beherzt und kuͤhn
geweſen, zum Raufen aufgelegt, und auch der Geringſte,
weit entfernt, ſich etwas bieten zu laſſen oder ohne
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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