Unmittelbar nach diesen Anordnungen wandte Tet¬ tenborn sogleich die ganze Kraft seiner Thätigkeit auf die Werke des Krieges und die neuen Streitkräfte, die hier geschaffen werden sollten. Die Rücksicht auf den Feind durfte keinen Augenblick vernachlässigt werden, die Mittel, ihn zu bekämpfen und die Völker zum be¬ waffneten Aufstande gegen ihn zu bringen, blieben das Wichtigste und Erste, was vor allem andern nöthig war. In Hamburg konnte man, durch den Schein der Gegenwart verführt, sich leicht der Täuschung hin¬ geben, daß von den Franzosen gar nicht mehr die Rede zu sein brauche, und ein großer Theil der Einwohner folgte nur allzusehr diesem Wahne, der überhaupt in Deutschland großen Raum gewonnen hatte, und an die Stelle des frühern Glaubens an die Unüberwindlichkeit der Franzosen getreten war. Worauf es aber in diesen Zeiten ankomme, und wohin zunächst die vereinigte Kraft aller Gutgesinnten sich zu wenden habe, eröffnete Tettenborn gleich am 19. März durch folgenden Auf¬ ruf: "Hamburger! Ihr löstet die unter der französischen Regierung bestandenen Behörden auf, noch ehe die rus¬ sischen Truppen euer Gebiet betraten, und setztet die alten herkömmlichen Behörden wieder ein. Diese männliche und würdige That, womit ihr das Werk eurer Rettung begonnen, und euch dem ganzen Deutschland als Beispiel aufgestellt habt, macht euch der Zufriedenheit meines erhabenen Kaisers und der
Unmittelbar nach dieſen Anordnungen wandte Tet¬ tenborn ſogleich die ganze Kraft ſeiner Thaͤtigkeit auf die Werke des Krieges und die neuen Streitkraͤfte, die hier geſchaffen werden ſollten. Die Ruͤckſicht auf den Feind durfte keinen Augenblick vernachlaͤſſigt werden, die Mittel, ihn zu bekaͤmpfen und die Voͤlker zum be¬ waffneten Aufſtande gegen ihn zu bringen, blieben das Wichtigſte und Erſte, was vor allem andern noͤthig war. In Hamburg konnte man, durch den Schein der Gegenwart verfuͤhrt, ſich leicht der Taͤuſchung hin¬ geben, daß von den Franzoſen gar nicht mehr die Rede zu ſein brauche, und ein großer Theil der Einwohner folgte nur allzuſehr dieſem Wahne, der uͤberhaupt in Deutſchland großen Raum gewonnen hatte, und an die Stelle des fruͤhern Glaubens an die Unuͤberwindlichkeit der Franzoſen getreten war. Worauf es aber in dieſen Zeiten ankomme, und wohin zunaͤchſt die vereinigte Kraft aller Gutgeſinnten ſich zu wenden habe, eroͤffnete Tettenborn gleich am 19. Maͤrz durch folgenden Auf¬ ruf: „Hamburger! Ihr loͤſtet die unter der franzoͤſiſchen Regierung beſtandenen Behoͤrden auf, noch ehe die ruſ¬ ſiſchen Truppen euer Gebiet betraten, und ſetztet die alten herkoͤmmlichen Behoͤrden wieder ein. Dieſe maͤnnliche und wuͤrdige That, womit ihr das Werk eurer Rettung begonnen, und euch dem ganzen Deutſchland als Beiſpiel aufgeſtellt habt, macht euch der Zufriedenheit meines erhabenen Kaiſers und der
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Unmittelbar nach dieſen Anordnungen wandte Tet¬
tenborn ſogleich die ganze Kraft ſeiner Thaͤtigkeit auf
die Werke des Krieges und die neuen Streitkraͤfte, die
hier geſchaffen werden ſollten. Die Ruͤckſicht auf den
Feind durfte keinen Augenblick vernachlaͤſſigt werden,
die Mittel, ihn zu bekaͤmpfen und die Voͤlker zum be¬
waffneten Aufſtande gegen ihn zu bringen, blieben das
Wichtigſte und Erſte, was vor allem andern noͤthig
war. In Hamburg konnte man, durch den Schein
der Gegenwart verfuͤhrt, ſich leicht der Taͤuſchung hin¬
geben, daß von den Franzoſen gar nicht mehr die Rede
zu ſein brauche, und ein großer Theil der Einwohner
folgte nur allzuſehr dieſem Wahne, der uͤberhaupt in
Deutſchland großen Raum gewonnen hatte, und an die
Stelle des fruͤhern Glaubens an die Unuͤberwindlichkeit
der Franzoſen getreten war. Worauf es aber in dieſen
Zeiten ankomme, und wohin zunaͤchſt die vereinigte
Kraft aller Gutgeſinnten ſich zu wenden habe, eroͤffnete
Tettenborn gleich am 19. Maͤrz durch folgenden Auf¬
ruf: „Hamburger! Ihr loͤſtet die unter der franzoͤſiſchen
Regierung beſtandenen Behoͤrden auf, noch ehe die ruſ¬
ſiſchen Truppen euer Gebiet betraten, und ſetztet die
alten herkoͤmmlichen Behoͤrden wieder ein. Dieſe
maͤnnliche und wuͤrdige That, womit ihr das Werk
eurer Rettung begonnen, und euch dem ganzen
Deutſchland als Beiſpiel aufgeſtellt habt, macht euch
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/279>, abgerufen am 24.11.2024.
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