erklärt wurde. Für Stein blieb nun nichts übrig, als zu fliehen. Da die Wege nach England versperrt waren, so konnte nur Oesterreich eine sichere Zuflucht bieten. Die französischen Behörden hatten bei den preußischen bereits die Auslieferung des Geächteten nachsuchen müssen, thaten jedoch nichts, was seine Flucht hindern konnte; in dem Decrete war le nomme Stein nicht auch als der Minister bezeichnet, diese Unbestimmtheit kam ihm zu Statten, er behielt zwei Tage Zeit, seine Anstalten zu treffen, und gelangte glücklich nach Oesterreich.
In solchen Fällen aber zeigt sich die Aechtheit eines Karakters im glänzendsten Lichte; die wahre Größe ist von ihren sie begleitenden Mängeln unabhängig, und Schwächen und Irrthümer werden ihr nicht ange¬ rechnet; die Stimme des Volks, von richtigem Gefühl geleitet, hält ihre ächten Helden über Unfälle und Mi߬ geschicke empor, und spricht sie los von der Verpflich¬ tung des Erfolgs. Daß Blücher bei Lübeck sich mit seinen Truppen gefangen geben mußte, hat ihm in der Meinung nicht geschadet, man sah in ihm nicht minder den Helden, dem die Zukunft anzuvertrauen sei. Eben so können wir von Stein sagen, daß die erzählte Ueber¬ eilung, welche so große Entwürfe und Bereitungen zerrüttete, ihm in der Meinung eigentlich kaum geschadet hat; man bedauerte das Vorgegangene, lächelte dar¬ über, aber die Verehrung und das Zutrauen nahmen
erklaͤrt wurde. Fuͤr Stein blieb nun nichts uͤbrig, als zu fliehen. Da die Wege nach England verſperrt waren, ſo konnte nur Oeſterreich eine ſichere Zuflucht bieten. Die franzoͤſiſchen Behoͤrden hatten bei den preußiſchen bereits die Auslieferung des Geaͤchteten nachſuchen muͤſſen, thaten jedoch nichts, was ſeine Flucht hindern konnte; in dem Decrete war le nommé Stein nicht auch als der Miniſter bezeichnet, dieſe Unbeſtimmtheit kam ihm zu Statten, er behielt zwei Tage Zeit, ſeine Anſtalten zu treffen, und gelangte gluͤcklich nach Oeſterreich.
In ſolchen Faͤllen aber zeigt ſich die Aechtheit eines Karakters im glaͤnzendſten Lichte; die wahre Groͤße iſt von ihren ſie begleitenden Maͤngeln unabhaͤngig, und Schwaͤchen und Irrthuͤmer werden ihr nicht ange¬ rechnet; die Stimme des Volks, von richtigem Gefuͤhl geleitet, haͤlt ihre aͤchten Helden uͤber Unfaͤlle und Mi߬ geſchicke empor, und ſpricht ſie los von der Verpflich¬ tung des Erfolgs. Daß Bluͤcher bei Luͤbeck ſich mit ſeinen Truppen gefangen geben mußte, hat ihm in der Meinung nicht geſchadet, man ſah in ihm nicht minder den Helden, dem die Zukunft anzuvertrauen ſei. Eben ſo koͤnnen wir von Stein ſagen, daß die erzaͤhlte Ueber¬ eilung, welche ſo große Entwuͤrfe und Bereitungen zerruͤttete, ihm in der Meinung eigentlich kaum geſchadet hat; man bedauerte das Vorgegangene, laͤchelte dar¬ uͤber, aber die Verehrung und das Zutrauen nahmen
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erklaͤrt wurde. Fuͤr Stein blieb nun nichts uͤbrig, als
zu fliehen. Da die Wege nach England verſperrt
waren, ſo konnte nur Oeſterreich eine ſichere Zuflucht
bieten. Die franzoͤſiſchen Behoͤrden hatten bei den
preußiſchen bereits die Auslieferung des Geaͤchteten
nachſuchen muͤſſen, thaten jedoch nichts, was ſeine
Flucht hindern konnte; in dem Decrete war le nommé
Stein nicht auch als der Miniſter bezeichnet, dieſe
Unbeſtimmtheit kam ihm zu Statten, er behielt zwei
Tage Zeit, ſeine Anſtalten zu treffen, und gelangte
gluͤcklich nach Oeſterreich.
In ſolchen Faͤllen aber zeigt ſich die Aechtheit eines
Karakters im glaͤnzendſten Lichte; die wahre Groͤße
iſt von ihren ſie begleitenden Maͤngeln unabhaͤngig,
und Schwaͤchen und Irrthuͤmer werden ihr nicht ange¬
rechnet; die Stimme des Volks, von richtigem Gefuͤhl
geleitet, haͤlt ihre aͤchten Helden uͤber Unfaͤlle und Mi߬
geſchicke empor, und ſpricht ſie los von der Verpflich¬
tung des Erfolgs. Daß Bluͤcher bei Luͤbeck ſich mit
ſeinen Truppen gefangen geben mußte, hat ihm in der
Meinung nicht geſchadet, man ſah in ihm nicht minder
den Helden, dem die Zukunft anzuvertrauen ſei. Eben
ſo koͤnnen wir von Stein ſagen, daß die erzaͤhlte Ueber¬
eilung, welche ſo große Entwuͤrfe und Bereitungen
zerruͤttete, ihm in der Meinung eigentlich kaum geſchadet
hat; man bedauerte das Vorgegangene, laͤchelte dar¬
uͤber, aber die Verehrung und das Zutrauen nahmen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/184>, abgerufen am 25.11.2024.
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