die Straßen. Ich sollte dessen schon gewohnt sein. Ich werd' es nie gewohnt. --
Das Denkmal, welches Friedrich Wilhelm II. vor dem Friedberger Thore den dort am 2. December 1792 gefallenen Hessen hat errichten lassen, ist mir noch werther und lieber geworden, als im Frühjahr 1809, da ich es zum erstenmale sah. Friedrich Wilhelm II. hatte in Künsten hohen und edlen Geschmack. Die Einfachheit des Ganzen, der viereckige Stein, der auf Basaltschichten ruht, die großen ehernen Sinnbilder, Helm, Schild, Widderkopf und so weiter, alles zusammen macht einen würdig-ernsten Eindruck, wie selten solche Denkmäler pflegen, die gar leicht in der Anlage verunglücken. Auch die Namen der Gemeinen stehen auf der ehernen Tafel. Solcher Steine sollte man mehr in Deutschland finden! Sie reden zu allem Volke, während Schrift und Er¬ zählung nur in einem sich stets verengenden Kreise fort¬ bestehen. --
Ich will mich abwenden vom Staat und Krieg; Gottlob, das Vaterland hat noch andre Seiten, die nicht gleich jenen beschädigt und verdorben sind. Hier ist Goethe geboren; deß will ich gedenken, und mich freuen! Die ganze Stadt ist mir sein geweihtes Denk¬ mal: hier erblühten die kindlichen Sinne, hier sogen sie zuerst die Lebensnahrung ein, die nachher aus seinen herrlichen Schöpfungen über die ganze Nation sich ver¬ breitete; diese Häuser hat er betreten, diese Straßen
die Straßen. Ich ſollte deſſen ſchon gewohnt ſein. Ich werd' es nie gewohnt. —
Das Denkmal, welches Friedrich Wilhelm II. vor dem Friedberger Thore den dort am 2. December 1792 gefallenen Heſſen hat errichten laſſen, iſt mir noch werther und lieber geworden, als im Fruͤhjahr 1809, da ich es zum erſtenmale ſah. Friedrich Wilhelm II. hatte in Kuͤnſten hohen und edlen Geſchmack. Die Einfachheit des Ganzen, der viereckige Stein, der auf Baſaltſchichten ruht, die großen ehernen Sinnbilder, Helm, Schild, Widderkopf und ſo weiter, alles zuſammen macht einen wuͤrdig-ernſten Eindruck, wie ſelten ſolche Denkmaͤler pflegen, die gar leicht in der Anlage verungluͤcken. Auch die Namen der Gemeinen ſtehen auf der ehernen Tafel. Solcher Steine ſollte man mehr in Deutſchland finden! Sie reden zu allem Volke, waͤhrend Schrift und Er¬ zaͤhlung nur in einem ſich ſtets verengenden Kreiſe fort¬ beſtehen. —
Ich will mich abwenden vom Staat und Krieg; Gottlob, das Vaterland hat noch andre Seiten, die nicht gleich jenen beſchaͤdigt und verdorben ſind. Hier iſt Goethe geboren; deß will ich gedenken, und mich freuen! Die ganze Stadt iſt mir ſein geweihtes Denk¬ mal: hier erbluͤhten die kindlichen Sinne, hier ſogen ſie zuerſt die Lebensnahrung ein, die nachher aus ſeinen herrlichen Schoͤpfungen uͤber die ganze Nation ſich ver¬ breitete; dieſe Haͤuſer hat er betreten, dieſe Straßen
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die Straßen. Ich ſollte deſſen ſchon gewohnt ſein. Ich
werd' es nie gewohnt. —
Das Denkmal, welches Friedrich Wilhelm II. vor
dem Friedberger Thore den dort am 2. December 1792
gefallenen Heſſen hat errichten laſſen, iſt mir noch werther
und lieber geworden, als im Fruͤhjahr 1809, da ich es
zum erſtenmale ſah. Friedrich Wilhelm II. hatte in
Kuͤnſten hohen und edlen Geſchmack. Die Einfachheit
des Ganzen, der viereckige Stein, der auf Baſaltſchichten
ruht, die großen ehernen Sinnbilder, Helm, Schild,
Widderkopf und ſo weiter, alles zuſammen macht einen
wuͤrdig-ernſten Eindruck, wie ſelten ſolche Denkmaͤler
pflegen, die gar leicht in der Anlage verungluͤcken. Auch
die Namen der Gemeinen ſtehen auf der ehernen Tafel.
Solcher Steine ſollte man mehr in Deutſchland finden!
Sie reden zu allem Volke, waͤhrend Schrift und Er¬
zaͤhlung nur in einem ſich ſtets verengenden Kreiſe fort¬
beſtehen. —
Ich will mich abwenden vom Staat und Krieg;
Gottlob, das Vaterland hat noch andre Seiten, die
nicht gleich jenen beſchaͤdigt und verdorben ſind. Hier
iſt Goethe geboren; deß will ich gedenken, und mich
freuen! Die ganze Stadt iſt mir ſein geweihtes Denk¬
mal: hier erbluͤhten die kindlichen Sinne, hier ſogen ſie
zuerſt die Lebensnahrung ein, die nachher aus ſeinen
herrlichen Schoͤpfungen uͤber die ganze Nation ſich ver¬
breitete; dieſe Haͤuſer hat er betreten, dieſe Straßen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/178>, abgerufen am 22.11.2024.
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