Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.Goldnes Feld dort steht im Glanze Sommerlichen Morgenscheins, Weit am Fuß der grünen Hügel, Wo die Quelle rinnt des Weins; Edler Fleiß und treue Pflege Haben rings das Land bestellt, Doch des Jahres bester Segen Stets in Räuberhände fällt! O geliebtes Land, umfassen Möcht' ich mit den Armen dich! An die heiße Brust dich drücken, Küssen mit den Lippen dich! Herz der Treue, Mund der Lieder, Geistesauge, Arm der Kraft, Hand der Kunst und Stirn des Denkens, Mutterbrust der Wissenschaft! Und in dieses Landes Mitte Schallet noch ein fremder Ton, Ruft der trauten Mutterrede Des geliebten Landes Hohn? Darf, wo deutsche Wälder rauschen, Unsre stolzen Fluthen gehn, Unsres Fleißes Aehren wogen, Fremdes Herrscherwort ergehn? Schnöde Schaar nichtswürd'ger Fremden,
Uns gesandt von blut'ger Hand, Flog, ein wildes Raubgevögel, In das unbewachte Land, Goldnes Feld dort ſteht im Glanze Sommerlichen Morgenſcheins, Weit am Fuß der gruͤnen Huͤgel, Wo die Quelle rinnt des Weins; Edler Fleiß und treue Pflege Haben rings das Land beſtellt, Doch des Jahres beſter Segen Stets in Raͤuberhaͤnde faͤllt! O geliebtes Land, umfaſſen Moͤcht' ich mit den Armen dich! An die heiße Bruſt dich druͤcken, Kuͤſſen mit den Lippen dich! Herz der Treue, Mund der Lieder, Geiſtesauge, Arm der Kraft, Hand der Kunſt und Stirn des Denkens, Mutterbruſt der Wiſſenſchaft! Und in dieſes Landes Mitte Schallet noch ein fremder Ton, Ruft der trauten Mutterrede Des geliebten Landes Hohn? Darf, wo deutſche Waͤlder rauſchen, Unſre ſtolzen Fluthen gehn, Unſres Fleißes Aehren wogen, Fremdes Herrſcherwort ergehn? Schnoͤde Schaar nichtswuͤrd'ger Fremden,
Uns geſandt von blut'ger Hand, Flog, ein wildes Raubgevoͤgel, In das unbewachte Land, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0521" n="507"/> <lg n="3"> <l>Goldnes Feld dort ſteht im Glanze</l><lb/> <l>Sommerlichen Morgenſcheins,</l><lb/> <l>Weit am Fuß der gruͤnen Huͤgel,</l><lb/> <l>Wo die Quelle rinnt des Weins;</l><lb/> <l>Edler Fleiß und treue Pflege</l><lb/> <l>Haben rings das Land beſtellt,</l><lb/> <l>Doch des Jahres beſter Segen</l><lb/> <l>Stets in Raͤuberhaͤnde faͤllt!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>O geliebtes Land, umfaſſen</l><lb/> <l>Moͤcht' ich mit den Armen dich!</l><lb/> <l>An die heiße Bruſt dich druͤcken,</l><lb/> <l>Kuͤſſen mit den Lippen dich!</l><lb/> <l>Herz der Treue, Mund der Lieder,</l><lb/> <l>Geiſtesauge, Arm der Kraft,</l><lb/> <l>Hand der Kunſt und Stirn des Denkens,</l><lb/> <l>Mutterbruſt der Wiſſenſchaft!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und in dieſes Landes Mitte</l><lb/> <l>Schallet noch ein fremder Ton,</l><lb/> <l>Ruft der trauten Mutterrede</l><lb/> <l>Des geliebten Landes Hohn?</l><lb/> <l>Darf, wo deutſche Waͤlder rauſchen,</l><lb/> <l>Unſre ſtolzen Fluthen gehn,</l><lb/> <l>Unſres Fleißes Aehren wogen,</l><lb/> <l>Fremdes Herrſcherwort ergehn?</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Schnoͤde Schaar nichtswuͤrd'ger Fremden,</l><lb/> <l>Uns geſandt von blut'ger Hand,</l><lb/> <l>Flog, ein wildes Raubgevoͤgel,</l><lb/> <l>In das unbewachte Land,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [507/0521]
Goldnes Feld dort ſteht im Glanze
Sommerlichen Morgenſcheins,
Weit am Fuß der gruͤnen Huͤgel,
Wo die Quelle rinnt des Weins;
Edler Fleiß und treue Pflege
Haben rings das Land beſtellt,
Doch des Jahres beſter Segen
Stets in Raͤuberhaͤnde faͤllt!
O geliebtes Land, umfaſſen
Moͤcht' ich mit den Armen dich!
An die heiße Bruſt dich druͤcken,
Kuͤſſen mit den Lippen dich!
Herz der Treue, Mund der Lieder,
Geiſtesauge, Arm der Kraft,
Hand der Kunſt und Stirn des Denkens,
Mutterbruſt der Wiſſenſchaft!
Und in dieſes Landes Mitte
Schallet noch ein fremder Ton,
Ruft der trauten Mutterrede
Des geliebten Landes Hohn?
Darf, wo deutſche Waͤlder rauſchen,
Unſre ſtolzen Fluthen gehn,
Unſres Fleißes Aehren wogen,
Fremdes Herrſcherwort ergehn?
Schnoͤde Schaar nichtswuͤrd'ger Fremden,
Uns geſandt von blut'ger Hand,
Flog, ein wildes Raubgevoͤgel,
In das unbewachte Land,
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