dann aber marschfertig zu sein. Wirklich begann, so¬ bald es dunkel geworden, vor uns an der Donau ein heftiges Geschützfeuer, der Himmel leuchtete immerfort von den Blitzen der Kanonen, von den Wurfbahnen der Bomben und Granaten; fast zwei Stunden dauerte der Wetteifer von beiden Seiten, denn die Franzosen hatten fast gleichzeitig auch ihren Angriff unternommen, und während wir ihre Werke auf der Lobau zu zer¬ stören dachten, die Zerstörung der unsrigen und die Einäscherung von Stadt-Enzersdorf vorbereitet. Das österreichische Geschütz vermochte wenig gegen die starken Werke der Lobau; die französische Mannschaft auf der Mühlau, welche als vermuthlicher Uebergangspunkt am heftigsten beschossen wurde, legte sich nieder und litt nicht viel, Dagegen zeigte sich die Wirkung des feind¬ lichen Angriffs bald nachtheilig; in seinem Zwecke lag zusammenhängendere Absicht und stärkerer Nachdruck; sein Geschütz war zahlreicher und wirksamer; in kurzer Zeit stand Stadt-Enzersdorf in Flammen, und unsre Batterien strebten fruchtlos gegen die feindliche Ueber¬ macht. Nachdem die Gegend eine Zeit lang durch den Brand der kleinen Stadt erhellt gewesen, verdunkelte sich der Himmel mit schwarzen Gewitterwolken, der Regen strömte nieder, die Flammen minderten sich, das Geschütz feuerte seltner und verstummte zuletzt völlig. Ein furchtbares Sturmgewitter, wie niemand ein ähn¬ liches erlebt zu haben meinte, wüthete nun über das
dann aber marſchfertig zu ſein. Wirklich begann, ſo¬ bald es dunkel geworden, vor uns an der Donau ein heftiges Geſchuͤtzfeuer, der Himmel leuchtete immerfort von den Blitzen der Kanonen, von den Wurfbahnen der Bomben und Granaten; faſt zwei Stunden dauerte der Wetteifer von beiden Seiten, denn die Franzoſen hatten faſt gleichzeitig auch ihren Angriff unternommen, und waͤhrend wir ihre Werke auf der Lobau zu zer¬ ſtoͤren dachten, die Zerſtoͤrung der unſrigen und die Einaͤſcherung von Stadt-Enzersdorf vorbereitet. Das oͤſterreichiſche Geſchuͤtz vermochte wenig gegen die ſtarken Werke der Lobau; die franzoͤſiſche Mannſchaft auf der Muͤhlau, welche als vermuthlicher Uebergangspunkt am heftigſten beſchoſſen wurde, legte ſich nieder und litt nicht viel, Dagegen zeigte ſich die Wirkung des feind¬ lichen Angriffs bald nachtheilig; in ſeinem Zwecke lag zuſammenhaͤngendere Abſicht und ſtaͤrkerer Nachdruck; ſein Geſchuͤtz war zahlreicher und wirkſamer; in kurzer Zeit ſtand Stadt-Enzersdorf in Flammen, und unſre Batterien ſtrebten fruchtlos gegen die feindliche Ueber¬ macht. Nachdem die Gegend eine Zeit lang durch den Brand der kleinen Stadt erhellt geweſen, verdunkelte ſich der Himmel mit ſchwarzen Gewitterwolken, der Regen ſtroͤmte nieder, die Flammen minderten ſich, das Geſchuͤtz feuerte ſeltner und verſtummte zuletzt voͤllig. Ein furchtbares Sturmgewitter, wie niemand ein aͤhn¬ liches erlebt zu haben meinte, wuͤthete nun uͤber das
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[204/0218]
dann aber marſchfertig zu ſein. Wirklich begann, ſo¬
bald es dunkel geworden, vor uns an der Donau ein
heftiges Geſchuͤtzfeuer, der Himmel leuchtete immerfort
von den Blitzen der Kanonen, von den Wurfbahnen
der Bomben und Granaten; faſt zwei Stunden dauerte
der Wetteifer von beiden Seiten, denn die Franzoſen
hatten faſt gleichzeitig auch ihren Angriff unternommen,
und waͤhrend wir ihre Werke auf der Lobau zu zer¬
ſtoͤren dachten, die Zerſtoͤrung der unſrigen und die
Einaͤſcherung von Stadt-Enzersdorf vorbereitet. Das
oͤſterreichiſche Geſchuͤtz vermochte wenig gegen die ſtarken
Werke der Lobau; die franzoͤſiſche Mannſchaft auf der
Muͤhlau, welche als vermuthlicher Uebergangspunkt am
heftigſten beſchoſſen wurde, legte ſich nieder und litt
nicht viel, Dagegen zeigte ſich die Wirkung des feind¬
lichen Angriffs bald nachtheilig; in ſeinem Zwecke lag
zuſammenhaͤngendere Abſicht und ſtaͤrkerer Nachdruck;
ſein Geſchuͤtz war zahlreicher und wirkſamer; in kurzer
Zeit ſtand Stadt-Enzersdorf in Flammen, und unſre
Batterien ſtrebten fruchtlos gegen die feindliche Ueber¬
macht. Nachdem die Gegend eine Zeit lang durch den
Brand der kleinen Stadt erhellt geweſen, verdunkelte
ſich der Himmel mit ſchwarzen Gewitterwolken, der
Regen ſtroͤmte nieder, die Flammen minderten ſich, das
Geſchuͤtz feuerte ſeltner und verſtummte zuletzt voͤllig.
Ein furchtbares Sturmgewitter, wie niemand ein aͤhn¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/218>, abgerufen am 26.11.2024.
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