im Gegentheil, er war einer der Menschen, die unauf¬ hörlich studiren, nicht nur über den Büchern sitzend, was er auch vortrefflich konnte, sondern im Gehen und Stehen, in jedem Gespräch, bei allen Gegenständen, aber seine Studien wollten dieser Art gemäß auch mög¬ lichst frei sein, ohne äußern Plan und vorgestecktes Ziel nur ihren eignen Bedürfnissen folgen, dies fügte sich jetzt von selbst, alles war ja für die nächste Zeit still¬ gestellt, und er wie jeder andre einzig auf's Abwarten angewiesen.
Der Kreis der dagebliebnen oder in der Stille zurück¬ gekehrten jungen Leute war in Halle noch ansehnlich genug. Adolph Müller, Harschers hochvertrauter Freund, Przystanowski, die beiden Rust aus Dessau, der junge Loder, dazu noch Bekker, machten schon eine bunte Gesellschaft aus. Bald kam auf meine dringende Auf¬ forderung auch Neumann von Göttingen zurück, wohin er mit Neander versprengt worden war, bezog ein Zimmer auf gleichem Flur mit dem meinigen, und wenn unsre Beschäftigungen uns mitunter trennen durften, so hielten alle andern Bezüge uns doch täglich und innig vereint.
Durch den Fortgebrauch der Arzneien Erhards war meine Gesundheit allmählig gestärkt worden, ich griff das Leben und die Studien wieder mit heitern Kräften an. Mit stärkstem Willen warf ich mich auf die Arznei¬ wissenschaft und quälte mich mit dem Gründlichsten,
im Gegentheil, er war einer der Menſchen, die unauf¬ hoͤrlich ſtudiren, nicht nur uͤber den Buͤchern ſitzend, was er auch vortrefflich konnte, ſondern im Gehen und Stehen, in jedem Geſpraͤch, bei allen Gegenſtaͤnden, aber ſeine Studien wollten dieſer Art gemaͤß auch moͤg¬ lichſt frei ſein, ohne aͤußern Plan und vorgeſtecktes Ziel nur ihren eignen Beduͤrfniſſen folgen, dies fuͤgte ſich jetzt von ſelbſt, alles war ja fuͤr die naͤchſte Zeit ſtill¬ geſtellt, und er wie jeder andre einzig auf’s Abwarten angewieſen.
Der Kreis der dagebliebnen oder in der Stille zuruͤck¬ gekehrten jungen Leute war in Halle noch anſehnlich genug. Adolph Muͤller, Harſchers hochvertrauter Freund, Przyſtanowski, die beiden Ruſt aus Deſſau, der junge Loder, dazu noch Bekker, machten ſchon eine bunte Geſellſchaft aus. Bald kam auf meine dringende Auf¬ forderung auch Neumann von Goͤttingen zuruͤck, wohin er mit Neander verſprengt worden war, bezog ein Zimmer auf gleichem Flur mit dem meinigen, und wenn unſre Beſchaͤftigungen uns mitunter trennen durften, ſo hielten alle andern Bezuͤge uns doch taͤglich und innig vereint.
Durch den Fortgebrauch der Arzneien Erhards war meine Geſundheit allmaͤhlig geſtaͤrkt worden, ich griff das Leben und die Studien wieder mit heitern Kraͤften an. Mit ſtaͤrkſtem Willen warf ich mich auf die Arznei¬ wiſſenſchaft und quaͤlte mich mit dem Gruͤndlichſten,
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im Gegentheil, er war einer der Menſchen, die unauf¬
hoͤrlich ſtudiren, nicht nur uͤber den Buͤchern ſitzend,
was er auch vortrefflich konnte, ſondern im Gehen und
Stehen, in jedem Geſpraͤch, bei allen Gegenſtaͤnden,
aber ſeine Studien wollten dieſer Art gemaͤß auch moͤg¬
lichſt frei ſein, ohne aͤußern Plan und vorgeſtecktes Ziel
nur ihren eignen Beduͤrfniſſen folgen, dies fuͤgte ſich
jetzt von ſelbſt, alles war ja fuͤr die naͤchſte Zeit ſtill¬
geſtellt, und er wie jeder andre einzig auf’s Abwarten
angewieſen.
Der Kreis der dagebliebnen oder in der Stille zuruͤck¬
gekehrten jungen Leute war in Halle noch anſehnlich
genug. Adolph Muͤller, Harſchers hochvertrauter Freund,
Przyſtanowski, die beiden Ruſt aus Deſſau, der junge
Loder, dazu noch Bekker, machten ſchon eine bunte
Geſellſchaft aus. Bald kam auf meine dringende Auf¬
forderung auch Neumann von Goͤttingen zuruͤck, wohin
er mit Neander verſprengt worden war, bezog ein
Zimmer auf gleichem Flur mit dem meinigen, und wenn
unſre Beſchaͤftigungen uns mitunter trennen durften, ſo
hielten alle andern Bezuͤge uns doch taͤglich und innig
vereint.
Durch den Fortgebrauch der Arzneien Erhards war
meine Geſundheit allmaͤhlig geſtaͤrkt worden, ich griff
das Leben und die Studien wieder mit heitern Kraͤften
an. Mit ſtaͤrkſtem Willen warf ich mich auf die Arznei¬
wiſſenſchaft und quaͤlte mich mit dem Gruͤndlichſten,
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/149>, abgerufen am 22.11.2024.
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