und widmete seine Muße am liebsten der Erwerbung von Kenntnissen, wie sein Verhältniß dies nur irgend gestattete. Er beschäftigte sich mit Musik und Dicht¬ kunst, mit Philosophie und Geschichte, las die besten Schriftsteller in französischer und englischer Sprache, mit deren gründlicher Kenntniß er auch sehr bald die der holländischen und italiänischen verband. In dem erwähnten Hause machte er im Jahre I803 die Be¬ kanntschaft Varnhagen's, mit welchem ihn bald die engste und treuste Freundschaft verknüpfte, und gleich darauf er¬ öffnete sich ihm ein weiterer Freundschaftskreis, zu welchem Chamisso, Eduard Hitzig, Koreff, Ludwig Robert, Graf Alexander zur Lippe, Franz Theremin und noch mehrere Andere gehörten, denen insgesammt die Poesie und höhere Lebensbildung das vereinigte Ziel war. Unter dem Titel eines Musenalmanachs gaben Chamisso und Varnhagen mit ihren eignen die Gedichte der Freunde heraus, und Neumann's Beiträge erschienen dabei nicht unvortheilhaft.
In jener Zeit hielt August Wilhelm Schlegel zu Berlin Vorlesungen vor einem auserlesenen Kreise von Zuhörern und Zuhörerinnen; der Zustand der Litteratur und Kunst überhaupt, ihre bisherige und künftige Ent¬ wickelung, waren der reiche Stoff dieser Vorträge, welche nicht ohne bedeutende Wirkung blieben, besonders weil viele gleichzeitige Bestrebungen Friedrich Schlegel's, Tieck's, Schleiermacher's und selbst Fichte's, sich damit
und widmete ſeine Muße am liebſten der Erwerbung von Kenntniſſen, wie ſein Verhaͤltniß dies nur irgend geſtattete. Er beſchaͤftigte ſich mit Muſik und Dicht¬ kunſt, mit Philoſophie und Geſchichte, las die beſten Schriftſteller in franzoͤſiſcher und engliſcher Sprache, mit deren gruͤndlicher Kenntniß er auch ſehr bald die der hollaͤndiſchen und italiaͤniſchen verband. In dem erwaͤhnten Hauſe machte er im Jahre I803 die Be¬ kanntſchaft Varnhagen’s, mit welchem ihn bald die engſte und treuſte Freundſchaft verknuͤpfte, und gleich darauf er¬ oͤffnete ſich ihm ein weiterer Freundſchaftskreis, zu welchem Chamiſſo, Eduard Hitzig, Koreff, Ludwig Robert, Graf Alexander zur Lippe, Franz Theremin und noch mehrere Andere gehoͤrten, denen insgeſammt die Poeſie und hoͤhere Lebensbildung das vereinigte Ziel war. Unter dem Titel eines Muſenalmanachs gaben Chamiſſo und Varnhagen mit ihren eignen die Gedichte der Freunde heraus, und Neumann’s Beitraͤge erſchienen dabei nicht unvortheilhaft.
In jener Zeit hielt Auguſt Wilhelm Schlegel zu Berlin Vorleſungen vor einem auserleſenen Kreiſe von Zuhoͤrern und Zuhoͤrerinnen; der Zuſtand der Litteratur und Kunſt uͤberhaupt, ihre bisherige und kuͤnftige Ent¬ wickelung, waren der reiche Stoff dieſer Vortraͤge, welche nicht ohne bedeutende Wirkung blieben, beſonders weil viele gleichzeitige Beſtrebungen Friedrich Schlegel’s, Tieck’s, Schleiermacher’s und ſelbſt Fichte’s, ſich damit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0360"n="346"/>
und widmete ſeine Muße am liebſten der Erwerbung<lb/>
von Kenntniſſen, wie ſein Verhaͤltniß dies nur irgend<lb/>
geſtattete. Er beſchaͤftigte ſich mit Muſik und Dicht¬<lb/>
kunſt, mit Philoſophie und Geſchichte, las die beſten<lb/>
Schriftſteller in franzoͤſiſcher und engliſcher Sprache,<lb/>
mit deren gruͤndlicher Kenntniß er auch ſehr bald die<lb/>
der hollaͤndiſchen und italiaͤniſchen verband. In dem<lb/>
erwaͤhnten Hauſe machte er im Jahre I<hirendition="#b">803</hi> die Be¬<lb/>
kanntſchaft Varnhagen’s, mit welchem ihn bald die engſte<lb/>
und treuſte Freundſchaft verknuͤpfte, und gleich darauf er¬<lb/>
oͤffnete ſich ihm ein weiterer Freundſchaftskreis, zu welchem<lb/>
Chamiſſo, Eduard Hitzig, Koreff, Ludwig Robert, Graf<lb/>
Alexander zur Lippe, Franz Theremin und noch mehrere<lb/>
Andere gehoͤrten, denen insgeſammt die Poeſie und<lb/>
hoͤhere Lebensbildung das vereinigte Ziel war. Unter<lb/>
dem Titel eines Muſenalmanachs gaben Chamiſſo und<lb/>
Varnhagen mit ihren eignen die Gedichte der Freunde<lb/>
heraus, und Neumann’s Beitraͤge erſchienen dabei nicht<lb/>
unvortheilhaft.</p><lb/><p>In jener Zeit hielt Auguſt Wilhelm Schlegel zu<lb/>
Berlin Vorleſungen vor einem auserleſenen Kreiſe von<lb/>
Zuhoͤrern und Zuhoͤrerinnen; der Zuſtand der Litteratur<lb/>
und Kunſt uͤberhaupt, ihre bisherige und kuͤnftige Ent¬<lb/>
wickelung, waren der reiche Stoff dieſer Vortraͤge, welche<lb/>
nicht ohne bedeutende Wirkung blieben, beſonders weil<lb/>
viele gleichzeitige Beſtrebungen Friedrich Schlegel’s,<lb/>
Tieck’s, Schleiermacher’s und ſelbſt Fichte’s, ſich damit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[346/0360]
und widmete ſeine Muße am liebſten der Erwerbung
von Kenntniſſen, wie ſein Verhaͤltniß dies nur irgend
geſtattete. Er beſchaͤftigte ſich mit Muſik und Dicht¬
kunſt, mit Philoſophie und Geſchichte, las die beſten
Schriftſteller in franzoͤſiſcher und engliſcher Sprache,
mit deren gruͤndlicher Kenntniß er auch ſehr bald die
der hollaͤndiſchen und italiaͤniſchen verband. In dem
erwaͤhnten Hauſe machte er im Jahre I803 die Be¬
kanntſchaft Varnhagen’s, mit welchem ihn bald die engſte
und treuſte Freundſchaft verknuͤpfte, und gleich darauf er¬
oͤffnete ſich ihm ein weiterer Freundſchaftskreis, zu welchem
Chamiſſo, Eduard Hitzig, Koreff, Ludwig Robert, Graf
Alexander zur Lippe, Franz Theremin und noch mehrere
Andere gehoͤrten, denen insgeſammt die Poeſie und
hoͤhere Lebensbildung das vereinigte Ziel war. Unter
dem Titel eines Muſenalmanachs gaben Chamiſſo und
Varnhagen mit ihren eignen die Gedichte der Freunde
heraus, und Neumann’s Beitraͤge erſchienen dabei nicht
unvortheilhaft.
In jener Zeit hielt Auguſt Wilhelm Schlegel zu
Berlin Vorleſungen vor einem auserleſenen Kreiſe von
Zuhoͤrern und Zuhoͤrerinnen; der Zuſtand der Litteratur
und Kunſt uͤberhaupt, ihre bisherige und kuͤnftige Ent¬
wickelung, waren der reiche Stoff dieſer Vortraͤge, welche
nicht ohne bedeutende Wirkung blieben, beſonders weil
viele gleichzeitige Beſtrebungen Friedrich Schlegel’s,
Tieck’s, Schleiermacher’s und ſelbſt Fichte’s, ſich damit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/360>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.