Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

artigen Phantasie und außerordentlichen Dichterkraft
bleiben, deren volle Anerkennung vielleicht nun nicht
mehr fern ist und gewiß nur um so glänzender zu er¬
warten steht, als sie den Späterlebenden sich neben dem
Unwerthe so vieles Gleichzeitigen nur immer deutlicher
hervorheben muß. Immer jedoch wird es tief zu bekla¬
gen sein, daß ein so großes dramatisches Talent seine
volle Entfaltung und Wirksamkeit, aus Mangel einer
eingreifenden und begeisternden Schaubühne, unserem
gerade in diesem Fache so übelberathenen Zeitalter nicht
beweisen durfte!

Ihn selbst vermochten in seiner einfachen Haltung,
in seinem Gleichmuthe, der niemals einem Scheine nach¬
hing, sondern unter allen Bedingungen nur dem innern
Genius folgte, keine äußerliche Mißstände noch Störun¬
gen zu beugen. In den Wissenschaften, in der Dicht¬
kunst, in den Geschäften des bürgerlichen Lebens, wie
in den Vergnügungen der Geselligkeit, überall nur dem
Schönen und Geistigen, der Redlichkeit und Bildung
zugewandt, war er eine stets erfreuende Erscheinung,
deren Nähe Gehässiges verscheuchte und Geringes nieder¬
hielt, und das Element, in welchem er lebte, auch für
Andre darbot.

Doch, was Arnim durch hohen und schönen Sinn,
durch dichterisches Talent, durch persönliches Handeln
und Anregen, als Stifter und Genosse mannigfach löb¬

artigen Phantaſie und außerordentlichen Dichterkraft
bleiben, deren volle Anerkennung vielleicht nun nicht
mehr fern iſt und gewiß nur um ſo glaͤnzender zu er¬
warten ſteht, als ſie den Spaͤterlebenden ſich neben dem
Unwerthe ſo vieles Gleichzeitigen nur immer deutlicher
hervorheben muß. Immer jedoch wird es tief zu bekla¬
gen ſein, daß ein ſo großes dramatiſches Talent ſeine
volle Entfaltung und Wirkſamkeit, aus Mangel einer
eingreifenden und begeiſternden Schaubuͤhne, unſerem
gerade in dieſem Fache ſo uͤbelberathenen Zeitalter nicht
beweiſen durfte!

Ihn ſelbſt vermochten in ſeiner einfachen Haltung,
in ſeinem Gleichmuthe, der niemals einem Scheine nach¬
hing, ſondern unter allen Bedingungen nur dem innern
Genius folgte, keine aͤußerliche Mißſtaͤnde noch Stoͤrun¬
gen zu beugen. In den Wiſſenſchaften, in der Dicht¬
kunſt, in den Geſchaͤften des buͤrgerlichen Lebens, wie
in den Vergnuͤgungen der Geſelligkeit, uͤberall nur dem
Schoͤnen und Geiſtigen, der Redlichkeit und Bildung
zugewandt, war er eine ſtets erfreuende Erſcheinung,
deren Naͤhe Gehaͤſſiges verſcheuchte und Geringes nieder¬
hielt, und das Element, in welchem er lebte, auch fuͤr
Andre darbot.

Doch, was Arnim durch hohen und ſchoͤnen Sinn,
durch dichteriſches Talent, durch perſoͤnliches Handeln
und Anregen, als Stifter und Genoſſe mannigfach loͤb¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0330" n="316"/>
artigen Phanta&#x017F;ie und außerordentlichen Dichterkraft<lb/>
bleiben, deren volle Anerkennung vielleicht nun nicht<lb/>
mehr fern i&#x017F;t und gewiß nur um &#x017F;o gla&#x0364;nzender zu er¬<lb/>
warten &#x017F;teht, als &#x017F;ie den Spa&#x0364;terlebenden &#x017F;ich neben dem<lb/>
Unwerthe &#x017F;o vieles Gleichzeitigen nur immer deutlicher<lb/>
hervorheben muß. Immer jedoch wird es tief zu bekla¬<lb/>
gen &#x017F;ein, daß ein &#x017F;o großes dramati&#x017F;ches Talent &#x017F;eine<lb/>
volle Entfaltung und Wirk&#x017F;amkeit, aus Mangel einer<lb/>
eingreifenden und begei&#x017F;ternden Schaubu&#x0364;hne, un&#x017F;erem<lb/>
gerade in die&#x017F;em Fache &#x017F;o u&#x0364;belberathenen Zeitalter nicht<lb/>
bewei&#x017F;en durfte!</p><lb/>
          <p>Ihn &#x017F;elb&#x017F;t vermochten in &#x017F;einer einfachen Haltung,<lb/>
in &#x017F;einem Gleichmuthe, der niemals einem Scheine nach¬<lb/>
hing, &#x017F;ondern unter allen Bedingungen nur dem innern<lb/>
Genius folgte, keine a&#x0364;ußerliche Miß&#x017F;ta&#x0364;nde noch Sto&#x0364;run¬<lb/>
gen zu beugen. In den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, in der Dicht¬<lb/>
kun&#x017F;t, in den Ge&#x017F;cha&#x0364;ften des bu&#x0364;rgerlichen Lebens, wie<lb/>
in den Vergnu&#x0364;gungen der Ge&#x017F;elligkeit, u&#x0364;berall nur dem<lb/>
Scho&#x0364;nen und Gei&#x017F;tigen, der Redlichkeit und Bildung<lb/>
zugewandt, war er eine &#x017F;tets erfreuende Er&#x017F;cheinung,<lb/>
deren Na&#x0364;he Geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges ver&#x017F;cheuchte und Geringes nieder¬<lb/>
hielt, und das Element, in welchem er lebte, auch fu&#x0364;r<lb/>
Andre darbot.</p><lb/>
          <p>Doch, was Arnim durch hohen und &#x017F;cho&#x0364;nen Sinn,<lb/>
durch dichteri&#x017F;ches Talent, durch per&#x017F;o&#x0364;nliches Handeln<lb/>
und Anregen, als Stifter und Geno&#x017F;&#x017F;e mannigfach lo&#x0364;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0330] artigen Phantaſie und außerordentlichen Dichterkraft bleiben, deren volle Anerkennung vielleicht nun nicht mehr fern iſt und gewiß nur um ſo glaͤnzender zu er¬ warten ſteht, als ſie den Spaͤterlebenden ſich neben dem Unwerthe ſo vieles Gleichzeitigen nur immer deutlicher hervorheben muß. Immer jedoch wird es tief zu bekla¬ gen ſein, daß ein ſo großes dramatiſches Talent ſeine volle Entfaltung und Wirkſamkeit, aus Mangel einer eingreifenden und begeiſternden Schaubuͤhne, unſerem gerade in dieſem Fache ſo uͤbelberathenen Zeitalter nicht beweiſen durfte! Ihn ſelbſt vermochten in ſeiner einfachen Haltung, in ſeinem Gleichmuthe, der niemals einem Scheine nach¬ hing, ſondern unter allen Bedingungen nur dem innern Genius folgte, keine aͤußerliche Mißſtaͤnde noch Stoͤrun¬ gen zu beugen. In den Wiſſenſchaften, in der Dicht¬ kunſt, in den Geſchaͤften des buͤrgerlichen Lebens, wie in den Vergnuͤgungen der Geſelligkeit, uͤberall nur dem Schoͤnen und Geiſtigen, der Redlichkeit und Bildung zugewandt, war er eine ſtets erfreuende Erſcheinung, deren Naͤhe Gehaͤſſiges verſcheuchte und Geringes nieder¬ hielt, und das Element, in welchem er lebte, auch fuͤr Andre darbot. Doch, was Arnim durch hohen und ſchoͤnen Sinn, durch dichteriſches Talent, durch perſoͤnliches Handeln und Anregen, als Stifter und Genoſſe mannigfach loͤb¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/330
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/330>, abgerufen am 22.11.2024.