mittelst einiger Balken jeder Donaukahn zum Kanonierboot um¬ gewandelt werden konnte, eine Einrichtung, die er vom engli¬ schen Seewesen her kannte, und mit einigen alten Schiffern völlig ins Werk zu setzen schon verabredet hatte. Alsdann waren auch wir im Besitz einer Flottille, wie die Franzosen, und diese konnten nicht so leicht Meister des Flusses werden. Zweitens gab er eine Art von Telegraphen für die Linie unserer Armee an, die es unmöglich gemacht hätten, daß der Erzherzog Johann den Befehl, nach Wagram zu rücken, zu spät erhielt. Drittens hat er oft die einflußreichsten Personen dringend aufmerksam darauf gemacht, wie sehr es nöthig sei, das Gebirge Hohenlei¬ then zu verschanzen; dann war unser linker Flügel beim ersten Weichen nicht gleich bloßgestellt, wodurch die Schlacht eigentlich verloren ging. -- Welche Tugend gehört dazu, um in einem Leben, das fast unaufhörlich in solchem vergeblichen Wissen und Bemühen sich hinschleppt, doch wieder thätig und freudig einzu¬ greifen, so oft nur der geringste Keim des Bessern sich leise regt! Und wie wäre dieser Mann vielleicht in einer günstigen Lage erst erschienen? Wer will ergründen, welche Kraft dann entfaltet worden wäre? Was wir sehn, sind gerettete Trümmer; von ihnen haben wir auf das mögliche Ganze zu schließen! Sie sehn, Verehrungswürdiger! daß jener nicht unwerth ist, neben Ihnen genannt zu werden, und daß ich nicht unbillig seinen treuen stillen Ernst, und sein geschichtliches Dastehn mit dem verglich, das aus Ihnen zu mir sprach, und mir ist es, als hätte ich mich einer längst verschuldeten Pflicht entledigt, daß ich Ihnen von diesem Mann endlich gesprochen habe! -- Die Geschichte rauscht vorüber im Sturme, und die Nachwelt erfährt nicht, welches Licht im Verborgenen diese Zeit durchleuchtete; sie trägt wohl gar die Klage und den Vorwurf mit hinüber, daß arm die Deutschen in ihr gewesen an großen Talenten für
mittelſt einiger Balken jeder Donaukahn zum Kanonierboot um¬ gewandelt werden konnte, eine Einrichtung, die er vom engli¬ ſchen Seeweſen her kannte, und mit einigen alten Schiffern völlig ins Werk zu ſetzen ſchon verabredet hatte. Alsdann waren auch wir im Beſitz einer Flottille, wie die Franzoſen, und dieſe konnten nicht ſo leicht Meiſter des Fluſſes werden. Zweitens gab er eine Art von Telegraphen für die Linie unſerer Armee an, die es unmöglich gemacht hätten, daß der Erzherzog Johann den Befehl, nach Wagram zu rücken, zu ſpät erhielt. Drittens hat er oft die einflußreichſten Perſonen dringend aufmerkſam darauf gemacht, wie ſehr es nöthig ſei, das Gebirge Hohenlei¬ then zu verſchanzen; dann war unſer linker Flügel beim erſten Weichen nicht gleich bloßgeſtellt, wodurch die Schlacht eigentlich verloren ging. — Welche Tugend gehört dazu, um in einem Leben, das faſt unaufhörlich in ſolchem vergeblichen Wiſſen und Bemühen ſich hinſchleppt, doch wieder thätig und freudig einzu¬ greifen, ſo oft nur der geringſte Keim des Beſſern ſich leiſe regt! Und wie wäre dieſer Mann vielleicht in einer günſtigen Lage erſt erſchienen? Wer will ergründen, welche Kraft dann entfaltet worden wäre? Was wir ſehn, ſind gerettete Trümmer; von ihnen haben wir auf das mögliche Ganze zu ſchließen! Sie ſehn, Verehrungswürdiger! daß jener nicht unwerth iſt, neben Ihnen genannt zu werden, und daß ich nicht unbillig ſeinen treuen ſtillen Ernſt, und ſein geſchichtliches Daſtehn mit dem verglich, das aus Ihnen zu mir ſprach, und mir iſt es, als hätte ich mich einer längſt verſchuldeten Pflicht entledigt, daß ich Ihnen von dieſem Mann endlich geſprochen habe! — Die Geſchichte rauſcht vorüber im Sturme, und die Nachwelt erfährt nicht, welches Licht im Verborgenen dieſe Zeit durchleuchtete; ſie trägt wohl gar die Klage und den Vorwurf mit hinüber, daß arm die Deutſchen in ihr geweſen an großen Talenten für
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mittelſt einiger Balken jeder Donaukahn zum Kanonierboot um¬
gewandelt werden konnte, eine Einrichtung, die er vom engli¬
ſchen Seeweſen her kannte, und mit einigen alten Schiffern
völlig ins Werk zu ſetzen ſchon verabredet hatte. Alsdann waren
auch wir im Beſitz einer Flottille, wie die Franzoſen, und dieſe
konnten nicht ſo leicht Meiſter des Fluſſes werden. Zweitens
gab er eine Art von Telegraphen für die Linie unſerer Armee
an, die es unmöglich gemacht hätten, daß der Erzherzog Johann
den Befehl, nach Wagram zu rücken, zu ſpät erhielt. Drittens
hat er oft die einflußreichſten Perſonen dringend aufmerkſam
darauf gemacht, wie ſehr es nöthig ſei, das Gebirge Hohenlei¬
then zu verſchanzen; dann war unſer linker Flügel beim erſten
Weichen nicht gleich bloßgeſtellt, wodurch die Schlacht eigentlich
verloren ging. — Welche Tugend gehört dazu, um in einem
Leben, das faſt unaufhörlich in ſolchem vergeblichen Wiſſen und
Bemühen ſich hinſchleppt, doch wieder thätig und freudig einzu¬
greifen, ſo oft nur der geringſte Keim des Beſſern ſich leiſe
regt! Und wie wäre dieſer Mann vielleicht in einer günſtigen
Lage erſt erſchienen? Wer will ergründen, welche Kraft dann
entfaltet worden wäre? Was wir ſehn, ſind gerettete Trümmer;
von ihnen haben wir auf das mögliche Ganze zu ſchließen! Sie
ſehn, Verehrungswürdiger! daß jener nicht unwerth iſt, neben
Ihnen genannt zu werden, und daß ich nicht unbillig ſeinen
treuen ſtillen Ernſt, und ſein geſchichtliches Daſtehn mit dem
verglich, das aus Ihnen zu mir ſprach, und mir iſt es, als
hätte ich mich einer längſt verſchuldeten Pflicht entledigt, daß
ich Ihnen von dieſem Mann endlich geſprochen habe! — Die
Geſchichte rauſcht vorüber im Sturme, und die Nachwelt erfährt
nicht, welches Licht im Verborgenen dieſe Zeit durchleuchtete;
ſie trägt wohl gar die Klage und den Vorwurf mit hinüber,
daß arm die Deutſchen in ihr geweſen an großen Talenten für
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/324>, abgerufen am 22.11.2024.
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