geiziger Menschen, unter denen einige Brave in Unthätigkeit be¬ graben sind. -- Die Klubs tyrannisiren das Volk. Ihre Mit¬ glieder sind der neue Adel. -- Man fängt an, vorzüglich die Jakobiner zu hassen. Aristokraten gibt's in Menge, Demokraten noch mehr, und dennoch sind nur hier und da zwei und zwei Köpfe einig. -- Es gibt so viel Arten von Demokraten, als es Modefarben gibt. Der klügste Theil ist der bescheidenste, und seufzt im Stillen. Viele Demokraten sind dies aus Eigensinn und Verzweiflung. Viele sind wirklich hingerissen von der ideali¬ schen Schönheit der französischen Constitution. Sie sehen nicht ein, daß sie nur ein Ideal ist, wie die Republik des Plato. Sie meinen, es müsse und müsse gehen können; da doch ein Werk wie die Constitution, bei einem Volke, wie das französische, so viele Reibung gibt, daß sie ewig nicht gehen kann. -- -- -- Der einzelnen Unordnungen, die aus dem Zustande des Gouver¬ nements fließen, sind viel; aber die Franzosen sind von Natur sanft und freundlich und gesittet, -- sonst würden sie ohne Grän¬ zen sein. -- Wer nicht unvernünftig ist, kann sehr ungestört hier leben. Und für den Beobachter ist der Aufenthalt sehr interessant. Es wimmelt von auswärtigen Kaufleuten, die we¬ gen der Wohlfeile der Waaren, in Rücksicht auf den niedrigen Kurs des Papiergeldes, beim Einkauf der französischen Produkte ihre Rechnung finden, und welche die Thätigkeit der Manufaktu¬ ren und Fabriken des Landes fast erschöpfen. -- Der Tod des Kaisers hat viele Köpfe auf einige Tage schwindlich vor Freude gemacht. Die Jakobiner betrauern ihn mit scharlachrothen Mützen. -- --
Ich danke nochmals, liebe Frau Base! für Ihren gütigen Brief, dessen Zurechtweisungen ich mir gewiß zu Nutzen machen werde, nur muß ich Sie bitten, sowohl in diesem als in allen meinen Briefen, der Eile, womit sie geschrieben werden, etwas
geiziger Menſchen, unter denen einige Brave in Unthaͤtigkeit be¬ graben ſind. — Die Klubs tyranniſiren das Volk. Ihre Mit¬ glieder ſind der neue Adel. — Man faͤngt an, vorzuͤglich die Jakobiner zu haſſen. Ariſtokraten gibt's in Menge, Demokraten noch mehr, und dennoch ſind nur hier und da zwei und zwei Koͤpfe einig. — Es gibt ſo viel Arten von Demokraten, als es Modefarben gibt. Der kluͤgſte Theil iſt der beſcheidenſte, und ſeufzt im Stillen. Viele Demokraten ſind dies aus Eigenſinn und Verzweiflung. Viele ſind wirklich hingeriſſen von der ideali¬ ſchen Schoͤnheit der franzoͤſiſchen Conſtitution. Sie ſehen nicht ein, daß ſie nur ein Ideal iſt, wie die Republik des Plato. Sie meinen, es muͤſſe und muͤſſe gehen koͤnnen; da doch ein Werk wie die Conſtitution, bei einem Volke, wie das franzoͤſiſche, ſo viele Reibung gibt, daß ſie ewig nicht gehen kann. — — — Der einzelnen Unordnungen, die aus dem Zuſtande des Gouver¬ nements fließen, ſind viel; aber die Franzoſen ſind von Natur ſanft und freundlich und geſittet, — ſonſt wuͤrden ſie ohne Graͤn¬ zen ſein. — Wer nicht unvernuͤnftig iſt, kann ſehr ungeſtoͤrt hier leben. Und fuͤr den Beobachter iſt der Aufenthalt ſehr intereſſant. Es wimmelt von auswaͤrtigen Kaufleuten, die we¬ gen der Wohlfeile der Waaren, in Ruͤckſicht auf den niedrigen Kurs des Papiergeldes, beim Einkauf der franzoͤſiſchen Produkte ihre Rechnung finden, und welche die Thaͤtigkeit der Manufaktu¬ ren und Fabriken des Landes faſt erſchoͤpfen. — Der Tod des Kaiſers hat viele Koͤpfe auf einige Tage ſchwindlich vor Freude gemacht. Die Jakobiner betrauern ihn mit ſcharlachrothen Muͤtzen. — —
Ich danke nochmals, liebe Frau Baſe! fuͤr Ihren guͤtigen Brief, deſſen Zurechtweiſungen ich mir gewiß zu Nutzen machen werde, nur muß ich Sie bitten, ſowohl in dieſem als in allen meinen Briefen, der Eile, womit ſie geſchrieben werden, etwas
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geiziger Menſchen, unter denen einige Brave in Unthaͤtigkeit be¬
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glieder ſind der neue Adel. — Man faͤngt an, vorzuͤglich die
Jakobiner zu haſſen. Ariſtokraten gibt's in Menge, Demokraten
noch mehr, und dennoch ſind nur hier und da zwei und zwei
Koͤpfe einig. — Es gibt ſo viel Arten von Demokraten, als es
Modefarben gibt. Der kluͤgſte Theil iſt der beſcheidenſte, und
ſeufzt im Stillen. Viele Demokraten ſind dies aus Eigenſinn
und Verzweiflung. Viele ſind wirklich hingeriſſen von der ideali¬
ſchen Schoͤnheit der franzoͤſiſchen Conſtitution. Sie ſehen nicht
ein, daß ſie nur ein Ideal iſt, wie die Republik des Plato. Sie
meinen, es muͤſſe und muͤſſe gehen koͤnnen; da doch ein Werk
wie die Conſtitution, bei einem Volke, wie das franzoͤſiſche, ſo
viele Reibung gibt, daß ſie ewig nicht gehen kann. — — —
Der einzelnen Unordnungen, die aus dem Zuſtande des Gouver¬
nements fließen, ſind viel; aber die Franzoſen ſind von Natur
ſanft und freundlich und geſittet, — ſonſt wuͤrden ſie ohne Graͤn¬
zen ſein. — Wer nicht unvernuͤnftig iſt, kann ſehr ungeſtoͤrt
hier leben. Und fuͤr den Beobachter iſt der Aufenthalt ſehr
intereſſant. Es wimmelt von auswaͤrtigen Kaufleuten, die we¬
gen der Wohlfeile der Waaren, in Ruͤckſicht auf den niedrigen
Kurs des Papiergeldes, beim Einkauf der franzoͤſiſchen Produkte
ihre Rechnung finden, und welche die Thaͤtigkeit der Manufaktu¬
ren und Fabriken des Landes faſt erſchoͤpfen. — Der Tod des
Kaiſers hat viele Koͤpfe auf einige Tage ſchwindlich vor Freude
gemacht. Die Jakobiner betrauern ihn mit ſcharlachrothen
Muͤtzen. — —
Ich danke nochmals, liebe Frau Baſe! fuͤr Ihren guͤtigen
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werde, nur muß ich Sie bitten, ſowohl in dieſem als in allen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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