Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

begängniß gab die große Anzahl und die innige Trauer
seiner Freunde und Verehrer zu erkennen. Er hinterließ
einen Sohn und zwei Töchter, sämmtlich verheirathet,
und acht Enkel; ein würdiger Familienkreis, in dessen
Mitte er seine glücklichsten Stunden zugebracht. Auch
die Gegenwart einer Schwester, in welcher ein dem
seinigen verwandter Karakter ihn mit großer Innigkeit
ansprach, hatte seinen letzten Lebensjahren erhöhte An¬
nehmlichkeit gegeben. Seine Frau war nach langwieri¬
ger Kränklichkeit schon vor mehreren Jahren ihm vor¬
angegangen.

Ueber Erhards persönlichen Karakter herrscht bei
Allen, die ihn kannten, nur Eine Stimme. Als tief¬
sten Grund aller seiner Ansichten, seines Strebens und
Wirkens müssen wir die strengste Sittlichkeit angeben,
auf die er alles zurückführte; sein ganzes Denken und
Trachten blieb unter allen Umständen zuerst auf Wahr¬
heit und Recht hingewandt, verbunden mit der ächte¬
sten Menschenfreundlichkeit, die er wohlwollend und un¬
eigennützig, aber auch fern von aller gleißnerischen
Ziererei, für alle seine Mitbrüder hegte und bewies,
deren Tausende in ihm nicht bloß den geschickten Arzt,
sondern auch den bewährten Freund und Rathgeber, den
gütigen Wohlthäter ehrten. Sein großer Verstand,
seine unermeßliche Gelehrsamkeit, sein freundlicher, an¬
spruchloser und doch -- könnte man sagen -- stolzer
Sinn machten seinen Umgang eben so lehrreich als an¬

begaͤngniß gab die große Anzahl und die innige Trauer
ſeiner Freunde und Verehrer zu erkennen. Er hinterließ
einen Sohn und zwei Toͤchter, ſaͤmmtlich verheirathet,
und acht Enkel; ein wuͤrdiger Familienkreis, in deſſen
Mitte er ſeine gluͤcklichſten Stunden zugebracht. Auch
die Gegenwart einer Schweſter, in welcher ein dem
ſeinigen verwandter Karakter ihn mit großer Innigkeit
anſprach, hatte ſeinen letzten Lebensjahren erhoͤhte An¬
nehmlichkeit gegeben. Seine Frau war nach langwieri¬
ger Kraͤnklichkeit ſchon vor mehreren Jahren ihm vor¬
angegangen.

Ueber Erhards perſoͤnlichen Karakter herrſcht bei
Allen, die ihn kannten, nur Eine Stimme. Als tief¬
ſten Grund aller ſeiner Anſichten, ſeines Strebens und
Wirkens muͤſſen wir die ſtrengſte Sittlichkeit angeben,
auf die er alles zuruͤckfuͤhrte; ſein ganzes Denken und
Trachten blieb unter allen Umſtaͤnden zuerſt auf Wahr¬
heit und Recht hingewandt, verbunden mit der aͤchte¬
ſten Menſchenfreundlichkeit, die er wohlwollend und un¬
eigennuͤtzig, aber auch fern von aller gleißneriſchen
Ziererei, fuͤr alle ſeine Mitbruͤder hegte und bewies,
deren Tauſende in ihm nicht bloß den geſchickten Arzt,
ſondern auch den bewaͤhrten Freund und Rathgeber, den
guͤtigen Wohlthaͤter ehrten. Sein großer Verſtand,
ſeine unermeßliche Gelehrſamkeit, ſein freundlicher, an¬
ſpruchloſer und doch — koͤnnte man ſagen — ſtolzer
Sinn machten ſeinen Umgang eben ſo lehrreich als an¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0290" n="276"/>
bega&#x0364;ngniß gab die große Anzahl und die innige Trauer<lb/>
&#x017F;einer Freunde und Verehrer zu erkennen. Er hinterließ<lb/>
einen Sohn und zwei To&#x0364;chter, &#x017F;a&#x0364;mmtlich verheirathet,<lb/>
und acht Enkel; ein wu&#x0364;rdiger Familienkreis, in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Mitte er &#x017F;eine glu&#x0364;cklich&#x017F;ten Stunden zugebracht. Auch<lb/>
die Gegenwart einer Schwe&#x017F;ter, in welcher ein dem<lb/>
&#x017F;einigen verwandter Karakter ihn mit großer Innigkeit<lb/>
an&#x017F;prach, hatte &#x017F;einen letzten Lebensjahren erho&#x0364;hte An¬<lb/>
nehmlichkeit gegeben. Seine Frau war nach langwieri¬<lb/>
ger Kra&#x0364;nklichkeit &#x017F;chon vor mehreren Jahren ihm vor¬<lb/>
angegangen.</p><lb/>
            <p>Ueber Erhards per&#x017F;o&#x0364;nlichen Karakter herr&#x017F;cht bei<lb/>
Allen, die ihn kannten, nur Eine Stimme. Als tief¬<lb/>
&#x017F;ten Grund aller &#x017F;einer An&#x017F;ichten, &#x017F;eines Strebens und<lb/>
Wirkens mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir die &#x017F;treng&#x017F;te Sittlichkeit angeben,<lb/>
auf die er alles zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hrte; &#x017F;ein ganzes Denken und<lb/>
Trachten blieb unter allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden zuer&#x017F;t auf Wahr¬<lb/>
heit und Recht hingewandt, verbunden mit der a&#x0364;chte¬<lb/>
&#x017F;ten Men&#x017F;chenfreundlichkeit, die er wohlwollend und un¬<lb/>
eigennu&#x0364;tzig, aber auch fern von aller gleißneri&#x017F;chen<lb/>
Ziererei, fu&#x0364;r alle &#x017F;eine Mitbru&#x0364;der hegte und bewies,<lb/>
deren Tau&#x017F;ende in ihm nicht bloß den ge&#x017F;chickten Arzt,<lb/>
&#x017F;ondern auch den bewa&#x0364;hrten Freund und Rathgeber, den<lb/>
gu&#x0364;tigen Wohltha&#x0364;ter ehrten. Sein großer Ver&#x017F;tand,<lb/>
&#x017F;eine unermeßliche Gelehr&#x017F;amkeit, &#x017F;ein freundlicher, an¬<lb/>
&#x017F;pruchlo&#x017F;er und doch &#x2014; ko&#x0364;nnte man &#x017F;agen &#x2014; &#x017F;tolzer<lb/>
Sinn machten &#x017F;einen Umgang eben &#x017F;o lehrreich als an¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0290] begaͤngniß gab die große Anzahl und die innige Trauer ſeiner Freunde und Verehrer zu erkennen. Er hinterließ einen Sohn und zwei Toͤchter, ſaͤmmtlich verheirathet, und acht Enkel; ein wuͤrdiger Familienkreis, in deſſen Mitte er ſeine gluͤcklichſten Stunden zugebracht. Auch die Gegenwart einer Schweſter, in welcher ein dem ſeinigen verwandter Karakter ihn mit großer Innigkeit anſprach, hatte ſeinen letzten Lebensjahren erhoͤhte An¬ nehmlichkeit gegeben. Seine Frau war nach langwieri¬ ger Kraͤnklichkeit ſchon vor mehreren Jahren ihm vor¬ angegangen. Ueber Erhards perſoͤnlichen Karakter herrſcht bei Allen, die ihn kannten, nur Eine Stimme. Als tief¬ ſten Grund aller ſeiner Anſichten, ſeines Strebens und Wirkens muͤſſen wir die ſtrengſte Sittlichkeit angeben, auf die er alles zuruͤckfuͤhrte; ſein ganzes Denken und Trachten blieb unter allen Umſtaͤnden zuerſt auf Wahr¬ heit und Recht hingewandt, verbunden mit der aͤchte¬ ſten Menſchenfreundlichkeit, die er wohlwollend und un¬ eigennuͤtzig, aber auch fern von aller gleißneriſchen Ziererei, fuͤr alle ſeine Mitbruͤder hegte und bewies, deren Tauſende in ihm nicht bloß den geſchickten Arzt, ſondern auch den bewaͤhrten Freund und Rathgeber, den guͤtigen Wohlthaͤter ehrten. Sein großer Verſtand, ſeine unermeßliche Gelehrſamkeit, ſein freundlicher, an¬ ſpruchloſer und doch — koͤnnte man ſagen — ſtolzer Sinn machten ſeinen Umgang eben ſo lehrreich als an¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/290
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/290>, abgerufen am 23.11.2024.