unter der Staubhülle an himmlische Reinheit, gern und heitrer alsbald, sich Herzensdemuth.
* Des Menschen Seele Gleicht dem Wasser: Vom Himmel kommt es, Zum Himmel steigt es, Und wieder nieder Zur Erde muß es, Ewig wechselnd.
Goethe.
8. Fernspur und Fußraum.
Auf unbegränztem Zeitenmeere gehorcht des Mensch¬ thums Entdeckungsfahrt unserm engen Regelsinne zwar nicht: doch bedarf im sterblichen Leben der Gattungs¬ keime vielartiges Saatfeld mancher eindämmenden Schutz¬ wehr; uns Erdbewohnern heißend, gesetzliche Freiheit des Bürgers: drum erweitert mehr sich diese und mehr durch wachsende Kunst unsers Fernblicks; prüft Recht und Pflicht aller sinnlichen Waltung, bis ausgemessen, abgewogen dastehn, für lebende Bürgerwelt, des jüngst¬ gebildeten Tages rechtliche Hemmkraft; härter nie zügelnd, als heut noch billig, denn sinnlichen Zögling geistiger Ewigkeit. *
* Bedürfniß, Noth und Gefahr, trieben zwischen des Mittelalters Ritter- und Pfaffenthum einen dritten Stand her¬ vor, der gleichsam das arme Blut unsers großen, wirksamen Staatenkörpers sein muß, oder es fällt der Körper in Verwesung.
unter der Staubhuͤlle an himmliſche Reinheit, gern und heitrer alsbald, ſich Herzensdemuth.
* Des Menſchen Seele Gleicht dem Waſſer: Vom Himmel kommt es, Zum Himmel ſteigt es, Und wieder nieder Zur Erde muß es, Ewig wechſelnd.
Goethe.
8. Fernſpur und Fußraum.
Auf unbegraͤnztem Zeitenmeere gehorcht des Menſch¬ thums Entdeckungsfahrt unſerm engen Regelſinne zwar nicht: doch bedarf im ſterblichen Leben der Gattungs¬ keime vielartiges Saatfeld mancher eindaͤmmenden Schutz¬ wehr; uns Erdbewohnern heißend, geſetzliche Freiheit des Buͤrgers: drum erweitert mehr ſich dieſe und mehr durch wachſende Kunſt unſers Fernblicks; pruͤft Recht und Pflicht aller ſinnlichen Waltung, bis ausgemeſſen, abgewogen daſtehn, fuͤr lebende Buͤrgerwelt, des juͤngſt¬ gebildeten Tages rechtliche Hemmkraft; haͤrter nie zuͤgelnd, als heut noch billig, denn ſinnlichen Zoͤgling geiſtiger Ewigkeit. *
* Bedürfniß, Noth und Gefahr, trieben zwiſchen des Mittelalters Ritter- und Pfaffenthum einen dritten Stand her¬ vor, der gleichſam das arme Blut unſers großen, wirkſamen Staatenkörpers ſein muß, oder es fällt der Körper in Verweſung.
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unter der Staubhuͤlle an himmliſche Reinheit, gern und
heitrer alsbald, ſich Herzensdemuth.
* Des Menſchen Seele
Gleicht dem Waſſer:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel ſteigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechſelnd.
Goethe.
8. Fernſpur und Fußraum.
Auf unbegraͤnztem Zeitenmeere gehorcht des Menſch¬
thums Entdeckungsfahrt unſerm engen Regelſinne zwar
nicht: doch bedarf im ſterblichen Leben der Gattungs¬
keime vielartiges Saatfeld mancher eindaͤmmenden Schutz¬
wehr; uns Erdbewohnern heißend, geſetzliche Freiheit
des Buͤrgers: drum erweitert mehr ſich dieſe und mehr
durch wachſende Kunſt unſers Fernblicks; pruͤft Recht
und Pflicht aller ſinnlichen Waltung, bis ausgemeſſen,
abgewogen daſtehn, fuͤr lebende Buͤrgerwelt, des juͤngſt¬
gebildeten Tages rechtliche Hemmkraft; haͤrter nie zuͤgelnd,
als heut noch billig, denn ſinnlichen Zoͤgling geiſtiger
Ewigkeit. *
* Bedürfniß, Noth und Gefahr, trieben zwiſchen des
Mittelalters Ritter- und Pfaffenthum einen dritten Stand her¬
vor, der gleichſam das arme Blut unſers großen, wirkſamen
Staatenkörpers ſein muß, oder es fällt der Körper in Verweſung.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/199>, abgerufen am 21.11.2024.
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