weiter. In der Nähe von Braunseifen wurde er des Weges unsicher, seine Erkundigungen machten ihn ver¬ dächtig, er wurde angehalten und vor den Dorfschulzen geführt. Dieser wußte nichts von Staatsgefangenen, hielt aber den Fremden für einen Landstreicher, und wollte ihn nicht sogleich losgeben. Lafayette benahm sich jedoch so klug und gemessen, daß man schon im Begriff war, ihn wieder fortreiten zu lassen, als ihn ein Ladendiener, vielleicht der einzige Mensch in der ganzen Gegend, der ihn so genau gesehen hatte, erkannte und namhaft machte. Man hielt ihn nun auf's neue fest, ohne jedoch seine Wichtigkeit zu ahnen. Aus Olmütz hatte man ihm auf der großen Straße nach¬ gesetzt, und glaubte, in Bollmanns Spur die seinige zu haben; an die Nebenstraße hatte Niemand gedacht. Drei Tage lang saß er hier, wo die Kühnheit und Gewandtheit seiner Freunde ihn noch allenfalls hätten freimachen können; erst am vierten Tage kam auf die spät empfangene Meldung ein Commando von Olmütz, um ihn dahin abzuholen. Er wurde in strengsten Ge¬ wahrsam genommen, und in sein früheres Gefängniß zurückgebracht. Dies war für ihn der Ausgang des allzu kühnen und doch wunderbar schon halb gelungenen Unternehmens! Bekanntlich blieb er seitdem noch drei Jahre in Gefangenschaft, bis die österreichische Regierung endlich einwilligte, ihn gegen andre Gefangene, welche die französische Republik für ihn losgab, auszuwechseln.
weiter. In der Naͤhe von Braunſeifen wurde er des Weges unſicher, ſeine Erkundigungen machten ihn ver¬ daͤchtig, er wurde angehalten und vor den Dorfſchulzen gefuͤhrt. Dieſer wußte nichts von Staatsgefangenen, hielt aber den Fremden fuͤr einen Landſtreicher, und wollte ihn nicht ſogleich losgeben. Lafayette benahm ſich jedoch ſo klug und gemeſſen, daß man ſchon im Begriff war, ihn wieder fortreiten zu laſſen, als ihn ein Ladendiener, vielleicht der einzige Menſch in der ganzen Gegend, der ihn ſo genau geſehen hatte, erkannte und namhaft machte. Man hielt ihn nun auf's neue feſt, ohne jedoch ſeine Wichtigkeit zu ahnen. Aus Olmuͤtz hatte man ihm auf der großen Straße nach¬ geſetzt, und glaubte, in Bollmanns Spur die ſeinige zu haben; an die Nebenſtraße hatte Niemand gedacht. Drei Tage lang ſaß er hier, wo die Kuͤhnheit und Gewandtheit ſeiner Freunde ihn noch allenfalls haͤtten freimachen koͤnnen; erſt am vierten Tage kam auf die ſpaͤt empfangene Meldung ein Commando von Olmuͤtz, um ihn dahin abzuholen. Er wurde in ſtrengſten Ge¬ wahrſam genommen, und in ſein fruͤheres Gefaͤngniß zuruͤckgebracht. Dies war fuͤr ihn der Ausgang des allzu kuͤhnen und doch wunderbar ſchon halb gelungenen Unternehmens! Bekanntlich blieb er ſeitdem noch drei Jahre in Gefangenſchaft, bis die oͤſterreichiſche Regierung endlich einwilligte, ihn gegen andre Gefangene, welche die franzoͤſiſche Republik fuͤr ihn losgab, auszuwechſeln.
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weiter. In der Naͤhe von Braunſeifen wurde er des
Weges unſicher, ſeine Erkundigungen machten ihn ver¬
daͤchtig, er wurde angehalten und vor den Dorfſchulzen
gefuͤhrt. Dieſer wußte nichts von Staatsgefangenen,
hielt aber den Fremden fuͤr einen Landſtreicher, und
wollte ihn nicht ſogleich losgeben. Lafayette benahm
ſich jedoch ſo klug und gemeſſen, daß man ſchon im
Begriff war, ihn wieder fortreiten zu laſſen, als ihn
ein Ladendiener, vielleicht der einzige Menſch in der
ganzen Gegend, der ihn ſo genau geſehen hatte, erkannte
und namhaft machte. Man hielt ihn nun auf's neue
feſt, ohne jedoch ſeine Wichtigkeit zu ahnen. Aus
Olmuͤtz hatte man ihm auf der großen Straße nach¬
geſetzt, und glaubte, in Bollmanns Spur die ſeinige
zu haben; an die Nebenſtraße hatte Niemand gedacht.
Drei Tage lang ſaß er hier, wo die Kuͤhnheit und
Gewandtheit ſeiner Freunde ihn noch allenfalls haͤtten
freimachen koͤnnen; erſt am vierten Tage kam auf die
ſpaͤt empfangene Meldung ein Commando von Olmuͤtz,
um ihn dahin abzuholen. Er wurde in ſtrengſten Ge¬
wahrſam genommen, und in ſein fruͤheres Gefaͤngniß
zuruͤckgebracht. Dies war fuͤr ihn der Ausgang des
allzu kuͤhnen und doch wunderbar ſchon halb gelungenen
Unternehmens! Bekanntlich blieb er ſeitdem noch drei
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endlich einwilligte, ihn gegen andre Gefangene, welche
die franzoͤſiſche Republik fuͤr ihn losgab, auszuwechſeln.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/104>, abgerufen am 22.11.2024.
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