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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele/ so werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte über die Provintzen Laar und Daraab/ mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder Landschafften/ zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth/ besehen und eröffnen die Pittschafften/ wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen 20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein/ so vor den Eingang geweltzet worden/ hinweg schaffen/ worvon alsdann einer/ das Hartz abzuschaben/ eingelassen wird/ welcher zu diesem End einen eisernen Löffel/ so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist/ bey sich hat/ und damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken habe/ ausser der Scham gantz nackend ist/ auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun dieser Einsammler hinein kommet/ kratzet er alles/ was sich das Jahr über allda angesetzet hat/ herunter/ welches ohngefehr ein Stund wäret/ unter welcher Zeit die übrigen in ihrem Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen / überlieffert er die Mumiam/ und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne Schale/ daß die Beamte erkennen mögen/ ob er irgend an statt des Wassers Urin in den Mund genommen habe: ja sie begreiffe auch seine heimlich Glieder/ worauf er alsdann nach Befinden auß dem Zelt geführet und absolviret wird. Die Mumia aber wird sobalden beym Feuer zerlassen/ damit sich der Sand und Steinlein zu Boden setzen: worauf der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird/ welche gemeiniglich 25. Mescalod[unleserliches Material] etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse wird endlich von 5. der vornehmsten Beampten/ so dieser Versammlung beygewohnt haben/ in die Königliche Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht/ das Unreine aber/ so übrig geblieben/ dörffen die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen/ versiegelt / und also der gantze Actus geendiget wird.

Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte/ so der Alten Vorfahren Mumian beygeleget worden/ es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen/ daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig Tagen/ und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag/ an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag / wann sie nur wohl gefüget worden/ zusammen heilen/ und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen/ nach der Einrichtung der Glieder/ an statt eines Pflasters aufzureitzen/ und damit zu verbinden: innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet/ und gegen innerliche Apostemen/ Geschwäre/ geronnen Geblüt/ Brüche und andere Zufälle/ welche nach schwerem und hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen/ genossen werden kan. Zu welchem End beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen/ davon ein Theil auf einTüchlein gestrichen/ und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget/ das übrige aber / ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird/ doch also/ daß es die Zähne nicht berühre/ welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig halten/ daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen / und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumia secundaria, welche an statt der raren undkostbaren genommen/ doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung/ als sonsten ein solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusammen heilet / biß endlich/ da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend vernichtete / solche Krafft/ in Beyseyn vieler Leute/ mit der rechten Königlichen Mumien/ deren er ein Stücklein hatte/ auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete/ um also seines bekannten und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren Darabischen Mumien etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß/ das ist 2. Gran oder weniger/ und dreymahl soviel von der schlechtern Sorte/ um die vorige damit zu incorporiren/ gabe mir alles in einem halben Löffelvoll Butter/ über den Kohlen zu zerlassen.

Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen/ daß die Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet/ und ein Läplein mit unserm Balsam warm um die Fractur gebunden/ und mit Compresten verwahret: was aber von dem Balsam übrig geblieben/ hat man dem Hühngen eingeschüttet/ und dasselbige in einem engen und dunckelem Orth gehalten/ und solches alles auf Geheiß desjenigen/ so die Mumie darzu hergabe. Des andern Tages/ als die vorige Zuschauer wieder zusammmen geruffen worden/ wurde das Gebände gelöset/ und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet/ welches nicht allein hurtig und munder/ doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig hinckend fortgelauffen / sondern auch/ als ob es keine Schmertzen füylete/ die übrige Hüner angefallen/ und von der Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte/ daß in solcher Zeit sich an einem Bein/ so fast ohne Blut/ so viel Nahrung und Materie/ als zu Zeugung eines Callierfordert wird/ sammlen könne/ so habe das Bein selbsten/ nach eröffneter Wunde angeschauet/ und gefunden/ daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener gewesen/ als sonsten gewöhnlich ist/ und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello separiret[unleserliches Material]/ ware das Periostium sehr dick/ und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine Binde/ wodurch die Splitter zusammen gehalten und fest gestellet wurden: an statt aber daß

an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele/ so werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte über die Provintzen Laar und Daraab/ mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder Landschafften/ zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth/ besehen und eröffnen die Pittschafften/ wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen 20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein/ so vor den Eingang geweltzet worden/ hinweg schaffen/ worvon alsdann einer/ das Hartz abzuschaben/ eingelassen wird/ welcher zu diesem End einen eisernen Löffel/ so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist/ bey sich hat/ und damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken habe/ ausser der Scham gantz nackend ist/ auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun dieser Einsammler hinein kommet/ kratzet er alles/ was sich das Jahr über allda angesetzet hat/ herunter/ welches ohngefehr ein Stund wäret/ unter welcher Zeit die übrigen in ihrem Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen / überlieffert er die Mumiam/ und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne Schale/ daß die Beamte erkeñen mögen/ ob er irgend an statt des Wassers Urin in den Mund genom̃en habe: ja sie begreiffë auch seine heimlich Glieder/ worauf er alsdañ nach Befinden auß dem Zelt geführet uñ absolviret wird. Die Mumia aber wird sobalden beym Feuer zerlassen/ damit sich der Sand und Steinlein zu Boden setzen: worauf der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird/ welche gemeiniglich 25. Mescalod[unleserliches Material] etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse wird endlich von 5. der vornehmsten Beampten/ so dieser Versammlung beygewohnt haben/ in die Königliche Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht/ das Unreine aber/ so übrig geblieben/ dörffen die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen/ versiegelt / und also der gantze Actus geendiget wird.

Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte/ so der Alten Vorfahren Mumian beygeleget worden/ es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen/ daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig Tagen/ und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag/ an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag / wann sie nur wohl gefüget worden/ zusammen heilen/ und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen/ nach der Einrichtung der Glieder/ an statt eines Pflasters aufzureitzen/ und damit zu verbinden: innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet/ und gegen innerliche Apostemen/ Geschwäre/ geronnen Geblüt/ Brüche und andere Zufälle/ welche nach schwerem und hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen/ genossen werden kan. Zu welchem End beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen/ davon ein Theil auf einTüchlein gestrichen/ und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget/ das übrige aber / ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird/ doch also/ daß es die Zähne nicht berühre/ welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig halten/ daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen / und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumiâ secundariâ, welche an statt der raren undkostbaren genommen/ doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung/ als sonsten ein solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusam̃en heilet / biß endlich/ da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend vernichtete / solche Krafft/ in Beyseyn vieler Leute/ mit der rechten Königlichen Mumien/ deren er ein Stücklein hatte/ auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete/ um also seines bekannten und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren Darabischen Mumien etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß/ das ist 2. Gran oder weniger/ und dreymahl soviel von der schlechtern Sorte/ um die vorige damit zu incorporiren/ gabe mir alles in einem halben Löffelvoll Butter/ über den Kohlen zu zerlassen.

Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen/ daß die Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet/ und ein Läplein mit unserm Balsam warm um die Fractur gebunden/ uñ mit Compresten verwahret: was aber von dem Balsam übrig geblieben/ hat man dem Hühngen eingeschüttet/ und dasselbige in einem engen und dunckelem Orth gehalten/ und solches alles auf Geheiß desjenigen/ so die Mumie darzu hergabe. Des andern Tages/ als die vorige Zuschauer wieder zusam̃men geruffen worden/ wurde das Gebände gelöset/ und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet/ welches nicht allein hurtig und munder/ doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig hinckend fortgelauffen / sondern auch/ als ob es keine Schmertzen füylete/ die übrige Hüner angefallen/ und von der Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte/ daß in solcher Zeit sich an einem Bein/ so fast ohne Blut/ so viel Nahrung und Materie/ als zu Zeugung eines Callierfordert wird/ sammlen könne/ so habe das Bein selbsten/ nach eröffneter Wunde angeschauet/ und gefunden/ daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener gewesen/ als sonsten gewöhnlich ist/ und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello separiret[unleserliches Material]/ ware das Periostium sehr dick/ und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine Binde/ wodurch die Splitter zusam̃en gehalten und fest gestellet wurden: an statt aber daß

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an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele/ so       werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte       über die Provintzen Laar und Daraab/ mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder       Landschafften/ zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth/ besehen und eröffnen die       Pittschafften/ wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen       20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein/ so vor den Eingang geweltzet worden/ hinweg       schaffen/ worvon alsdann einer/ das Hartz abzuschaben/ eingelassen wird/ welcher zu diesem       End einen eisernen Löffel/ so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist/ bey sich hat/ und       damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken       habe/ ausser der Scham gantz nackend ist/ auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun       dieser Einsammler hinein kommet/ kratzet er alles/ was sich das Jahr über allda angesetzet       hat/ herunter/ welches ohngefehr ein Stund wäret/ unter welcher Zeit die übrigen in ihrem       Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen /       überlieffert er die Mumiam/ und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne       Schale/ daß die Beamte erken&#x0303;en mögen/ ob er irgend an statt des Wassers Urin in den       Mund genom&#x0303;en habe: ja sie begreiffë auch seine heimlich Glieder/ worauf er       alsdan&#x0303; nach Befinden auß dem Zelt geführet un&#x0303; absolviret wird. Die Mumia aber       wird sobalden beym Feuer zerlassen/ damit sich der Sand und Steinlein zu Boden setzen: worauf       der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird/ welche gemeiniglich 25.       Mescalod<gap reason="illegible"/> etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse wird endlich von       5. der vornehmsten Beampten/ so dieser Versammlung beygewohnt haben/ in die Königliche       Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht/ das Unreine aber/ so übrig geblieben/ dörffen       die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen/ versiegelt /       und also der gantze Actus geendiget wird.</p>
        <p>Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte/ so der Alten Vorfahren Mumian       beygeleget worden/ es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die       zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen/ daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig       Tagen/ und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag/ an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag /       wann sie nur wohl gefüget worden/ zusammen heilen/ und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen       können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen/ nach der       Einrichtung der Glieder/ an statt eines Pflasters aufzureitzen/ und damit zu verbinden:       innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet/ und gegen innerliche       Apostemen/ Geschwäre/ geronnen Geblüt/ Brüche und andere Zufälle/ welche nach schwerem und       hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen/ genossen werden kan. Zu welchem End       beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen/ davon ein Theil auf       einTüchlein gestrichen/ und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget/ das übrige aber /       ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird/ doch also/ daß es die Zähne       nicht berühre/ welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig       halten/ daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu       beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen /       und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumiâ secundariâ, welche an statt der raren       undkostbaren genommen/ doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung/ als sonsten ein       solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusam&#x0303;en heilet      / biß endlich/ da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend vernichtete      / solche Krafft/ in Beyseyn vieler Leute/ mit der rechten Königlichen Mumien/ deren er ein       Stücklein hatte/ auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete/ um also seines bekannten       und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren Darabischen Mumien       etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß/ das ist 2. Gran oder weniger/ und dreymahl soviel       von der schlechtern Sorte/ um die vorige damit zu incorporiren/ gabe mir alles in einem       halben Löffelvoll Butter/ über den Kohlen zu zerlassen.</p>
        <p>Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen/ daß die       Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet/ und ein Läplein mit unserm       Balsam warm um die Fractur gebunden/ un&#x0303; mit Compresten verwahret: was aber von dem       Balsam übrig geblieben/ hat man dem Hühngen eingeschüttet/ und dasselbige in einem engen und       dunckelem Orth gehalten/ und solches alles auf Geheiß desjenigen/ so die Mumie darzu hergabe.       Des andern Tages/ als die vorige Zuschauer wieder zusam&#x0303;men geruffen worden/ wurde das       Gebände gelöset/ und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet/ welches nicht allein hurtig und       munder/ doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig hinckend fortgelauffen /       sondern auch/ als ob es keine Schmertzen füylete/ die übrige Hüner angefallen/ und von der       Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte/ daß in solcher Zeit sich an einem       Bein/ so fast ohne Blut/ so viel Nahrung und Materie/ als zu Zeugung eines Callierfordert       wird/ sammlen könne/ so habe das Bein selbsten/ nach eröffneter Wunde angeschauet/ und       gefunden/ daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener gewesen/ als sonsten       gewöhnlich ist/ und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello separiret<gap reason="illegible"/>/ ware das       Periostium sehr dick/ und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine Binde/ wodurch die Splitter       zusam&#x0303;en gehalten und fest gestellet wurden: an statt aber daß
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[101/0757] an äusserlichem Schein oder auch mehrerem Zeugnüs ichtwas ermangele/ so werden jährlich diese Ceremonien darbey in acht genommen: Es begibt sich der höchste Beampte über die Provintzen Laar und Daraab/ mit den übrigen Königlichen Bedienten beyder Landschafften/ zu der bestimmten Zeit an obbemeldten Orth/ besehen und eröffnen die Pittschafften/ wormit das vorige Jahr die Krufft ware zugesiegelt worden: Nachmahlen müssen 20. starcke Persohnen den sehr grossen Stein/ so vor den Eingang geweltzet worden/ hinweg schaffen/ worvon alsdann einer/ das Hartz abzuschaben/ eingelassen wird/ welcher zu diesem End einen eisernen Löffel/ so mit einem Schnabel oder Sucher versehen ist/ bey sich hat/ und damit er in dieser dunckeln Einöde gantz keine Gelegenheit etwas zu rauben oder einzuschlucken habe/ ausser der Scham gantz nackend ist/ auch den Mund voll Wassers nehmen muß. Sobald nun dieser Einsammler hinein kommet/ kratzet er alles/ was sich das Jahr über allda angesetzet hat/ herunter/ welches ohngefehr ein Stund wäret/ unter welcher Zeit die übrigen in ihrem Zelt schmausiren und sich lustig machen. Wann er alsdann auß dem Brunnen hervor gekommen / überlieffert er die Mumiam/ und speyet zugleich das in Mund genommene Wasser in eine silberne Schale/ daß die Beamte erkeñen mögen/ ob er irgend an statt des Wassers Urin in den Mund genom̃en habe: ja sie begreiffë auch seine heimlich Glieder/ worauf er alsdañ nach Befinden auß dem Zelt geführet uñ absolviret wird. Die Mumia aber wird sobalden beym Feuer zerlassen/ damit sich der Sand und Steinlein zu Boden setzen: worauf der klare Theil in eine darzu gemachte silberne Büchs gegossen wird/ welche gemeiniglich 25. Mescalod_ etwas mehr als vier Untzen wiegen thut. Diese versiegelte Büchse wird endlich von 5. der vornehmsten Beampten/ so dieser Versammlung beygewohnt haben/ in die Königliche Residentz Sephahanum unverzüglich gebracht/ das Unreine aber/ so übrig geblieben/ dörffen die Commissarii wohl unter sich theilen; worauf der Eingang wieder geschlossen/ versiegelt / und also der gantze Actus geendiget wird. Diese Mumia hat alle diejenige Tugenden und Kräffte/ so der Alten Vorfahren Mumian beygeleget worden/ es sey gleich die Arabische oder Egyptische: absonderlich aber soll sie die zerbrochene Beine so kräfftig zusammen heilen/ daß auch die gröste Beinbrüche innerhalb wenig Tagen/ und zwar an kleinen Kindern in 3. Tag/ an jungen Hünern aber in einem eintzigen Tag / wann sie nur wohl gefüget worden/ zusammen heilen/ und wieder zum vorigen Gebrauch befestigen können; dahero ihr vornehmster Gebrauch äusserlich in Beinbrüchen und Verrenckungen/ nach der Einrichtung der Glieder/ an statt eines Pflasters aufzureitzen/ und damit zu verbinden: innerlich aber an statt eines vortrefflichen Wund - Balsams dienet/ und gegen innerliche Apostemen/ Geschwäre/ geronnen Geblüt/ Brüche und andere Zufälle/ welche nach schwerem und hohem Fallen den Gliedern allerhand Ungemach zufügen/ genossen werden kan. Zu welchem End beyderseits ein wenig von der Mumien in etwas Butter zerlassen/ davon ein Theil auf einTüchlein gestrichen/ und auf den wieder eingerichteten Fractur geleget/ das übrige aber / ohngefehr zu 5. Gran dem Patienten innerlich eingegeben wird/ doch also/ daß es die Zähne nicht berühre/ welchen sie schaden und wacklen machen solle; welches sie vor eine Anzeig halten/ daß diese edele Mumie nit verfälschet worden seye. In jungen Hünern brauchet man zu beydem Gebrauch nur 2. biß 3. Gran. Ich Hab öffters die Prob davon an jungen Hünern genommen / und zwar mit der schlechteren Sort oder Mumiâ secundariâ, welche an statt der raren undkostbaren genommen/ doch allemahl ohne sonderliche und grössere Würckung/ als sonsten ein solcher wohl eingerichteter und verbundener Beinbruch ohne dergl. Mumien zusam̃en heilet / biß endlich/ da ich dem Gouverneur von Laar die bißher so hochangerühmte Tugend vernichtete / solche Krafft/ in Beyseyn vieler Leute/ mit der rechten Königlichen Mumien/ deren er ein Stücklein hatte/ auf diese Art und Weise öffentlich an Tag legete/ um also seines bekannten und vertrauten Mißtrauen zuhintertreiben suchte: Er nahme von der kostbaren Darabischen Mumien etwas einer Linsen oder Küchen-Erbsen groß/ das ist 2. Gran oder weniger/ und dreymahl soviel von der schlechtern Sorte/ um die vorige damit zu incorporiren/ gabe mir alles in einem halben Löffelvoll Butter/ über den Kohlen zu zerlassen. Hierauf hab ich einem halbjährigen jungen Huhn das Bein gäntzlich entzwey gebrochen/ daß die Splitter durch die Haut gedrungen: hab es wieder eingerichtet/ und ein Läplein mit unserm Balsam warm um die Fractur gebunden/ uñ mit Compresten verwahret: was aber von dem Balsam übrig geblieben/ hat man dem Hühngen eingeschüttet/ und dasselbige in einem engen und dunckelem Orth gehalten/ und solches alles auf Geheiß desjenigen/ so die Mumie darzu hergabe. Des andern Tages/ als die vorige Zuschauer wieder zusam̃men geruffen worden/ wurde das Gebände gelöset/ und dem loßgelassenen Hühnlein vorgestreuet/ welches nicht allein hurtig und munder/ doch aber (wegen des Druckens der Compresten) ein wenig hinckend fortgelauffen / sondern auch/ als ob es keine Schmertzen füylete/ die übrige Hüner angefallen/ und von der Speiß abgebissen hat. Weilen ich aber nicht glauben konnte/ daß in solcher Zeit sich an einem Bein/ so fast ohne Blut/ so viel Nahrung und Materie/ als zu Zeugung eines Callierfordert wird/ sammlen könne/ so habe das Bein selbsten/ nach eröffneter Wunde angeschauet/ und gefunden/ daß die haut um die Wunde viel dicker und angezogener gewesen/ als sonsten gewöhnlich ist/ und nachdem ich dieselbige mit einem Sscalpello separiret_ / ware das Periostium sehr dick/ und umgabe den Orth des Beinbruchs wie eine Binde/ wodurch die Splitter zusam̃en gehalten und fest gestellet wurden: an statt aber daß

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/757>, abgerufen am 23.11.2024.