Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes/ oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm. Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen. §. 4. Denn/ was die Göldene Schrifft betrifft/ mit dergleichen Buchstaben auch das Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria/ als eine fürtreffliche Rarität geschicket worden/ wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu vermuthen/ daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold/ und also/ durch Beyhülff eines Pinsels/ die Buchstaben/ (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem/ oder zu mahlen/ sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten Griechischen Gemählden/ und Götzen-Bildern zu sehen ist/ das darauff-gebrachte Gold zwar herrlich und schön/ als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre/ ist zu sehen/ aber auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie/ auff membranen curiös zu schreiben/ zum Gold auch einen/ wiewol subtileren/ Grund gehabt/ und so viel mehr Kunst/ viel göldene Schrifft/ die nur dünne/ leserlich/ und beständig seyn solte / auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird/ und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt/ und sich viel mehr über die Länge der Haut/ von 120. Schuhen/ als wenn solche nothwendig von einem Stück müste gewesen seyn/ verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der (lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels/ pag. 1252.) aus dem Zonara, und noch älteremm Malcho Bizantio Sophista, dessen Werckes gedenckt/ nennet es ausdrücklich ein schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter/ derer Raum etwan insumma 120. Schuh außgetragen/ nicht aus vielen/ und zwar den besten Häuten/ membranen/ oder dergleichen/ seyn außerlesen worden? §. 5. Zu dem/ was dann die Proporrion des gar geringen Raumes/ gegen die grosse Anzahl der Verse belanget; so hab ich bereit erinnert/ das vielleicht auch deßhalben mehr/ als umb die kahle Drachen-Haut/ Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh/ derer ein jeder zu 12. Zollen gerechnet wird/ gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend / sieben hundert/ und fünff und neuntzig Verse/ die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn/ wo ich mich nicht/ wie leicht geschehen kan/ verzehlet/ so hat der gantze Homerus 27795. Verse/ salvo errore calculi. Nehmlich [Tabelle] §. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan/ und eine Summa von 27720. Versen/ darauß gemacht/ kommen auff jeden Zoll/ 192. und ein halber Vers. Wer wird diese untereinander/ auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber auch die 12. halbe oder 6. gantze Verse von einem jedwede Fuß hinweg/ daß also von de 120. Schuhe/ zu 27720. versen gerechnet/ 6. mal 120. verse/ das ist 720. abgezogen werden; so bleiben von itzt- gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes/ oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm. Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen. §. 4. Denn/ was die Göldene Schrifft betrifft/ mit dergleichen Buchstaben auch das Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria/ als eine fürtreffliche Rarität geschicket worden/ wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu vermuthen/ daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold/ und also/ durch Beyhülff eines Pinsels/ die Buchstaben/ (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem/ oder zu mahlen/ sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten Griechischen Gemählden/ uñ Götzen-Bildern zu sehen ist/ das darauff-gebrachte Gold zwar herrlich und schön/ als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre/ ist zu sehen/ aber auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie/ auff membranen curiös zu schreiben/ zum Gold auch einen/ wiewol subtileren/ Grund gehabt/ und so viel mehr Kunst/ viel göldene Schrifft/ die nur dünne/ leserlich/ und beständig seyn solte / auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird/ und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt/ und sich viel mehr über die Länge der Haut/ von 120. Schuhen/ als wenn solche nothwendig von einem Stück müste gewesen seyn/ verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der (lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels/ pag. 1252.) aus dem Zonarâ, und noch älterem̃ Malcho Bizantio Sophistâ, dessen Werckes gedenckt/ nennet es ausdrücklich ein schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter/ derer Raum etwan insumma 120. Schuh außgetragen/ nicht aus vielen/ und zwar den besten Häuten/ membranen/ oder dergleichen/ seyn außerlesen worden? §. 5. Zu dem/ was dann die Proporrion des gar geringen Raumes/ gegen die grosse Anzahl der Verse belanget; so hab ich bereit erinnert/ das vielleicht auch deßhalben mehr/ als umb die kahle Drachen-Haut/ Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh/ derer ein jeder zu 12. Zollen gerechnet wird/ gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend / sieben hundert/ und fünff und neuntzig Verse/ die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn/ wo ich mich nicht/ wie leicht geschehen kan/ verzehlet/ so hat der gantze Homerus 27795. Verse/ salvo errore calculi. Nehmlich [Tabelle] §. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan/ und eine Summa von 27720. Versen/ darauß gemacht/ kommen auff jeden Zoll/ 192. und ein halber Vers. Wer wird diese untereinander/ auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber auch die 12. halbe oder 6. gantzë Verse von einem jedwedë Fuß hinweg/ daß also von dë 120. Schuhë/ zu 27720. versen gerechnet/ 6. mal 120. verse/ das ist 720. abgezogen werden; so bleiben von itzt- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0629" n="65"/> gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes/ oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm. Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen.</p> <p>§. 4. Denn/ was die Göldene Schrifft betrifft/ mit dergleichen Buchstaben auch das Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria/ als eine fürtreffliche Rarität geschicket worden/ wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu vermuthen/ daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold/ und also/ durch Beyhülff eines Pinsels/ die Buchstaben/ (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem/ oder zu mahlen/ sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten Griechischen Gemählden/ uñ Götzen-Bildern zu sehen ist/ das darauff-gebrachte Gold zwar herrlich und schön/ als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre/ ist zu sehen/ aber auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie/ auff membranen curiös zu schreiben/ zum Gold auch einen/ wiewol subtileren/ Grund gehabt/ und so viel mehr Kunst/ viel göldene Schrifft/ die nur dünne/ leserlich/ und beständig seyn solte / auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird/ und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt/ und sich viel mehr über die Länge der Haut/ von 120. Schuhen/ als wenn solche nothwendig von einem Stück müste gewesen seyn/ verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der (lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels/ pag. 1252.) aus dem Zonarâ, und noch älterem̃ Malcho Bizantio Sophistâ, dessen Werckes gedenckt/ nennet es ausdrücklich ein schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter/ derer Raum etwan insumma 120. Schuh außgetragen/ nicht aus vielen/ und zwar den besten Häuten/ membranen/ oder dergleichen/ seyn außerlesen worden?</p> <p>§. 5. Zu dem/ was dann die Proporrion des gar geringen Raumes/ gegen die grosse Anzahl der Verse belanget; so hab ich bereit erinnert/ das vielleicht auch deßhalben mehr/ als umb die kahle Drachen-Haut/ Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh/ derer ein jeder zu 12. Zollen gerechnet wird/ gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend / sieben hundert/ und fünff und neuntzig Verse/ die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn/ wo ich mich nicht/ wie leicht geschehen kan/ verzehlet/ so hat der gantze Homerus 27795. Verse/ salvo errore calculi. Nehmlich</p> <table> <row> <cell/> </row> </table> <p>§. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan/ und eine Summa von 27720. Versen/ darauß gemacht/ kommen auff jeden Zoll/ 192. und ein halber Vers. Wer wird diese untereinander/ auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber auch die 12. halbe oder 6. gantzë Verse von einem jedwedë Fuß hinweg/ daß also von dë 120. Schuhë/ zu 27720. versen gerechnet/ 6. mal 120. verse/ das ist 720. abgezogen werden; so bleiben von itzt- </p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0629]
gleiche Falten und Blätter zusammen-gelegtes/ oder auff alte Runische Arth (vide Olaum Worm. Mus. lib. 4. cap. 12. pag 382.) rund-umgewunden- oder gerolltes Stück gewesen.
§. 4. Denn/ was die Göldene Schrifft betrifft/ mit dergleichen Buchstaben auch das Gesetz-Buch Gottes von Jerusalem dem König Ptolomäo nach Alexandria/ als eine fürtreffliche Rarität geschicket worden/ wie davon oben (cap. 2. §. 7.) gehandelt ist; so ist nicht zu vermuthen/ daß den damahligen Griechen das Muschel-Gold/ und also/ durch Beyhülff eines Pinsels/ die Buchstaben/ (wie heutiges Tages zwar) auffs allersubtileste zu schreibem/ oder zu mahlen/ sonderlich bekandt gewesen. Sondern gleich wie biß dato noch in uhr-alten Griechischen Gemählden/ uñ Götzen-Bildern zu sehen ist/ das darauff-gebrachte Gold zwar herrlich und schön/ als wenn es nur jüngst auffgetragen wäre/ ist zu sehen/ aber auff einem sonderbaren beständigen weiß- und rothen etwasdicken Grund: also werden sie/ auff membranen curiös zu schreiben/ zum Gold auch einen/ wiewol subtileren/ Grund gehabt/ und so viel mehr Kunst/ viel göldene Schrifft/ die nur dünne/ leserlich/ und beständig seyn solte / auf engen Raum zu bringen. Wenn derhalben von Scribenten derselbigen Homerischen göldenen Schrifft auff der Drachen-Haut gedacht wird/ und sie vielleicht die Künstlichkeit der Schrifft zu notabeniren dadurch verineinet; mögen viel Leser nicht eben so gar genau es gemerckt/ und sich viel mehr über die Länge der Haut/ von 120. Schuhen/ als wenn solche nothwendig von einem Stück müste gewesen seyn/ verwundert haben. Ja der fleissige Erasmus Francisci, der (lib. 4. Außländ. Kunst- und Sitten-Spiegels/ pag. 1252.) aus dem Zonarâ, und noch älterem̃ Malcho Bizantio Sophistâ, dessen Werckes gedenckt/ nennet es ausdrücklich ein schön und selten Buch. Warum können derhalben seine Blätter/ derer Raum etwan insumma 120. Schuh außgetragen/ nicht aus vielen/ und zwar den besten Häuten/ membranen/ oder dergleichen/ seyn außerlesen worden?
§. 5. Zu dem/ was dann die Proporrion des gar geringen Raumes/ gegen die grosse Anzahl der Verse belanget; so hab ich bereit erinnert/ das vielleicht auch deßhalben mehr/ als umb die kahle Drachen-Haut/ Scribenten zu thun gewesen. Man considerire doch 120. Schuh/ derer ein jeder zu 12. Zollen gerechnet wird/ gegendes Homeri ohngefehr sieben und zwantzig tausend / sieben hundert/ und fünff und neuntzig Verse/ die aus seinen Büchern Iliados und Odysseae sollen von Wort zu Wort da zu befinden gewesen seyn. Denn/ wo ich mich nicht/ wie leicht geschehen kan/ verzehlet/ so hat der gantze Homerus 27795. Verse/ salvo errore calculi. Nehmlich
§. 6. Diese Sumtua mit 120. dividirt, geben zu jedem Schuh 2310. Verse; und bleiben in allem noch 75. Verse übrig. Diese 75. aber so fern nur hinweggethan/ und eine Summa von 27720. Versen/ darauß gemacht/ kommen auff jeden Zoll/ 192. und ein halber Vers. Wer wird diese untereinander/ auff die Läng- oder Tieffe eines blossen Zolles bringen ? man thue dan aber auch die 12. halbe oder 6. gantzë Verse von einem jedwedë Fuß hinweg/ daß also von dë 120. Schuhë/ zu 27720. versen gerechnet/ 6. mal 120. verse/ das ist 720. abgezogen werden; so bleiben von itzt-
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/629>, abgerufen am 23.07.2024. |