Fragmente z. Gesetzlehre der individuellen Entwickelung.
und daher in keiner Rücksicht wahre und genügende Weise vor- genommen werden. -- Die Häute der Gefässe bestehen aus einem dichten durchsichtigen Stoffe, welcher viele Körnchen enthält; die Fasern in denselben bilden sich auf die bald anzugebende se- cundäre Weise.
6. Seiner Bedeutung nach ist das Herz ein grosses Central- gefäss. In seinen morphologischen Verhältnissen giebt sich dieses durch die individuelle Entwickelung sowohl, als durch die der Thierwelt deutlich zu erkennen. Noch sichtlicher ist dieses in seiner Histiologie und Histiogenie. Die innere Haut derselben ent- spricht der inneren Haut der Gefässe, dass aber seine sogenannte Muskulatur mit der Faserhaut der Gefässe genetisch zusammen- hänge, und diese auf einer höheren wiewohl verschiedenen Stufe der Ausbildung sey, werden wir bald durch ihre Entstehung bei Ge- legenheit der Fasergewebe überhaupt darzuthun Gelegenheit haben.
7. Der Urstoff des Darmrohres ist anfangs eine gleichmässige Masse mit vielen in ihr enthaltenen Körnchen. Sie sondert sich bald, wie die Rücken- und Bauchplatten, in drei Lagen, nämlich die Schleimhaut, die Muskelhaut und die seröse Haut. Die Schleim- haut zerfällt, wie die Hautschicht, in eine oberflächliche, sich häutende und eine untere, relativ persistirende Lage. Das Ge- webe der Schleimhaut ist eine durchsichtige, zähe, verbindende Masse von membranösem Charakter. Die in ihr enthaltenen Kü- gelchen sind von einer meist rundlichen Form und im Allgemei- nen grösser, als in der äusseren Haut. Die Muskelschicht entsteht aus der verbindenden Masse, und eben so die seröse Haut durch netzförmige Faserung in dieser (s. unten). --
8. Der Urstoff der Speicheldrüsen ist eine sehr zähe Gallerte, welche zerstreute Körnchen in sich enthält. Durch diese Gal- lerte werden auch die Organtheile derselben, die Gänge, gebildet. Diese bilden sich dadurch, dass die Masse an den Wandungen derselben sich verdichtet (ohne in gleichem Verhältnisse an Körn- chengehalt zu gewinnen), im Innern dagegen colliquescirt, zuletzt aber hohl wird. Die unten noch zu erwähnenden Fasern entste- hen, wie die der Arterienhäute.
9. Die Leber besteht zuerst aus einem Stoffe, welche dem des Darmkanales am nächsten steht, d. h. aus einer zähen Masse, welche ziemlich viele Körnchen zerstreut enthält. Späterhin hat die Masse selbst eine geringere Consistenz und eine noch
Fragmente z. Gesetzlehre der individuellen Entwickelung.
und daher in keiner Rücksicht wahre und genügende Weise vor- genommen werden. — Die Häute der Gefäſse bestehen aus einem dichten durchsichtigen Stoffe, welcher viele Körnchen enthält; die Fasern in denselben bilden sich auf die bald anzugebende se- cundäre Weise.
6. Seiner Bedeutung nach ist das Herz ein groſses Central- gefäſs. In seinen morphologischen Verhältnissen giebt sich dieses durch die individuelle Entwickelung sowohl, als durch die der Thierwelt deutlich zu erkennen. Noch sichtlicher ist dieses in seiner Histiologie und Histiogenie. Die innere Haut derselben ent- spricht der inneren Haut der Gefäſse, daſs aber seine sogenannte Muskulatur mit der Faserhaut der Gefäſse genetisch zusammen- hänge, und diese auf einer höheren wiewohl verschiedenen Stufe der Ausbildung sey, werden wir bald durch ihre Entstehung bei Ge- legenheit der Fasergewebe überhaupt darzuthun Gelegenheit haben.
7. Der Urstoff des Darmrohres ist anfangs eine gleichmäſsige Masse mit vielen in ihr enthaltenen Körnchen. Sie sondert sich bald, wie die Rücken- und Bauchplatten, in drei Lagen, nämlich die Schleimhaut, die Muskelhaut und die seröse Haut. Die Schleim- haut zerfällt, wie die Hautschicht, in eine oberflächliche, sich häutende und eine untere, relativ persistirende Lage. Das Ge- webe der Schleimhaut ist eine durchsichtige, zähe, verbindende Masse von membranösem Charakter. Die in ihr enthaltenen Kü- gelchen sind von einer meist rundlichen Form und im Allgemei- nen gröſser, als in der äuſseren Haut. Die Muskelschicht entsteht aus der verbindenden Masse, und eben so die seröse Haut durch netzförmige Faserung in dieser (s. unten). —
8. Der Urstoff der Speicheldrüsen ist eine sehr zähe Gallerte, welche zerstreute Körnchen in sich enthält. Durch diese Gal- lerte werden auch die Organtheile derselben, die Gänge, gebildet. Diese bilden sich dadurch, daſs die Masse an den Wandungen derselben sich verdichtet (ohne in gleichem Verhältnisse an Körn- chengehalt zu gewinnen), im Innern dagegen colliquescirt, zuletzt aber hohl wird. Die unten noch zu erwähnenden Fasern entste- hen, wie die der Arterienhäute.
9. Die Leber besteht zuerst aus einem Stoffe, welche dem des Darmkanales am nächsten steht, d. h. aus einer zähen Masse, welche ziemlich viele Körnchen zerstreut enthält. Späterhin hat die Masse selbst eine geringere Consistenz und eine noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0660"n="632"/><fwplace="top"type="header">Fragmente z. Gesetzlehre der individuellen Entwickelung.</fw><lb/>
und daher in keiner Rücksicht wahre und genügende Weise vor-<lb/>
genommen werden. — Die Häute der Gefäſse bestehen aus einem<lb/>
dichten durchsichtigen Stoffe, welcher viele Körnchen enthält;<lb/>
die Fasern in denselben bilden sich auf die bald anzugebende se-<lb/>
cundäre Weise.</p><lb/><p>6. Seiner Bedeutung nach ist das Herz ein groſses Central-<lb/>
gefäſs. In seinen morphologischen Verhältnissen giebt sich dieses<lb/>
durch die individuelle Entwickelung sowohl, als durch die der<lb/>
Thierwelt deutlich zu erkennen. Noch sichtlicher ist dieses in<lb/>
seiner Histiologie und Histiogenie. Die innere Haut derselben ent-<lb/>
spricht der inneren Haut der Gefäſse, daſs aber seine sogenannte<lb/>
Muskulatur mit der Faserhaut der Gefäſse genetisch zusammen-<lb/>
hänge, und diese auf einer höheren wiewohl verschiedenen Stufe<lb/>
der Ausbildung sey, werden wir bald durch ihre Entstehung bei Ge-<lb/>
legenheit der Fasergewebe überhaupt darzuthun Gelegenheit haben.</p><lb/><p>7. Der Urstoff des Darmrohres ist anfangs eine gleichmäſsige<lb/>
Masse mit vielen in ihr enthaltenen Körnchen. Sie sondert sich<lb/>
bald, wie die Rücken- und Bauchplatten, in drei Lagen, nämlich<lb/>
die Schleimhaut, die Muskelhaut und die seröse Haut. Die Schleim-<lb/>
haut zerfällt, wie die Hautschicht, in eine oberflächliche, sich<lb/>
häutende und eine untere, relativ persistirende Lage. Das Ge-<lb/>
webe der Schleimhaut ist eine durchsichtige, zähe, verbindende<lb/>
Masse von membranösem Charakter. Die in ihr enthaltenen Kü-<lb/>
gelchen sind von einer meist rundlichen Form und im Allgemei-<lb/>
nen gröſser, als in der äuſseren Haut. Die Muskelschicht entsteht<lb/>
aus der verbindenden Masse, und eben so die seröse Haut durch<lb/>
netzförmige Faserung in dieser (s. unten). —</p><lb/><p>8. Der Urstoff der Speicheldrüsen ist eine sehr zähe Gallerte,<lb/>
welche zerstreute Körnchen in sich enthält. Durch diese Gal-<lb/>
lerte werden auch die Organtheile derselben, die Gänge, gebildet.<lb/>
Diese bilden sich dadurch, daſs die Masse an den Wandungen<lb/>
derselben sich verdichtet (ohne in gleichem Verhältnisse an Körn-<lb/>
chengehalt zu gewinnen), im Innern dagegen colliquescirt, zuletzt<lb/>
aber hohl wird. Die unten noch zu erwähnenden Fasern entste-<lb/>
hen, wie die der Arterienhäute.</p><lb/><p>9. Die Leber besteht zuerst aus einem Stoffe, welche dem<lb/>
des Darmkanales am nächsten steht, d. h. aus einer zähen Masse,<lb/>
welche ziemlich viele Körnchen zerstreut enthält. Späterhin<lb/>
hat die Masse selbst eine geringere Consistenz und eine noch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[632/0660]
Fragmente z. Gesetzlehre der individuellen Entwickelung.
und daher in keiner Rücksicht wahre und genügende Weise vor-
genommen werden. — Die Häute der Gefäſse bestehen aus einem
dichten durchsichtigen Stoffe, welcher viele Körnchen enthält;
die Fasern in denselben bilden sich auf die bald anzugebende se-
cundäre Weise.
6. Seiner Bedeutung nach ist das Herz ein groſses Central-
gefäſs. In seinen morphologischen Verhältnissen giebt sich dieses
durch die individuelle Entwickelung sowohl, als durch die der
Thierwelt deutlich zu erkennen. Noch sichtlicher ist dieses in
seiner Histiologie und Histiogenie. Die innere Haut derselben ent-
spricht der inneren Haut der Gefäſse, daſs aber seine sogenannte
Muskulatur mit der Faserhaut der Gefäſse genetisch zusammen-
hänge, und diese auf einer höheren wiewohl verschiedenen Stufe
der Ausbildung sey, werden wir bald durch ihre Entstehung bei Ge-
legenheit der Fasergewebe überhaupt darzuthun Gelegenheit haben.
7. Der Urstoff des Darmrohres ist anfangs eine gleichmäſsige
Masse mit vielen in ihr enthaltenen Körnchen. Sie sondert sich
bald, wie die Rücken- und Bauchplatten, in drei Lagen, nämlich
die Schleimhaut, die Muskelhaut und die seröse Haut. Die Schleim-
haut zerfällt, wie die Hautschicht, in eine oberflächliche, sich
häutende und eine untere, relativ persistirende Lage. Das Ge-
webe der Schleimhaut ist eine durchsichtige, zähe, verbindende
Masse von membranösem Charakter. Die in ihr enthaltenen Kü-
gelchen sind von einer meist rundlichen Form und im Allgemei-
nen gröſser, als in der äuſseren Haut. Die Muskelschicht entsteht
aus der verbindenden Masse, und eben so die seröse Haut durch
netzförmige Faserung in dieser (s. unten). —
8. Der Urstoff der Speicheldrüsen ist eine sehr zähe Gallerte,
welche zerstreute Körnchen in sich enthält. Durch diese Gal-
lerte werden auch die Organtheile derselben, die Gänge, gebildet.
Diese bilden sich dadurch, daſs die Masse an den Wandungen
derselben sich verdichtet (ohne in gleichem Verhältnisse an Körn-
chengehalt zu gewinnen), im Innern dagegen colliquescirt, zuletzt
aber hohl wird. Die unten noch zu erwähnenden Fasern entste-
hen, wie die der Arterienhäute.
9. Die Leber besteht zuerst aus einem Stoffe, welche dem
des Darmkanales am nächsten steht, d. h. aus einer zähen Masse,
welche ziemlich viele Körnchen zerstreut enthält. Späterhin
hat die Masse selbst eine geringere Consistenz und eine noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/660>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.