Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
webe, verharrt. So entstehen alle activ motorischen Organe und
zwar scheint dieser Gegensatz von Umwandlung in das bestimmte
Organ und verbindendes Schleimgewebe sich um so schärfer aus-
zuprägen, je mehr das System der Bewegungsorgane überhaupt
ausgebildet und je höher das Individuum in der Reihe der Thier-
welt steht.

c. In der vorigen Form ist von dem Blastema nichts verlo-
ren gegangen. Es bestanden aber Organ- und Schleimgewebe
mehr neben einander. Das Organ selbst lag noch nicht in dem
Blastema, wie ein centrischer oder excentrischer Punkt innerhalb
der Fläche des Kreises, wiewohl in dem höchsten Verhältnisse
derselben dem der Knochen und Muskeln schon eine Annäherung
hierzu Statt findet. Diese Modification wird nun realisirt und
zwar auf eine dreifach verschiedene Weise.

a. In den secundären Bildungen des Schleimblattes herrscht
das dem Organ selbst Angehörende bedeutender vor und das
Schleimgewebe hat nur eine untergeordnete Stellung. Die Or-
gantheile verbreiten sich allmählig längs des ganzen Raumes des
Blastema und dieses verbindet nun jedes Einzelne von jenen als
Parenchym auf der Oberfläche sowohl, als in jeglichem Punkte
des Innern selbst.

b. In den höheren, inneren Abtheilungen der Sinnesorgane
bildet sich dadurch ein Gegensatz von Centrum und Peripherie.
Beide sind aber von gleich wichtiger Bedeutung, das Centrum
sogar von noch grösserer, weil es zu dem empfindenden Theile
wird, während die peripherische Abtheilung nur die Möglichkeit
jeder Perception bedingt. Es wiederholt sich hier derselbe Ge-
gensatz, welcher zwischen centralem Nervensysteme und Sinnes-
organen überhaupt Statt findet.

g. Die höchste Form endlich ist die, wo das ganze Blastema
in die Bildung des Organes eingeht und durch den einfachsten
Act der Genese überhaupt, durch Scheidung des Festen aus dem
Flüssigen, die Metamorphose vollendet wird. Dieses ist in dem
centralen Nervensysteme der Fall.

14. Was die Grösse der Organe betrifft, so findet bei ihnen
dasselbe Urgesetz Statt, welches wir bald bei den einzelnen Or-
gantheilen und Geweben werden wiederkehren sehen, nämlich,
dass sie sich relativ zuerst vergrössern und dann verkleinern.
Man hat diesen Satz so ausgedrückt, dass die Organe relativ grö-

Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
webe, verharrt. So entstehen alle activ motorischen Organe und
zwar scheint dieser Gegensatz von Umwandlung in das bestimmte
Organ und verbindendes Schleimgewebe sich um so schärfer aus-
zuprägen, je mehr das System der Bewegungsorgane überhaupt
ausgebildet und je höher das Individuum in der Reihe der Thier-
welt steht.

c. In der vorigen Form ist von dem Blastema nichts verlo-
ren gegangen. Es bestanden aber Organ- und Schleimgewebe
mehr neben einander. Das Organ selbst lag noch nicht in dem
Blastema, wie ein centrischer oder excentrischer Punkt innerhalb
der Fläche des Kreises, wiewohl in dem höchsten Verhältnisse
derselben dem der Knochen und Muskeln schon eine Annäherung
hierzu Statt findet. Diese Modification wird nun realisirt und
zwar auf eine dreifach verschiedene Weise.

α. In den secundären Bildungen des Schleimblattes herrscht
das dem Organ selbst Angehörende bedeutender vor und das
Schleimgewebe hat nur eine untergeordnete Stellung. Die Or-
gantheile verbreiten sich allmählig längs des ganzen Raumes des
Blastema und dieses verbindet nun jedes Einzelne von jenen als
Parenchym auf der Oberfläche sowohl, als in jeglichem Punkte
des Innern selbst.

β. In den höheren, inneren Abtheilungen der Sinnesorgane
bildet sich dadurch ein Gegensatz von Centrum und Peripherie.
Beide sind aber von gleich wichtiger Bedeutung, das Centrum
sogar von noch gröſserer, weil es zu dem empfindenden Theile
wird, während die peripherische Abtheilung nur die Möglichkeit
jeder Perception bedingt. Es wiederholt sich hier derselbe Ge-
gensatz, welcher zwischen centralem Nervensysteme und Sinnes-
organen überhaupt Statt findet.

γ. Die höchste Form endlich ist die, wo das ganze Blastema
in die Bildung des Organes eingeht und durch den einfachsten
Act der Genese überhaupt, durch Scheidung des Festen aus dem
Flüssigen, die Metamorphose vollendet wird. Dieses ist in dem
centralen Nervensysteme der Fall.

14. Was die Gröſse der Organe betrifft, so findet bei ihnen
dasselbe Urgesetz Statt, welches wir bald bei den einzelnen Or-
gantheilen und Geweben werden wiederkehren sehen, nämlich,
daſs sie sich relativ zuerst vergröſsern und dann verkleinern.
Man hat diesen Satz so ausgedrückt, daſs die Organe relativ grö-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0650" n="622"/><fw place="top" type="header">Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.</fw><lb/>
webe, verharrt. So entstehen alle activ motorischen Organe und<lb/>
zwar scheint dieser Gegensatz von Umwandlung in das bestimmte<lb/>
Organ und verbindendes Schleimgewebe sich um so schärfer aus-<lb/>
zuprägen, je mehr das System der Bewegungsorgane überhaupt<lb/>
ausgebildet und je höher das Individuum in der Reihe der Thier-<lb/>
welt steht.</p><lb/>
          <p>c. In der vorigen Form ist von dem Blastema nichts verlo-<lb/>
ren gegangen. Es bestanden aber Organ- und Schleimgewebe<lb/>
mehr neben einander. Das Organ selbst lag noch nicht in dem<lb/>
Blastema, wie ein centrischer oder excentrischer Punkt innerhalb<lb/>
der Fläche des Kreises, wiewohl in dem höchsten Verhältnisse<lb/>
derselben dem der Knochen und Muskeln schon eine Annäherung<lb/>
hierzu Statt findet. Diese Modification wird nun realisirt und<lb/>
zwar auf eine dreifach verschiedene Weise.</p><lb/>
          <p>&#x03B1;. In den secundären Bildungen des Schleimblattes herrscht<lb/>
das dem Organ selbst Angehörende bedeutender vor und das<lb/>
Schleimgewebe hat nur eine untergeordnete Stellung. Die Or-<lb/>
gantheile verbreiten sich allmählig längs des ganzen Raumes des<lb/>
Blastema und dieses verbindet nun jedes Einzelne von jenen als<lb/>
Parenchym auf der Oberfläche sowohl, als in jeglichem Punkte<lb/>
des Innern selbst.</p><lb/>
          <p>&#x03B2;. In den höheren, inneren Abtheilungen der Sinnesorgane<lb/>
bildet sich dadurch ein Gegensatz von Centrum und Peripherie.<lb/>
Beide sind aber von gleich wichtiger Bedeutung, das Centrum<lb/>
sogar von noch grö&#x017F;serer, weil es zu dem empfindenden Theile<lb/>
wird, während die peripherische Abtheilung nur die Möglichkeit<lb/>
jeder Perception bedingt. Es wiederholt sich hier derselbe Ge-<lb/>
gensatz, welcher zwischen centralem Nervensysteme und Sinnes-<lb/>
organen überhaupt Statt findet.</p><lb/>
          <p>&#x03B3;. Die höchste Form endlich ist die, wo das ganze Blastema<lb/>
in die Bildung des Organes eingeht und durch den einfachsten<lb/>
Act der Genese überhaupt, durch Scheidung des Festen aus dem<lb/>
Flüssigen, die Metamorphose vollendet wird. Dieses ist in dem<lb/>
centralen Nervensysteme der Fall.</p><lb/>
          <p>14. Was die Grö&#x017F;se der Organe betrifft, so findet bei ihnen<lb/>
dasselbe Urgesetz Statt, welches wir bald bei den einzelnen Or-<lb/>
gantheilen und Geweben werden wiederkehren sehen, nämlich,<lb/>
da&#x017F;s sie sich relativ zuerst vergrö&#x017F;sern und dann verkleinern.<lb/>
Man hat diesen Satz so ausgedrückt, da&#x017F;s die Organe relativ grö-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[622/0650] Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung. webe, verharrt. So entstehen alle activ motorischen Organe und zwar scheint dieser Gegensatz von Umwandlung in das bestimmte Organ und verbindendes Schleimgewebe sich um so schärfer aus- zuprägen, je mehr das System der Bewegungsorgane überhaupt ausgebildet und je höher das Individuum in der Reihe der Thier- welt steht. c. In der vorigen Form ist von dem Blastema nichts verlo- ren gegangen. Es bestanden aber Organ- und Schleimgewebe mehr neben einander. Das Organ selbst lag noch nicht in dem Blastema, wie ein centrischer oder excentrischer Punkt innerhalb der Fläche des Kreises, wiewohl in dem höchsten Verhältnisse derselben dem der Knochen und Muskeln schon eine Annäherung hierzu Statt findet. Diese Modification wird nun realisirt und zwar auf eine dreifach verschiedene Weise. α. In den secundären Bildungen des Schleimblattes herrscht das dem Organ selbst Angehörende bedeutender vor und das Schleimgewebe hat nur eine untergeordnete Stellung. Die Or- gantheile verbreiten sich allmählig längs des ganzen Raumes des Blastema und dieses verbindet nun jedes Einzelne von jenen als Parenchym auf der Oberfläche sowohl, als in jeglichem Punkte des Innern selbst. β. In den höheren, inneren Abtheilungen der Sinnesorgane bildet sich dadurch ein Gegensatz von Centrum und Peripherie. Beide sind aber von gleich wichtiger Bedeutung, das Centrum sogar von noch gröſserer, weil es zu dem empfindenden Theile wird, während die peripherische Abtheilung nur die Möglichkeit jeder Perception bedingt. Es wiederholt sich hier derselbe Ge- gensatz, welcher zwischen centralem Nervensysteme und Sinnes- organen überhaupt Statt findet. γ. Die höchste Form endlich ist die, wo das ganze Blastema in die Bildung des Organes eingeht und durch den einfachsten Act der Genese überhaupt, durch Scheidung des Festen aus dem Flüssigen, die Metamorphose vollendet wird. Dieses ist in dem centralen Nervensysteme der Fall. 14. Was die Gröſse der Organe betrifft, so findet bei ihnen dasselbe Urgesetz Statt, welches wir bald bei den einzelnen Or- gantheilen und Geweben werden wiederkehren sehen, nämlich, daſs sie sich relativ zuerst vergröſsern und dann verkleinern. Man hat diesen Satz so ausgedrückt, daſs die Organe relativ grö-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/650
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/650>, abgerufen am 23.11.2024.