Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Das Ei v. d. Momente d. Lostrennung v. Eierstocke.
von der genannten marquirten Stelle bis zu dem Anfange des
sogenannten Uterus wird die Eischaalenhaut rings um das Eiweiss
gebildet. Da der Isthmus eine verengte Stelle des Eileiters ist,
so wird (l. c. p. 21.) derselbe, sobald das Ei in ihn eintritt, durch
dieses so ausgedehnt, dass alle Falten der Schleimhaut schwin-
den. Dieses trägt wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, mit da-
zu bei, dass hier nun eine dünnere, aber membranösere Lage, die
Eischaalenhaut, abgesondert wird. Diese findet sich auch nur so-
weit auf dem Eie, als es eben in den Isthmus eingedrungen, wel-
ches mit dem spitzen Ende immer zuerst geschieht. Purkinje,
der zu seinen früheren Versuchen mehr, als 30 Hennen auf-
geopfert hatte, fand nie ein Ei vollkommen in dem Isthmus, son-
dern nur zum Theil in demselben, zum Theil schon aus demsel-
ben herausgetreten. In neuester Zeit waren wir beide so glück-
lich, ein Ei gerade in dem Isthmus zu finden und uns daher über
die Art und Weise der Entstehung der Eischaalenhaut belehren
zu können. In dem oberen Theile des Isthmus entsteht nämlich
die faserige Lage der Eischaalenhaut, welche die Natur gleichsam
zusammenspinnt. Es finden sich isolirte Fäden, von denen jeder
wahrscheinlich das Sekret einer Schleimdrüse des Isthmus ist,
welche immer häufiger und mit einander inniger verbunden sind,
je tiefer die Stelle des Isthmus, in welcher sie liegen. An dem
unteren Theile dagegen findet sich ausser dieser Faserlage noch
eine Lage von Körnern, welche als eigenthümliches Sekret hin-
zukommt. Ausserdem entsteht wahrscheinlich der in dem
Eie sich findende Luftraum in dem Isthmus, und zwar dort, wo
unmittelbar unter der Strictur desselben sich eine Stelle befindet,
in welcher die Falten der Schleimhaut unterbrochen sind (l. c.
p. 21.). Aus dem Isthmus gelangt das Ei in den oberen Theil
des Uterus, wo die Kalkschaale dadurch entsteht, dass sich zuerst
einzelne, polygone Kalkablagerungen finden, welche sich immer
vermehren, bis sie eine dichte Hülle bilden (l. c. p. 22.). Durch
den unteren Theil des Uterus und die Scheide wird das Ei her-
ausgetrieben oder gelegt. -- Nach dieser Darstellung, welche ein-
zig und allein auf Beobachtungen beruht, nimmt die Mündung
des Trichters das Ei auf. Das erste Viertel des Eileiters sondert
die Membrana Dutrochetii und die ersten Rudimente der Cha-
lazen ab, der übrige Theil bis zu dem Isthmus das Eiweiss, der
obere Theil des Isthmus die faserige, der untere die körnige Lage

II. Das Ei v. d. Momente d. Lostrennung v. Eierstocke.
von der genannten marquirten Stelle bis zu dem Anfange des
sogenannten Uterus wird die Eischaalenhaut rings um das Eiweiſs
gebildet. Da der Isthmus eine verengte Stelle des Eileiters ist,
so wird (l. c. p. 21.) derselbe, sobald das Ei in ihn eintritt, durch
dieses so ausgedehnt, daſs alle Falten der Schleimhaut schwin-
den. Dieses trägt wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, mit da-
zu bei, daſs hier nun eine dünnere, aber membranösere Lage, die
Eischaalenhaut, abgesondert wird. Diese findet sich auch nur so-
weit auf dem Eie, als es eben in den Isthmus eingedrungen, wel-
ches mit dem spitzen Ende immer zuerst geschieht. Purkinje,
der zu seinen früheren Versuchen mehr, als 30 Hennen auf-
geopfert hatte, fand nie ein Ei vollkommen in dem Isthmus, son-
dern nur zum Theil in demselben, zum Theil schon aus demsel-
ben herausgetreten. In neuester Zeit waren wir beide so glück-
lich, ein Ei gerade in dem Isthmus zu finden und uns daher über
die Art und Weise der Entstehung der Eischaalenhaut belehren
zu können. In dem oberen Theile des Isthmus entsteht nämlich
die faserige Lage der Eischaalenhaut, welche die Natur gleichsam
zusammenspinnt. Es finden sich isolirte Fäden, von denen jeder
wahrscheinlich das Sekret einer Schleimdrüse des Isthmus ist,
welche immer häufiger und mit einander inniger verbunden sind,
je tiefer die Stelle des Isthmus, in welcher sie liegen. An dem
unteren Theile dagegen findet sich auſser dieser Faserlage noch
eine Lage von Körnern, welche als eigenthümliches Sekret hin-
zukommt. Auſserdem entsteht wahrscheinlich der in dem
Eie sich findende Luftraum in dem Isthmus, und zwar dort, wo
unmittelbar unter der Strictur desselben sich eine Stelle befindet,
in welcher die Falten der Schleimhaut unterbrochen sind (l. c.
p. 21.). Aus dem Isthmus gelangt das Ei in den oberen Theil
des Uterus, wo die Kalkschaale dadurch entsteht, daſs sich zuerst
einzelne, polygone Kalkablagerungen finden, welche sich immer
vermehren, bis sie eine dichte Hülle bilden (l. c. p. 22.). Durch
den unteren Theil des Uterus und die Scheide wird das Ei her-
ausgetrieben oder gelegt. — Nach dieser Darstellung, welche ein-
zig und allein auf Beobachtungen beruht, nimmt die Mündung
des Trichters das Ei auf. Das erste Viertel des Eileiters sondert
die Membrana Dutrochetii und die ersten Rudimente der Cha-
lazen ab, der übrige Theil bis zu dem Isthmus das Eiweiſs, der
obere Theil des Isthmus die faserige, der untere die körnige Lage

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" n="30"/><fw place="top" type="header">II. Das Ei v. d. Momente d. Lostrennung v. Eierstocke.</fw><lb/>
von der genannten marquirten Stelle bis zu dem Anfange des<lb/>
sogenannten Uterus wird die Eischaalenhaut rings um das Eiwei&#x017F;s<lb/>
gebildet. Da der Isthmus eine verengte Stelle des Eileiters ist,<lb/>
so wird (l. c. p. 21.) derselbe, sobald das Ei in ihn eintritt, durch<lb/>
dieses so ausgedehnt, da&#x017F;s alle Falten der Schleimhaut schwin-<lb/>
den. Dieses trägt wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, mit da-<lb/>
zu bei, da&#x017F;s hier nun eine dünnere, aber membranösere Lage, die<lb/>
Eischaalenhaut, abgesondert wird. Diese findet sich auch nur so-<lb/>
weit auf dem Eie, als es eben in den Isthmus eingedrungen, wel-<lb/>
ches mit dem spitzen Ende immer zuerst geschieht. Purkinje,<lb/>
der zu seinen früheren Versuchen mehr, als 30 Hennen auf-<lb/>
geopfert hatte, fand nie ein Ei vollkommen in dem Isthmus, son-<lb/>
dern nur zum Theil in demselben, zum Theil schon aus demsel-<lb/>
ben herausgetreten. In neuester Zeit waren wir beide so glück-<lb/>
lich, ein Ei gerade in dem Isthmus zu finden und uns daher über<lb/>
die Art und Weise der Entstehung der Eischaalenhaut belehren<lb/>
zu können. In dem oberen Theile des Isthmus entsteht nämlich<lb/>
die faserige Lage der Eischaalenhaut, welche die Natur gleichsam<lb/>
zusammenspinnt. Es finden sich isolirte Fäden, von denen jeder<lb/>
wahrscheinlich das Sekret einer Schleimdrüse des Isthmus ist,<lb/>
welche immer häufiger und mit einander inniger verbunden sind,<lb/>
je tiefer die Stelle des Isthmus, in welcher sie liegen. An dem<lb/>
unteren Theile dagegen findet sich au&#x017F;ser dieser Faserlage noch<lb/>
eine Lage von Körnern, welche als eigenthümliches Sekret hin-<lb/>
zukommt. Au&#x017F;serdem entsteht wahrscheinlich der in dem<lb/>
Eie sich findende Luftraum in dem Isthmus, und zwar dort, wo<lb/>
unmittelbar unter der Strictur desselben sich eine Stelle befindet,<lb/>
in welcher die Falten der Schleimhaut unterbrochen sind (l. c.<lb/>
p. 21.). Aus dem Isthmus gelangt das Ei in den oberen Theil<lb/>
des Uterus, wo die Kalkschaale dadurch entsteht, da&#x017F;s sich zuerst<lb/>
einzelne, polygone Kalkablagerungen finden, welche sich immer<lb/>
vermehren, bis sie eine dichte Hülle bilden (l. c. p. 22.). Durch<lb/>
den unteren Theil des Uterus und die Scheide wird das Ei her-<lb/>
ausgetrieben oder gelegt. &#x2014; Nach dieser Darstellung, welche ein-<lb/>
zig und allein auf Beobachtungen beruht, nimmt die Mündung<lb/>
des Trichters das Ei auf. Das erste Viertel des Eileiters sondert<lb/>
die <hi rendition="#i">Membrana Dutrochetii</hi> und die ersten Rudimente der Cha-<lb/>
lazen ab, der übrige Theil bis zu dem Isthmus das Eiwei&#x017F;s, der<lb/>
obere Theil des Isthmus die faserige, der untere die körnige Lage<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0058] II. Das Ei v. d. Momente d. Lostrennung v. Eierstocke. von der genannten marquirten Stelle bis zu dem Anfange des sogenannten Uterus wird die Eischaalenhaut rings um das Eiweiſs gebildet. Da der Isthmus eine verengte Stelle des Eileiters ist, so wird (l. c. p. 21.) derselbe, sobald das Ei in ihn eintritt, durch dieses so ausgedehnt, daſs alle Falten der Schleimhaut schwin- den. Dieses trägt wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, mit da- zu bei, daſs hier nun eine dünnere, aber membranösere Lage, die Eischaalenhaut, abgesondert wird. Diese findet sich auch nur so- weit auf dem Eie, als es eben in den Isthmus eingedrungen, wel- ches mit dem spitzen Ende immer zuerst geschieht. Purkinje, der zu seinen früheren Versuchen mehr, als 30 Hennen auf- geopfert hatte, fand nie ein Ei vollkommen in dem Isthmus, son- dern nur zum Theil in demselben, zum Theil schon aus demsel- ben herausgetreten. In neuester Zeit waren wir beide so glück- lich, ein Ei gerade in dem Isthmus zu finden und uns daher über die Art und Weise der Entstehung der Eischaalenhaut belehren zu können. In dem oberen Theile des Isthmus entsteht nämlich die faserige Lage der Eischaalenhaut, welche die Natur gleichsam zusammenspinnt. Es finden sich isolirte Fäden, von denen jeder wahrscheinlich das Sekret einer Schleimdrüse des Isthmus ist, welche immer häufiger und mit einander inniger verbunden sind, je tiefer die Stelle des Isthmus, in welcher sie liegen. An dem unteren Theile dagegen findet sich auſser dieser Faserlage noch eine Lage von Körnern, welche als eigenthümliches Sekret hin- zukommt. Auſserdem entsteht wahrscheinlich der in dem Eie sich findende Luftraum in dem Isthmus, und zwar dort, wo unmittelbar unter der Strictur desselben sich eine Stelle befindet, in welcher die Falten der Schleimhaut unterbrochen sind (l. c. p. 21.). Aus dem Isthmus gelangt das Ei in den oberen Theil des Uterus, wo die Kalkschaale dadurch entsteht, daſs sich zuerst einzelne, polygone Kalkablagerungen finden, welche sich immer vermehren, bis sie eine dichte Hülle bilden (l. c. p. 22.). Durch den unteren Theil des Uterus und die Scheide wird das Ei her- ausgetrieben oder gelegt. — Nach dieser Darstellung, welche ein- zig und allein auf Beobachtungen beruht, nimmt die Mündung des Trichters das Ei auf. Das erste Viertel des Eileiters sondert die Membrana Dutrochetii und die ersten Rudimente der Cha- lazen ab, der übrige Theil bis zu dem Isthmus das Eiweiſs, der obere Theil des Isthmus die faserige, der untere die körnige Lage

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/58
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/58>, abgerufen am 21.11.2024.