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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausstülpungsbildungen. Anhang. Thymus.
zusammenbrechen und die Lungen verletzen würden (p. 222.).
Nach ihm soll sie auch die noch nicht athmenden Lungen zusam-
mendrücken. Auf ähnliche Weise glaubte Pozzi, dass sie den
später von den Lungen einzunehmenden Raum ausfülle, damit
kein leerer Raum entstünde. Ihm stimmten Senac und Lietaud
bei. Malacarne lässt durch die Thymus Nebenniere u. dgl. nur
den später von anderen Theilen eingenommenen Platz ausfüllen.
Aehnlich sind die Ansichten von Bichat und Köpp (p. 224--226.).
Nach Prunelle erhält die Brustdrüse den Schlaf ähnlichen Zu-
stand des Fötus und der Winterschläfer (p. 227.). 2. Vitale
Functionen verschiedener Art. Nach Hecker dient sie nebst der
Schilddrüse, der Milz und den Nebennieren zur Erzeugung der
thierischen Wärme (p. 229.). Nach Verheyen und Muralt son-
dert sie den liquor pericardii ab (p. 230.). Ihnen stimmte spä-
ter Petit bei (p. 231.). 3. Beziehung zu den Geschlechtsfunctio-
nen. Nach Meckel soll die Thymus die keimbereitenden Ge-
schlechtstheile, die Thyreoida die Prostata oder den Uterus und
die Lungen die Nieren in der vorderen oder oberen Körperhälfte
repräsentiren. 4. Beziehungen, besonders zu dem Nervensystem.
Riegels stellt die Thymus mit dem Gehirn in Beziehung, weil
sie bei hirnlosen Missgeburten fehlet. Nach Wharton reinigt sie
den Nervensaft (p. 234. 235.). 5. Beziehungen zur Ernährung
und Blutbereitung. Muralt glaubte, dass ein Theil ihrer Ausfüh-
rungsgänge in das Pericardium, ein anderer dagegen in die Mund-
höhle führe (p. 238.). Nach Bellinger geht die durch die Pla-
centardrüsen abgesonderte Milch in die Thymus, von da in den
Mund und von da durch den Oesophagus in den Magen, um zur
Nahrung zu dienen (p 240.). Nach Martineau liefert die Thymus
einen eigenthümlichen, zur Nahrung dienenden Saft, welcher auf
ähnlichem Wege in den Magen gelange (p. 242.). Dionis lässt
sie einen chylösen oder Milchsaft in die Vena subclavia ergie-
ssen. Ihm stimmen St. Hilaire und Ruysch bei (p. 243.). Nach
Nicolai vermischt sich die Secretion der Thymus mit den aus der
oberen Körperhälfte kommenden Venen überhaupt (p. 244.). Nach
Teichmeyer sondert sie aus dem Blute einen rohen Chylus aus,
verarbeitet ihn und führt ihn in den Brustgang (p. 245.). Nach
Heister liefert sie einen in den ductus thoracicus übergeführten
Saft, welcher das Blut oder den Chylus verdünnt (p. 246.). Die-
ser Ansicht treten im Ganzen auch Müller, Schaarschmidt, Ri-

Ausstülpungsbildungen. Anhang. Thymus.
zusammenbrechen und die Lungen verletzen würden (p. 222.).
Nach ihm soll sie auch die noch nicht athmenden Lungen zusam-
mendrücken. Auf ähnliche Weise glaubte Pozzi, daſs sie den
später von den Lungen einzunehmenden Raum ausfülle, damit
kein leerer Raum entstünde. Ihm stimmten Senac und Lietaud
bei. Malacarne läſst durch die Thymus Nebenniere u. dgl. nur
den später von anderen Theilen eingenommenen Platz ausfüllen.
Aehnlich sind die Ansichten von Bichat und Köpp (p. 224—226.).
Nach Prunelle erhält die Brustdrüse den Schlaf ähnlichen Zu-
stand des Fötus und der Winterschläfer (p. 227.). 2. Vitale
Functionen verschiedener Art. Nach Hecker dient sie nebst der
Schilddrüse, der Milz und den Nebennieren zur Erzeugung der
thierischen Wärme (p. 229.). Nach Verheyen und Muralt son-
dert sie den liquor pericardii ab (p. 230.). Ihnen stimmte spä-
ter Petit bei (p. 231.). 3. Beziehung zu den Geschlechtsfunctio-
nen. Nach Meckel soll die Thymus die keimbereitenden Ge-
schlechtstheile, die Thyreoida die Prostata oder den Uterus und
die Lungen die Nieren in der vorderen oder oberen Körperhälfte
repräsentiren. 4. Beziehungen, besonders zu dem Nervensystem.
Riegels stellt die Thymus mit dem Gehirn in Beziehung, weil
sie bei hirnlosen Miſsgeburten fehlet. Nach Wharton reinigt sie
den Nervensaft (p. 234. 235.). 5. Beziehungen zur Ernährung
und Blutbereitung. Muralt glaubte, daſs ein Theil ihrer Ausfüh-
rungsgänge in das Pericardium, ein anderer dagegen in die Mund-
höhle führe (p. 238.). Nach Bellinger geht die durch die Pla-
centardrüsen abgesonderte Milch in die Thymus, von da in den
Mund und von da durch den Oesophagus in den Magen, um zur
Nahrung zu dienen (p 240.). Nach Martineau liefert die Thymus
einen eigenthümlichen, zur Nahrung dienenden Saft, welcher auf
ähnlichem Wege in den Magen gelange (p. 242.). Dionis läſst
sie einen chylösen oder Milchsaft in die Vena subclavia ergie-
ſsen. Ihm stimmen St. Hilaire und Ruysch bei (p. 243.). Nach
Nicolai vermischt sich die Secretion der Thymus mit den aus der
oberen Körperhälfte kommenden Venen überhaupt (p. 244.). Nach
Teichmeyer sondert sie aus dem Blute einen rohen Chylus aus,
verarbeitet ihn und führt ihn in den Brustgang (p. 245.). Nach
Heister liefert sie einen in den ductus thoracicus übergeführten
Saft, welcher das Blut oder den Chylus verdünnt (p. 246.). Die-
ser Ansicht treten im Ganzen auch Müller, Schaarschmidt, Ri-

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[511/0539] Ausstülpungsbildungen. Anhang. Thymus. zusammenbrechen und die Lungen verletzen würden (p. 222.). Nach ihm soll sie auch die noch nicht athmenden Lungen zusam- mendrücken. Auf ähnliche Weise glaubte Pozzi, daſs sie den später von den Lungen einzunehmenden Raum ausfülle, damit kein leerer Raum entstünde. Ihm stimmten Senac und Lietaud bei. Malacarne läſst durch die Thymus Nebenniere u. dgl. nur den später von anderen Theilen eingenommenen Platz ausfüllen. Aehnlich sind die Ansichten von Bichat und Köpp (p. 224—226.). Nach Prunelle erhält die Brustdrüse den Schlaf ähnlichen Zu- stand des Fötus und der Winterschläfer (p. 227.). 2. Vitale Functionen verschiedener Art. Nach Hecker dient sie nebst der Schilddrüse, der Milz und den Nebennieren zur Erzeugung der thierischen Wärme (p. 229.). Nach Verheyen und Muralt son- dert sie den liquor pericardii ab (p. 230.). Ihnen stimmte spä- ter Petit bei (p. 231.). 3. Beziehung zu den Geschlechtsfunctio- nen. Nach Meckel soll die Thymus die keimbereitenden Ge- schlechtstheile, die Thyreoida die Prostata oder den Uterus und die Lungen die Nieren in der vorderen oder oberen Körperhälfte repräsentiren. 4. Beziehungen, besonders zu dem Nervensystem. Riegels stellt die Thymus mit dem Gehirn in Beziehung, weil sie bei hirnlosen Miſsgeburten fehlet. Nach Wharton reinigt sie den Nervensaft (p. 234. 235.). 5. Beziehungen zur Ernährung und Blutbereitung. Muralt glaubte, daſs ein Theil ihrer Ausfüh- rungsgänge in das Pericardium, ein anderer dagegen in die Mund- höhle führe (p. 238.). Nach Bellinger geht die durch die Pla- centardrüsen abgesonderte Milch in die Thymus, von da in den Mund und von da durch den Oesophagus in den Magen, um zur Nahrung zu dienen (p 240.). Nach Martineau liefert die Thymus einen eigenthümlichen, zur Nahrung dienenden Saft, welcher auf ähnlichem Wege in den Magen gelange (p. 242.). Dionis läſst sie einen chylösen oder Milchsaft in die Vena subclavia ergie- ſsen. Ihm stimmen St. Hilaire und Ruysch bei (p. 243.). Nach Nicolai vermischt sich die Secretion der Thymus mit den aus der oberen Körperhälfte kommenden Venen überhaupt (p. 244.). Nach Teichmeyer sondert sie aus dem Blute einen rohen Chylus aus, verarbeitet ihn und führt ihn in den Brustgang (p. 245.). Nach Heister liefert sie einen in den ductus thoracicus übergeführten Saft, welcher das Blut oder den Chylus verdünnt (p. 246.). Die- ser Ansicht treten im Ganzen auch Müller, Schaarschmidt, Ri-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/539>, abgerufen am 23.11.2024.