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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ei der Säugethiere.
haltenen Eichen und der Theile derselben einen nicht ganz geringen
Grad von Sicherheit in diesem Gebiete zu verschaffen.

K. E. v. Bär wurde, wie wir wohl ohne Anmassung behaup-
ten können, bei seinen Deutungen dadurch verwirrt, dass er das
wahre in dem Eichen der Säugethiere enthaltene Keimbläschen
nicht kannte, dieses daher mit dem Eichen selbstidentificirte und die
das Eichen umgebende, in dem Folliculus enthaltene Scheibe für
die Keimanlage hielt. Man sieht es aber seinen Arbeiten nur zu sehr
an, wie wenig er sich heraus zu finden vermochte. Denn obgleich
er mehrere Annahmen als möglich setzt, so vermag er doch keine
einzige mit Bestimmtheit durchzuführen, und ist daher nicht
im Stande, die Cardinalfrage, ob das Ei der Säugethiere dem des
Vogels vor der Befruchtung analog sey oder nicht, genügend zu
beantworten. Wenn wir es nun versuchen, nach unserer voll-
ständigeren Erfahrung über diesen Punkt Auskunft zu geben, so
dürfte es am zweckmässigsten seyn, den Vergleich zwischen bei-
den Thierklassen so sorgfältig als möglich zu verfolgen.

Das ausgebildete Ei des Vogels stimmt nur in wenigen Punk-
ten mit dem ausgebildeten Eichen der Säugethiere überein, diffe-
rirt dagegen in den meisten Stücken:

1. Die äussere umschliessende Membran oder die Dotterhaut
ist bei beiden ohne alle wahrnehmbare innere Structur, höchstens
in dem Vogel mit verwirrten, unregelmässig gelagerten selte-
nen und schwer sichtbaren Fasern versehen. Nirgend wird sie
auf organische Weise durch einen besonderen Fortsatz u. dgl. mit
den Nachbartheilen verbunden, sondern bildet eine in sich voll-
kommen geschlossene, begrenzte Kugel.

2. Der grösste Theil des Inhaltes des unbefruchteten Eies
oder der Dotter des Vogels besteht aus drei verschiedenen Thei-
len: a. aus grossen, ölartigen, gelben oder ge[l]blichen Dotterkugeln,
b. aus sehr kleinen, zwischenden Dotterkugeln eingestreueten Kügel-
chen und c. aus einer durchsichtigen, hellen Flüssigkeit, in welcher
sowohl die Dotterkugeln, als die kleineren Kügelchen sich befin-
den. Von diesen in dem erwachsenen und dem Austritte nahen
Eie des Vogels vorkommenden Theilen finden sich in dem Eie
der Säugethiere und des Menschen folgende Analoga: a. die helle
durchsichtige Flüssigkeit, welche hier eine mehr öligte Consistenz
zu haben scheint. b. Körperchen, welche zum Theil von gleicher
Grösse, wie die kleineren Körperchen des Vogeldotters, zum Theil

Ei der Säugethiere.
haltenen Eichen und der Theile derselben einen nicht ganz geringen
Grad von Sicherheit in diesem Gebiete zu verschaffen.

K. E. v. Bär wurde, wie wir wohl ohne Anmaſsung behaup-
ten können, bei seinen Deutungen dadurch verwirrt, daſs er das
wahre in dem Eichen der Säugethiere enthaltene Keimbläschen
nicht kannte, dieses daher mit dem Eichen selbstidentificirte und die
das Eichen umgebende, in dem Folliculus enthaltene Scheibe für
die Keimanlage hielt. Man sieht es aber seinen Arbeiten nur zu sehr
an, wie wenig er sich heraus zu finden vermochte. Denn obgleich
er mehrere Annahmen als möglich setzt, so vermag er doch keine
einzige mit Bestimmtheit durchzuführen, und ist daher nicht
im Stande, die Cardinalfrage, ob das Ei der Säugethiere dem des
Vogels vor der Befruchtung analog sey oder nicht, genügend zu
beantworten. Wenn wir es nun versuchen, nach unserer voll-
ständigeren Erfahrung über diesen Punkt Auskunft zu geben, so
dürfte es am zweckmäſsigsten seyn, den Vergleich zwischen bei-
den Thierklassen so sorgfältig als möglich zu verfolgen.

Das ausgebildete Ei des Vogels stimmt nur in wenigen Punk-
ten mit dem ausgebildeten Eichen der Säugethiere überein, diffe-
rirt dagegen in den meisten Stücken:

1. Die äuſsere umschlieſsende Membran oder die Dotterhaut
ist bei beiden ohne alle wahrnehmbare innere Structur, höchstens
in dem Vogel mit verwirrten, unregelmäſsig gelagerten selte-
nen und schwer sichtbaren Fasern versehen. Nirgend wird sie
auf organische Weise durch einen besonderen Fortsatz u. dgl. mit
den Nachbartheilen verbunden, sondern bildet eine in sich voll-
kommen geschlossene, begrenzte Kugel.

2. Der gröſste Theil des Inhaltes des unbefruchteten Eies
oder der Dotter des Vogels besteht aus drei verschiedenen Thei-
len: a. aus groſsen, ölartigen, gelben oder ge[l]blichen Dotterkugeln,
b. aus sehr kleinen, zwischenden Dotterkugeln eingestreueten Kügel-
chen und c. aus einer durchsichtigen, hellen Flüssigkeit, in welcher
sowohl die Dotterkugeln, als die kleineren Kügelchen sich befin-
den. Von diesen in dem erwachsenen und dem Austritte nahen
Eie des Vogels vorkommenden Theilen finden sich in dem Eie
der Säugethiere und des Menschen folgende Analoga: a. die helle
durchsichtige Flüssigkeit, welche hier eine mehr öligte Consistenz
zu haben scheint. b. Körperchen, welche zum Theil von gleicher
Gröſse, wie die kleineren Körperchen des Vogeldotters, zum Theil

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[25/0053] Ei der Säugethiere. haltenen Eichen und der Theile derselben einen nicht ganz geringen Grad von Sicherheit in diesem Gebiete zu verschaffen. K. E. v. Bär wurde, wie wir wohl ohne Anmaſsung behaup- ten können, bei seinen Deutungen dadurch verwirrt, daſs er das wahre in dem Eichen der Säugethiere enthaltene Keimbläschen nicht kannte, dieses daher mit dem Eichen selbstidentificirte und die das Eichen umgebende, in dem Folliculus enthaltene Scheibe für die Keimanlage hielt. Man sieht es aber seinen Arbeiten nur zu sehr an, wie wenig er sich heraus zu finden vermochte. Denn obgleich er mehrere Annahmen als möglich setzt, so vermag er doch keine einzige mit Bestimmtheit durchzuführen, und ist daher nicht im Stande, die Cardinalfrage, ob das Ei der Säugethiere dem des Vogels vor der Befruchtung analog sey oder nicht, genügend zu beantworten. Wenn wir es nun versuchen, nach unserer voll- ständigeren Erfahrung über diesen Punkt Auskunft zu geben, so dürfte es am zweckmäſsigsten seyn, den Vergleich zwischen bei- den Thierklassen so sorgfältig als möglich zu verfolgen. Das ausgebildete Ei des Vogels stimmt nur in wenigen Punk- ten mit dem ausgebildeten Eichen der Säugethiere überein, diffe- rirt dagegen in den meisten Stücken: 1. Die äuſsere umschlieſsende Membran oder die Dotterhaut ist bei beiden ohne alle wahrnehmbare innere Structur, höchstens in dem Vogel mit verwirrten, unregelmäſsig gelagerten selte- nen und schwer sichtbaren Fasern versehen. Nirgend wird sie auf organische Weise durch einen besonderen Fortsatz u. dgl. mit den Nachbartheilen verbunden, sondern bildet eine in sich voll- kommen geschlossene, begrenzte Kugel. 2. Der gröſste Theil des Inhaltes des unbefruchteten Eies oder der Dotter des Vogels besteht aus drei verschiedenen Thei- len: a. aus groſsen, ölartigen, gelben oder gelblichen Dotterkugeln, b. aus sehr kleinen, zwischenden Dotterkugeln eingestreueten Kügel- chen und c. aus einer durchsichtigen, hellen Flüssigkeit, in welcher sowohl die Dotterkugeln, als die kleineren Kügelchen sich befin- den. Von diesen in dem erwachsenen und dem Austritte nahen Eie des Vogels vorkommenden Theilen finden sich in dem Eie der Säugethiere und des Menschen folgende Analoga: a. die helle durchsichtige Flüssigkeit, welche hier eine mehr öligte Consistenz zu haben scheint. b. Körperchen, welche zum Theil von gleicher Gröſse, wie die kleineren Körperchen des Vogeldotters, zum Theil

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/53>, abgerufen am 22.11.2024.