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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ei der Säugethiere.
nissen in ihm enthalten ist, als das Keimbläschen in den Eiern
der übrigen Thiere, insbesondere des Vogels. Die Abbildung des-
selben s. in Bernhardt's oben angeführter Dissertation. tab. I. Fig.
I--IV. VII. X. XVI. XIX.

Nur bei dem Menschen gelingt es äusserer Verhältnisse hal-
ber sehr selten, dasselbe wahrzunehmen. Da in der Regel
die menschlichen Leichen, ehe sie zu Untersuchungen vorge-
nommen werden, einen Tag und länger gelegen haben, so hat
während dieser Zeit innerhalb des Folliculus schon der erste An-
fang der Fäulniss und der Maceration begonnen. Man erkennt
dieses auch leicht an dem Eichen. Sein Inhalt ist in der Regel
trübe, ohne regelmässige Anordnung; keine Spur des Keimbläs-
chens kann mehr wahrgenommen werden und selbst die äussere
Peripherie des Eichens erscheint doppelt, indem ausser dem den
Körncheninhalt umgebenden Kreise noch ein sehr zarter grösserer
Kreis um diesen sichtbar ist. So müssen wir offen bekennen, dass es
uns unter sehr vielen Untersuchungen nur zwei Mal geglückt ist, das
Keimbläschen des Menschen mit aller Bestimmtheit zu beobachten.

An dem Eichen der Säugethiere selbst lassen sich folgende
vier Theile unterscheiden: 1. Eine äussere Haut, 2. eine unter
derselben liegende Körnerlage, 3. ein vollkommen durchsichtiger,
halbflüssiger Inhalt und 4. das Keimbläschen. Wir wollen nun
das Wichtigste, was über diese Theile anzumerken ist, der Reihe
nach durchgehen.

1. Die Membran des Eichens. Sie ist immer einfach, zeigt
im frischen Zustande nie eine Spur von Trennung in mehrere
Lamellen, hat keine Körnchen und lässt keine Faserung irgend
einer Art in sich wahrnehmen. Ihre Durchsichtigkeit scheint
durch eine ins Gelbliche leicht spielende Färbung etwas einzubü-
ssen. Ihre Dicke fand ich stets an allen Theilen des Umkreises
gleich. In dem Eichhörnchen z. B. betrug sie überall 0,000455.
Durch Pressen des Eichens zwischen zwei Glasplatten wird diese
Haut als ein mehr oder minder breiter, das Ei umgebender Ring
sichtbar. Wird jedoch der Druck weiter fortgesetzt, so platzt
die Membran und das Contentum fliesst sogleich heraus. Bei den
Nagern geschieht dieses immer später, als bei den Wiederkäuern,
dem Schweine und dem Menschen. Hat sich aber dieses ereignet,
so ist die durchsichtige Membran nur an dem Schattenkreise, den
sie wirft, oder bei gedämpftem Lichte zu erkennen.

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Ei der Säugethiere.
nissen in ihm enthalten ist, als das Keimbläschen in den Eiern
der übrigen Thiere, insbesondere des Vogels. Die Abbildung des-
selben s. in Bernhardt’s oben angeführter Dissertation. tab. I. Fig.
I—IV. VII. X. XVI. XIX.

Nur bei dem Menschen gelingt es äuſserer Verhältnisse hal-
ber sehr selten, dasselbe wahrzunehmen. Da in der Regel
die menschlichen Leichen, ehe sie zu Untersuchungen vorge-
nommen werden, einen Tag und länger gelegen haben, so hat
während dieser Zeit innerhalb des Folliculus schon der erste An-
fang der Fäulniſs und der Maceration begonnen. Man erkennt
dieses auch leicht an dem Eichen. Sein Inhalt ist in der Regel
trübe, ohne regelmäſsige Anordnung; keine Spur des Keimbläs-
chens kann mehr wahrgenommen werden und selbst die äuſsere
Peripherie des Eichens erscheint doppelt, indem auſser dem den
Körncheninhalt umgebenden Kreise noch ein sehr zarter gröſserer
Kreis um diesen sichtbar ist. So müssen wir offen bekennen, daſs es
uns unter sehr vielen Untersuchungen nur zwei Mal geglückt ist, das
Keimbläschen des Menschen mit aller Bestimmtheit zu beobachten.

An dem Eichen der Säugethiere selbst lassen sich folgende
vier Theile unterscheiden: 1. Eine äuſsere Haut, 2. eine unter
derselben liegende Körnerlage, 3. ein vollkommen durchsichtiger,
halbflüssiger Inhalt und 4. das Keimbläschen. Wir wollen nun
das Wichtigste, was über diese Theile anzumerken ist, der Reihe
nach durchgehen.

1. Die Membran des Eichens. Sie ist immer einfach, zeigt
im frischen Zustande nie eine Spur von Trennung in mehrere
Lamellen, hat keine Körnchen und läſst keine Faserung irgend
einer Art in sich wahrnehmen. Ihre Durchsichtigkeit scheint
durch eine ins Gelbliche leicht spielende Färbung etwas einzubü-
ſsen. Ihre Dicke fand ich stets an allen Theilen des Umkreises
gleich. In dem Eichhörnchen z. B. betrug sie überall 0,000455.
Durch Pressen des Eichens zwischen zwei Glasplatten wird diese
Haut als ein mehr oder minder breiter, das Ei umgebender Ring
sichtbar. Wird jedoch der Druck weiter fortgesetzt, so platzt
die Membran und das Contentum flieſst sogleich heraus. Bei den
Nagern geschieht dieses immer später, als bei den Wiederkäuern,
dem Schweine und dem Menschen. Hat sich aber dieses ereignet,
so ist die durchsichtige Membran nur an dem Schattenkreise, den
sie wirft, oder bei gedämpftem Lichte zu erkennen.

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[19/0047] Ei der Säugethiere. nissen in ihm enthalten ist, als das Keimbläschen in den Eiern der übrigen Thiere, insbesondere des Vogels. Die Abbildung des- selben s. in Bernhardt’s oben angeführter Dissertation. tab. I. Fig. I—IV. VII. X. XVI. XIX. Nur bei dem Menschen gelingt es äuſserer Verhältnisse hal- ber sehr selten, dasselbe wahrzunehmen. Da in der Regel die menschlichen Leichen, ehe sie zu Untersuchungen vorge- nommen werden, einen Tag und länger gelegen haben, so hat während dieser Zeit innerhalb des Folliculus schon der erste An- fang der Fäulniſs und der Maceration begonnen. Man erkennt dieses auch leicht an dem Eichen. Sein Inhalt ist in der Regel trübe, ohne regelmäſsige Anordnung; keine Spur des Keimbläs- chens kann mehr wahrgenommen werden und selbst die äuſsere Peripherie des Eichens erscheint doppelt, indem auſser dem den Körncheninhalt umgebenden Kreise noch ein sehr zarter gröſserer Kreis um diesen sichtbar ist. So müssen wir offen bekennen, daſs es uns unter sehr vielen Untersuchungen nur zwei Mal geglückt ist, das Keimbläschen des Menschen mit aller Bestimmtheit zu beobachten. An dem Eichen der Säugethiere selbst lassen sich folgende vier Theile unterscheiden: 1. Eine äuſsere Haut, 2. eine unter derselben liegende Körnerlage, 3. ein vollkommen durchsichtiger, halbflüssiger Inhalt und 4. das Keimbläschen. Wir wollen nun das Wichtigste, was über diese Theile anzumerken ist, der Reihe nach durchgehen. 1. Die Membran des Eichens. Sie ist immer einfach, zeigt im frischen Zustande nie eine Spur von Trennung in mehrere Lamellen, hat keine Körnchen und läſst keine Faserung irgend einer Art in sich wahrnehmen. Ihre Durchsichtigkeit scheint durch eine ins Gelbliche leicht spielende Färbung etwas einzubü- ſsen. Ihre Dicke fand ich stets an allen Theilen des Umkreises gleich. In dem Eichhörnchen z. B. betrug sie überall 0,000455. Durch Pressen des Eichens zwischen zwei Glasplatten wird diese Haut als ein mehr oder minder breiter, das Ei umgebender Ring sichtbar. Wird jedoch der Druck weiter fortgesetzt, so platzt die Membran und das Contentum flieſst sogleich heraus. Bei den Nagern geschieht dieses immer später, als bei den Wiederkäuern, dem Schweine und dem Menschen. Hat sich aber dieses ereignet, so ist die durchsichtige Membran nur an dem Schattenkreise, den sie wirft, oder bei gedämpftem Lichte zu erkennen. 2*

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/47>, abgerufen am 29.03.2024.