der Geschlechtstheile. Zwischen ihnen setzt sich ein kurzer Gang fort, welcher sich mit den Tuben verbindet. Dieser wird nun im Laufe der Entwickelung zur Scheide und zum Halse und Kör- per der Gebärmutter nebst den weiteren Stücken der Hörner derselben. Unterdess schwinden die den Ausführungsgängen der falschen Nieren entsprechenden Höhlen gänzlich. Eine ähnliche Bildung findet sich auch zuerst bei dem Männchen. Nur wandelt sich hier der mittlere Theil in die pars membracea urethrae um (S. 388.). -- Zugleich nimmt Rathke seine frühere Meinung, dass Joh. Müller eine Ansammlung von Zellstoff für den falschen Harnleiter gehalten habe, zurück, glaubt aber, dass Joh. Müller diesen nur aus seinem späteren Zustande kenne, wo er mit der falschen Niere von vorn nach hinten geschwunden sey (S. 389.).
Wir haben hier absichtlich eine möglichst vollständige Ge- schichte der bis auf unsere Tage gelieferten Arbeiten über die Entwickelung der innersten Sphären der Geschlechts- und Harn- organe zusammengestellt, um den Leser unmittelbar in ein Gebiet einzuführen, welches an und für sich von dem höchsten Interesse ist, dadurch aber für uns eine noch höhere Bedeutung erhalten hat, dass mehrere der ausgezeichnetsten Naturforscher unseres Jahrhun- derts dieses Feld von Untersuchungen zum speciellen Objecte ihrer genauen und mühsamen Beobachtungen gemacht haben. Es lag uns ob, auch unsere schwachen Kräfte auf diesem Gebiete zu ver- suchen und nach Möglichkeit die Aufhellung der Wahrheit zu befördern. Wenn es uns bei unseren Forschungen überhaupt Grundregel ist, nur das von uns genau Gesehene und Verfolgte zu berichten, so mussten wir hier doppelt vorsichtig seyn, weil wir mit den grössten Autoritäten in die Schranken zu treten uns genöthigt sahen. Um aber einen sicheren Haltpunkt zu ge- winnen, werden wir uns die Resultate sehr vieler mühevoller Beobachtungen, die wir an Säugethieren und zwar an dem Rinde, dem Schaafe, dem Schweine, dem Hunde, der Katze, der Ratte und dem Kaninchen gemacht haben, hier vortragen, mit diesen die weni- gen an Menschen gemachten Erfahrungen verbinden, unsere Be- merkungen über niedere Wirbelthierklassen dagegen an einem an- deren schicklichen Orte bekannt machen. -- Die wurmförmigen Organe nach Oken, die Wolffschen (bei Vögeln) und die Oken- schen (bei Säugethieren) Körper oder die falschen Nieren nach
Geschlechts- und Harnorgane.
der Geschlechtstheile. Zwischen ihnen setzt sich ein kurzer Gang fort, welcher sich mit den Tuben verbindet. Dieser wird nun im Laufe der Entwickelung zur Scheide und zum Halse und Kör- per der Gebärmutter nebst den weiteren Stücken der Hörner derselben. Unterdeſs schwinden die den Ausführungsgängen der falschen Nieren entsprechenden Höhlen gänzlich. Eine ähnliche Bildung findet sich auch zuerst bei dem Männchen. Nur wandelt sich hier der mittlere Theil in die pars membracea urethrae um (S. 388.). — Zugleich nimmt Rathke seine frühere Meinung, daſs Joh. Müller eine Ansammlung von Zellstoff für den falschen Harnleiter gehalten habe, zurück, glaubt aber, daſs Joh. Müller diesen nur aus seinem späteren Zustande kenne, wo er mit der falschen Niere von vorn nach hinten geschwunden sey (S. 389.).
Wir haben hier absichtlich eine möglichst vollständige Ge- schichte der bis auf unsere Tage gelieferten Arbeiten über die Entwickelung der innersten Sphären der Geschlechts- und Harn- organe zusammengestellt, um den Leser unmittelbar in ein Gebiet einzuführen, welches an und für sich von dem höchsten Interesse ist, dadurch aber für uns eine noch höhere Bedeutung erhalten hat, daſs mehrere der ausgezeichnetsten Naturforscher unseres Jahrhun- derts dieses Feld von Untersuchungen zum speciellen Objecte ihrer genauen und mühsamen Beobachtungen gemacht haben. Es lag uns ob, auch unsere schwachen Kräfte auf diesem Gebiete zu ver- suchen und nach Möglichkeit die Aufhellung der Wahrheit zu befördern. Wenn es uns bei unseren Forschungen überhaupt Grundregel ist, nur das von uns genau Gesehene und Verfolgte zu berichten, so muſsten wir hier doppelt vorsichtig seyn, weil wir mit den gröſsten Autoritäten in die Schranken zu treten uns genöthigt sahen. Um aber einen sicheren Haltpunkt zu ge- winnen, werden wir uns die Resultate sehr vieler mühevoller Beobachtungen, die wir an Säugethieren und zwar an dem Rinde, dem Schaafe, dem Schweine, dem Hunde, der Katze, der Ratte und dem Kaninchen gemacht haben, hier vortragen, mit diesen die weni- gen an Menschen gemachten Erfahrungen verbinden, unsere Be- merkungen über niedere Wirbelthierklassen dagegen an einem an- deren schicklichen Orte bekannt machen. — Die wurmförmigen Organe nach Oken, die Wolffschen (bei Vögeln) und die Oken- schen (bei Säugethieren) Körper oder die falschen Nieren nach
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Geschlechts- und Harnorgane.
der Geschlechtstheile. Zwischen ihnen setzt sich ein kurzer Gang
fort, welcher sich mit den Tuben verbindet. Dieser wird nun
im Laufe der Entwickelung zur Scheide und zum Halse und Kör-
per der Gebärmutter nebst den weiteren Stücken der Hörner
derselben. Unterdeſs schwinden die den Ausführungsgängen der
falschen Nieren entsprechenden Höhlen gänzlich. Eine ähnliche
Bildung findet sich auch zuerst bei dem Männchen. Nur wandelt
sich hier der mittlere Theil in die pars membracea urethrae
um (S. 388.). — Zugleich nimmt Rathke seine frühere Meinung,
daſs Joh. Müller eine Ansammlung von Zellstoff für den falschen
Harnleiter gehalten habe, zurück, glaubt aber, daſs Joh. Müller
diesen nur aus seinem späteren Zustande kenne, wo er mit der
falschen Niere von vorn nach hinten geschwunden sey (S.
389.).
Wir haben hier absichtlich eine möglichst vollständige Ge-
schichte der bis auf unsere Tage gelieferten Arbeiten über die
Entwickelung der innersten Sphären der Geschlechts- und Harn-
organe zusammengestellt, um den Leser unmittelbar in ein Gebiet
einzuführen, welches an und für sich von dem höchsten Interesse
ist, dadurch aber für uns eine noch höhere Bedeutung erhalten hat,
daſs mehrere der ausgezeichnetsten Naturforscher unseres Jahrhun-
derts dieses Feld von Untersuchungen zum speciellen Objecte ihrer
genauen und mühsamen Beobachtungen gemacht haben. Es lag
uns ob, auch unsere schwachen Kräfte auf diesem Gebiete zu ver-
suchen und nach Möglichkeit die Aufhellung der Wahrheit zu
befördern. Wenn es uns bei unseren Forschungen überhaupt
Grundregel ist, nur das von uns genau Gesehene und Verfolgte
zu berichten, so muſsten wir hier doppelt vorsichtig seyn, weil
wir mit den gröſsten Autoritäten in die Schranken zu treten
uns genöthigt sahen. Um aber einen sicheren Haltpunkt zu ge-
winnen, werden wir uns die Resultate sehr vieler mühevoller
Beobachtungen, die wir an Säugethieren und zwar an dem Rinde,
dem Schaafe, dem Schweine, dem Hunde, der Katze, der Ratte und
dem Kaninchen gemacht haben, hier vortragen, mit diesen die weni-
gen an Menschen gemachten Erfahrungen verbinden, unsere Be-
merkungen über niedere Wirbelthierklassen dagegen an einem an-
deren schicklichen Orte bekannt machen. — Die wurmförmigen
Organe nach Oken, die Wolffschen (bei Vögeln) und die Oken-
schen (bei Säugethieren) Körper oder die falschen Nieren nach
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/403>, abgerufen am 23.11.2024.
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