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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Körpergefässe. Herz.
Valvula Eustachii empfängt, durch den Botallischen Gang (Stamm
der Lungenarterie und ductus arteriosus) nach der absteigenden
Aorte, also nach der unteren Körperhälfte und von da besonders
in die Nabelarterien, welche in früherer Zeit Nichts, als die Fort-
setzungen des Hauptstammes der Aorta sind. So geschehe der
Kreislauf im Fötus in Form einer Achte (8), deren oberer Ring
die Mündung der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch in
den linken Vorhof, der arteriöse Stamm für die obere Körper-
hälfte und die vordere Hohlvene, deren unterer Ring dagegen die
Mündung der vorderen Hohlvene in den rechten Vorhof, der Stamm
der Lungenarterie, der ductus arteriosus, die Aorta descendens,
die Nabelarterien, die Nabelvene und die hintere Hohlvene bilde.
Die Circulation des Blutes im Fötus ist auf diese Weise einfach,
und, wie bei dem Erwachsenen zu den Lungen, so strömt bei
ihm kein Blut zur Placenta zurück, welches nicht vorher den
ganzen Körper durchkreiset hätte. Diese Ansicht, welche, was
die arteriösen Stämme betrifft, zum Theil früher schon Cassebohm
(de differentia foet. et adulti. Hal. 1730. 4. p. 6. 7.) geäussert
hatte, wurde in Bezug auf den venösen Theil des Herzens durch
C. Fr. Wolff (s. oben S. 342.) bestätigt und vervollkommnet. Nach
ihm ergiesst die hintere Hohlvene ihr Blut sowohl in die rechte,
als in die linke Vorkammer. Der Theil, welcher in das rechte
Atrium fliesst, geht von da in die rechte und der, welcher in das
linke Atrium strömt, in die linke Kammer. Nach Ph. Fr. Mek-
kel (Danz l. c. II. S. 208.) geht, so wie ein Theil des Blutes
aus der hinteren Hohlvene auch in das rechte Atrium überfliesst,
so ebenfalls ein Theil des Blutes aus der vorderen Hohlader in
die linke Vorkammer. Bichat (Anat. generale Tom. II. 1812.
8. p. 346.) lässt das Blut der hinteren Hohlvene gänzlich in den
linken Vorhof gelangen und sich durchaus nicht mit dem der
Vena cava superior mischen, während anderseits Lobstein (s.
E. H. Weber in Hildebr. Anat. III. S. 161.) Sabatiers Lehre be-
streitet. Allein dieser, welche zum Theil früher schon Trew (l.
c. p. 92.) angedeutet hatte, folgten endlich in neuester Zeit J.
Fr. Meckel, Burdach u. A., während die Entwickelungsgeschichte
des Vogelembryo ihr eine neue nicht unwichtige Stütze gab.
Auch Kilian pflichtet dieser Ansicht bei (l. c. S. 204--206.). Nur
theilt sich nach ihm die untere Hohlvene in zwei Stämme, von
denen der linke das Blut unmittelbar in den linken Vorhof, der

Körpergefäſse. Herz.
Valvula Eustachii empfängt, durch den Botallischen Gang (Stamm
der Lungenarterie und ductus arteriosus) nach der absteigenden
Aorte, also nach der unteren Körperhälfte und von da besonders
in die Nabelarterien, welche in früherer Zeit Nichts, als die Fort-
setzungen des Hauptstammes der Aorta sind. So geschehe der
Kreislauf im Fötus in Form einer Achte (8), deren oberer Ring
die Mündung der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch in
den linken Vorhof, der arteriöse Stamm für die obere Körper-
hälfte und die vordere Hohlvene, deren unterer Ring dagegen die
Mündung der vorderen Hohlvene in den rechten Vorhof, der Stamm
der Lungenarterie, der ductus arteriosus, die Aorta descendens,
die Nabelarterien, die Nabelvene und die hintere Hohlvene bilde.
Die Circulation des Blutes im Fötus ist auf diese Weise einfach,
und, wie bei dem Erwachsenen zu den Lungen, so strömt bei
ihm kein Blut zur Placenta zurück, welches nicht vorher den
ganzen Körper durchkreiset hätte. Diese Ansicht, welche, was
die arteriösen Stämme betrifft, zum Theil früher schon Cassebohm
(de differentia foet. et adulti. Hal. 1730. 4. p. 6. 7.) geäuſsert
hatte, wurde in Bezug auf den venösen Theil des Herzens durch
C. Fr. Wolff (s. oben S. 342.) bestätigt und vervollkommnet. Nach
ihm ergieſst die hintere Hohlvene ihr Blut sowohl in die rechte,
als in die linke Vorkammer. Der Theil, welcher in das rechte
Atrium flieſst, geht von da in die rechte und der, welcher in das
linke Atrium strömt, in die linke Kammer. Nach Ph. Fr. Mek-
kel (Danz l. c. II. S. 208.) geht, so wie ein Theil des Blutes
aus der hinteren Hohlvene auch in das rechte Atrium überflieſst,
so ebenfalls ein Theil des Blutes aus der vorderen Hohlader in
die linke Vorkammer. Bichat (Anat. generale Tom. II. 1812.
8. p. 346.) läſst das Blut der hinteren Hohlvene gänzlich in den
linken Vorhof gelangen und sich durchaus nicht mit dem der
Vena cava superior mischen, während anderseits Lobstein (s.
E. H. Weber in Hildebr. Anat. III. S. 161.) Sabatiers Lehre be-
streitet. Allein dieser, welche zum Theil früher schon Trew (l.
c. p. 92.) angedeutet hatte, folgten endlich in neuester Zeit J.
Fr. Meckel, Burdach u. A., während die Entwickelungsgeschichte
des Vogelembryo ihr eine neue nicht unwichtige Stütze gab.
Auch Kilian pflichtet dieser Ansicht bei (l. c. S. 204—206.). Nur
theilt sich nach ihm die untere Hohlvene in zwei Stämme, von
denen der linke das Blut unmittelbar in den linken Vorhof, der

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[347/0375] Körpergefäſse. Herz. Valvula Eustachii empfängt, durch den Botallischen Gang (Stamm der Lungenarterie und ductus arteriosus) nach der absteigenden Aorte, also nach der unteren Körperhälfte und von da besonders in die Nabelarterien, welche in früherer Zeit Nichts, als die Fort- setzungen des Hauptstammes der Aorta sind. So geschehe der Kreislauf im Fötus in Form einer Achte (8), deren oberer Ring die Mündung der hinteren Hohlvene durch das eirunde Loch in den linken Vorhof, der arteriöse Stamm für die obere Körper- hälfte und die vordere Hohlvene, deren unterer Ring dagegen die Mündung der vorderen Hohlvene in den rechten Vorhof, der Stamm der Lungenarterie, der ductus arteriosus, die Aorta descendens, die Nabelarterien, die Nabelvene und die hintere Hohlvene bilde. Die Circulation des Blutes im Fötus ist auf diese Weise einfach, und, wie bei dem Erwachsenen zu den Lungen, so strömt bei ihm kein Blut zur Placenta zurück, welches nicht vorher den ganzen Körper durchkreiset hätte. Diese Ansicht, welche, was die arteriösen Stämme betrifft, zum Theil früher schon Cassebohm (de differentia foet. et adulti. Hal. 1730. 4. p. 6. 7.) geäuſsert hatte, wurde in Bezug auf den venösen Theil des Herzens durch C. Fr. Wolff (s. oben S. 342.) bestätigt und vervollkommnet. Nach ihm ergieſst die hintere Hohlvene ihr Blut sowohl in die rechte, als in die linke Vorkammer. Der Theil, welcher in das rechte Atrium flieſst, geht von da in die rechte und der, welcher in das linke Atrium strömt, in die linke Kammer. Nach Ph. Fr. Mek- kel (Danz l. c. II. S. 208.) geht, so wie ein Theil des Blutes aus der hinteren Hohlvene auch in das rechte Atrium überflieſst, so ebenfalls ein Theil des Blutes aus der vorderen Hohlader in die linke Vorkammer. Bichat (Anat. generale Tom. II. 1812. 8. p. 346.) läſst das Blut der hinteren Hohlvene gänzlich in den linken Vorhof gelangen und sich durchaus nicht mit dem der Vena cava superior mischen, während anderseits Lobstein (s. E. H. Weber in Hildebr. Anat. III. S. 161.) Sabatiers Lehre be- streitet. Allein dieser, welche zum Theil früher schon Trew (l. c. p. 92.) angedeutet hatte, folgten endlich in neuester Zeit J. Fr. Meckel, Burdach u. A., während die Entwickelungsgeschichte des Vogelembryo ihr eine neue nicht unwichtige Stütze gab. Auch Kilian pflichtet dieser Ansicht bei (l. c. S. 204—206.). Nur theilt sich nach ihm die untere Hohlvene in zwei Stämme, von denen der linke das Blut unmittelbar in den linken Vorhof, der

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/375>, abgerufen am 23.11.2024.