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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
dung fällt in den dritten Monat der Schwangerschaft und entsteht
dadurch, dass die Flockenbüschel und Flocken des Chorion in die
Lücken der Netze der Gebärmutter sich hineinziehen, anderseits
dagegen auch Productionen des Uterus in die Zwischenräume der
Ungleichheiten des Exochorion wiederum eindringen. Die deci-
dua
, welche zwischen beiden liegt, wird weich, körnig, und so
kann man sie noch im fünften Monate als eine körnige, leicht
destruirbare Schicht auf der Placenta deutlich wahrnehmen. Doch
wäre es interessant, die einzelnen Specialitäten des Herganges
bei dem Menschen durch fortgeführte Beobachtung zu erfahren,
wozu leider bis jetzt noch alle Daten fehlen. -- So steht in dieser
Hinsicht die Placenta des Menschen der der Raubthiere, wie v.
Bär bemerkt hat, und wie es auch von der des Affen wahr-
scheinlich ist (vgl. John Hunter Bem. üb. die thier. Oekon. 1803.
S. 205.), am nächsten. Jedenfalls aber saugt sich bei ihm nicht
bloss ein einzelner Theil in den andern ein, sondern Mutter- und
Fruchtkuchen treten in ihm in ein gleiches Verhältniss gegen
einander, so dass Theile des ersten eben so tief in die des zwei-
ten hineinragen, als des zweiten in die des ersten. Zwischen
beiden ist jedoch die weiche leicht zerreissbare decidua enthal-
ten, welche durch das Eindrängen der beiden Placenten gegen
einander zum Theil schwindet, überhaupt an Bedeutung sehr viel
verliert und vielleicht dann hier dieselbe Function zum Theil hat,
wie die sulzige Masse zwischen Mutter- und Fruchtkuchen bei
den Wiederkäuern. -- Die Placenta hängt aber nicht unmittelbar
mit dem Nabel des Fötus zusammen, sondern vermittelst eines
eigenen Stranges, des Nabelstranges (funiculus umbilicalis).
Er besteht aus dem Urachus, oder dessen Ueberrest, den beiden
Nabelarterien, der Nabelvene und einer eigenen Sulze, welche
diese Theile verbindet und die Whartonsche Sulze genannt wird
(s. unten Schleimbl.). Die Gefässe des Nabelstranges haben we-
der Vasa vasorum, noch eine äussere Arterienhaut und sind
wie der Nabelstrang selbst mehr oder minder spiralig gewunden.
Leicht lässt sich ein Gefäss durch Injection des anderen füllen.

c. Wir haben nun die bisher noch nicht genannten Kör-
pergefässe nachzuholen. Die Ausbeute ist hier leider gering,
da das Meiste noch durch künftige Forschungen aufgehellt wer-
den muss. Die Carotis ist, wie wir oben gesehen haben, ein
Ast des ersten Kiemengefässes. Sie verläuft ziemlich gerade nach

Von dem Embryo.
dung fällt in den dritten Monat der Schwangerschaft und entsteht
dadurch, daſs die Flockenbüschel und Flocken des Chorion in die
Lücken der Netze der Gebärmutter sich hineinziehen, anderseits
dagegen auch Productionen des Uterus in die Zwischenräume der
Ungleichheiten des Exochorion wiederum eindringen. Die deci-
dua
, welche zwischen beiden liegt, wird weich, körnig, und so
kann man sie noch im fünften Monate als eine körnige, leicht
destruirbare Schicht auf der Placenta deutlich wahrnehmen. Doch
wäre es interessant, die einzelnen Specialitäten des Herganges
bei dem Menschen durch fortgeführte Beobachtung zu erfahren,
wozu leider bis jetzt noch alle Daten fehlen. — So steht in dieser
Hinsicht die Placenta des Menschen der der Raubthiere, wie v.
Bär bemerkt hat, und wie es auch von der des Affen wahr-
scheinlich ist (vgl. John Hunter Bem. üb. die thier. Oekon. 1803.
S. 205.), am nächsten. Jedenfalls aber saugt sich bei ihm nicht
bloſs ein einzelner Theil in den andern ein, sondern Mutter- und
Fruchtkuchen treten in ihm in ein gleiches Verhältniſs gegen
einander, so daſs Theile des ersten eben so tief in die des zwei-
ten hineinragen, als des zweiten in die des ersten. Zwischen
beiden ist jedoch die weiche leicht zerreiſsbare decidua enthal-
ten, welche durch das Eindrängen der beiden Placenten gegen
einander zum Theil schwindet, überhaupt an Bedeutung sehr viel
verliert und vielleicht dann hier dieselbe Function zum Theil hat,
wie die sulzige Masse zwischen Mutter- und Fruchtkuchen bei
den Wiederkäuern. — Die Placenta hängt aber nicht unmittelbar
mit dem Nabel des Fötus zusammen, sondern vermittelst eines
eigenen Stranges, des Nabelstranges (funiculus umbilicalis).
Er besteht aus dem Urachus, oder dessen Ueberrest, den beiden
Nabelarterien, der Nabelvene und einer eigenen Sulze, welche
diese Theile verbindet und die Whartonsche Sulze genannt wird
(s. unten Schleimbl.). Die Gefäſse des Nabelstranges haben we-
der Vasa vasorum, noch eine äuſsere Arterienhaut und sind
wie der Nabelstrang selbst mehr oder minder spiralig gewunden.
Leicht läſst sich ein Gefäſs durch Injection des anderen füllen.

c. Wir haben nun die bisher noch nicht genannten Kör-
pergefäſse nachzuholen. Die Ausbeute ist hier leider gering,
da das Meiste noch durch künftige Forschungen aufgehellt wer-
den muſs. Die Carotis ist, wie wir oben gesehen haben, ein
Ast des ersten Kiemengefäſses. Sie verläuft ziemlich gerade nach

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[330/0358] Von dem Embryo. dung fällt in den dritten Monat der Schwangerschaft und entsteht dadurch, daſs die Flockenbüschel und Flocken des Chorion in die Lücken der Netze der Gebärmutter sich hineinziehen, anderseits dagegen auch Productionen des Uterus in die Zwischenräume der Ungleichheiten des Exochorion wiederum eindringen. Die deci- dua, welche zwischen beiden liegt, wird weich, körnig, und so kann man sie noch im fünften Monate als eine körnige, leicht destruirbare Schicht auf der Placenta deutlich wahrnehmen. Doch wäre es interessant, die einzelnen Specialitäten des Herganges bei dem Menschen durch fortgeführte Beobachtung zu erfahren, wozu leider bis jetzt noch alle Daten fehlen. — So steht in dieser Hinsicht die Placenta des Menschen der der Raubthiere, wie v. Bär bemerkt hat, und wie es auch von der des Affen wahr- scheinlich ist (vgl. John Hunter Bem. üb. die thier. Oekon. 1803. S. 205.), am nächsten. Jedenfalls aber saugt sich bei ihm nicht bloſs ein einzelner Theil in den andern ein, sondern Mutter- und Fruchtkuchen treten in ihm in ein gleiches Verhältniſs gegen einander, so daſs Theile des ersten eben so tief in die des zwei- ten hineinragen, als des zweiten in die des ersten. Zwischen beiden ist jedoch die weiche leicht zerreiſsbare decidua enthal- ten, welche durch das Eindrängen der beiden Placenten gegen einander zum Theil schwindet, überhaupt an Bedeutung sehr viel verliert und vielleicht dann hier dieselbe Function zum Theil hat, wie die sulzige Masse zwischen Mutter- und Fruchtkuchen bei den Wiederkäuern. — Die Placenta hängt aber nicht unmittelbar mit dem Nabel des Fötus zusammen, sondern vermittelst eines eigenen Stranges, des Nabelstranges (funiculus umbilicalis). Er besteht aus dem Urachus, oder dessen Ueberrest, den beiden Nabelarterien, der Nabelvene und einer eigenen Sulze, welche diese Theile verbindet und die Whartonsche Sulze genannt wird (s. unten Schleimbl.). Die Gefäſse des Nabelstranges haben we- der Vasa vasorum, noch eine äuſsere Arterienhaut und sind wie der Nabelstrang selbst mehr oder minder spiralig gewunden. Leicht läſst sich ein Gefäſs durch Injection des anderen füllen. c. Wir haben nun die bisher noch nicht genannten Kör- pergefäſse nachzuholen. Die Ausbeute ist hier leider gering, da das Meiste noch durch künftige Forschungen aufgehellt wer- den muſs. Die Carotis ist, wie wir oben gesehen haben, ein Ast des ersten Kiemengefäſses. Sie verläuft ziemlich gerade nach

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/358>, abgerufen am 19.05.2024.