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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ei des Vogels.
Fische, sowohl vor als während der Befruchtung und Entwicke-
lung des Embryo, eine körnerhaltige zähe Masse, welche man im
Allgemeinen den Dotter nennt, und ein oder mehrere isolirte
Oeltropfen, welche hier während der ganzen Evolutionsgeschichte
eine wichtige Rolle spielen, wie Cavolini, Carus, Rathke u. A.
schon beobachtet haben und wir selbst an einem anderen Orte ausführ-
lich auseinander zu setzen uns bemühen werden. In dem Eie
der Batrachier finden sich in einer äusserst körnerreichen flüssigen
Masse einzelne Oeltropfen eingeschlossen. Ebenso hat man dieses
auch bei den Ophidiern und Cheloniern beobachtet. Ueber die
Säugethiere und den Menschen wird bald ausführlich gesprochen
werden.

Ausser dem Dotter und der Dotterhaut sind in etwas grösse-
ren Eichen des Ovarium der Vögel noch das Keimbläschen
und die Keimanlage zu unterscheiden, so dass alle oben genann-
ten Theile des Eies überhaupt schon mit Deutlichkeit dann isolirt
dargestellt werden können. Der Durchmesser der kleinsten Ei-
chen, in welchen uns dieses möglich war, betrug 1/6 Linie. Da-
her wir nun von diesen bis zu den grössten, d. h. in dem Mo-
mente befindlichen, in welchem sich das Ei von dem Eierstocke
löst, um in den Eileiter zu gelangen, die einzelnen Theile durch-
gehen wollen.

1) Die Dotterhaut ist eine durchsichtige, structurlose Mem-
bran, welche zwar in vielen Fällen an ihrer inneren Oberfläche
eine Schicht sehr dünner, zarter Kügelchen zeigt, die aber, wie
wir bald sehen werden, ihr selbst wahrscheinlich nicht angehört.
Sie umschliesst genau das aus dem Parenchym des Eierstockes
gelöste Eichen und vergrössert sich gleichmässig mit dem Eie
selbst, so lange dieses in oder an dem Eierstocke sich befindet.
Nirgends lässt sich an ihr die Spur einer Nath oder Narbe wahr-
nehmen. Sie stellt vielmehr einen überall geschlossenen, conti-
nuirlichen Sack dar und conformirt sich in ihrer äusseren Gestalt
ganz nach der des Eies überhaupt und des Dotters insbesondere.
Sie ist daher in kleinen Eiern von rundlicher oder länglicher Ge-
stalt, in grösseren dagegen immer von bestimmt runder Form.
Nur äusserst selten sind in ihr schwache Spuren von Fäden wahr-
zunehmen.

2) Der Dotter ist in dem vorgerückten Stadium der Ausbil-
dung eine gelbe, flüssige Masse von ziemlich zäher Consistenz und

Ei des Vogels.
Fische, sowohl vor als während der Befruchtung und Entwicke-
lung des Embryo, eine körnerhaltige zähe Masse, welche man im
Allgemeinen den Dotter nennt, und ein oder mehrere isolirte
Oeltropfen, welche hier während der ganzen Evolutionsgeschichte
eine wichtige Rolle spielen, wie Cavolini, Carus, Rathke u. A.
schon beobachtet haben und wir selbst an einem anderen Orte ausführ-
lich auseinander zu setzen uns bemühen werden. In dem Eie
der Batrachier finden sich in einer äuſserst körnerreichen flüssigen
Masse einzelne Oeltropfen eingeschlossen. Ebenso hat man dieses
auch bei den Ophidiern und Cheloniern beobachtet. Ueber die
Säugethiere und den Menschen wird bald ausführlich gesprochen
werden.

Auſser dem Dotter und der Dotterhaut sind in etwas gröſse-
ren Eichen des Ovarium der Vögel noch das Keimbläschen
und die Keimanlage zu unterscheiden, so daſs alle oben genann-
ten Theile des Eies überhaupt schon mit Deutlichkeit dann isolirt
dargestellt werden können. Der Durchmesser der kleinsten Ei-
chen, in welchen uns dieses möglich war, betrug ⅙ Linie. Da-
her wir nun von diesen bis zu den gröſsten, d. h. in dem Mo-
mente befindlichen, in welchem sich das Ei von dem Eierstocke
löst, um in den Eileiter zu gelangen, die einzelnen Theile durch-
gehen wollen.

1) Die Dotterhaut ist eine durchsichtige, structurlose Mem-
bran, welche zwar in vielen Fällen an ihrer inneren Oberfläche
eine Schicht sehr dünner, zarter Kügelchen zeigt, die aber, wie
wir bald sehen werden, ihr selbst wahrscheinlich nicht angehört.
Sie umschlieſst genau das aus dem Parenchym des Eierstockes
gelöste Eichen und vergröſsert sich gleichmäſsig mit dem Eie
selbst, so lange dieses in oder an dem Eierstocke sich befindet.
Nirgends läſst sich an ihr die Spur einer Nath oder Narbe wahr-
nehmen. Sie stellt vielmehr einen überall geschlossenen, conti-
nuirlichen Sack dar und conformirt sich in ihrer äuſseren Gestalt
ganz nach der des Eies überhaupt und des Dotters insbesondere.
Sie ist daher in kleinen Eiern von rundlicher oder länglicher Ge-
stalt, in gröſseren dagegen immer von bestimmt runder Form.
Nur äuſserst selten sind in ihr schwache Spuren von Fäden wahr-
zunehmen.

2) Der Dotter ist in dem vorgerückten Stadium der Ausbil-
dung eine gelbe, flüssige Masse von ziemlich zäher Consistenz und

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[5/0033] Ei des Vogels. Fische, sowohl vor als während der Befruchtung und Entwicke- lung des Embryo, eine körnerhaltige zähe Masse, welche man im Allgemeinen den Dotter nennt, und ein oder mehrere isolirte Oeltropfen, welche hier während der ganzen Evolutionsgeschichte eine wichtige Rolle spielen, wie Cavolini, Carus, Rathke u. A. schon beobachtet haben und wir selbst an einem anderen Orte ausführ- lich auseinander zu setzen uns bemühen werden. In dem Eie der Batrachier finden sich in einer äuſserst körnerreichen flüssigen Masse einzelne Oeltropfen eingeschlossen. Ebenso hat man dieses auch bei den Ophidiern und Cheloniern beobachtet. Ueber die Säugethiere und den Menschen wird bald ausführlich gesprochen werden. Auſser dem Dotter und der Dotterhaut sind in etwas gröſse- ren Eichen des Ovarium der Vögel noch das Keimbläschen und die Keimanlage zu unterscheiden, so daſs alle oben genann- ten Theile des Eies überhaupt schon mit Deutlichkeit dann isolirt dargestellt werden können. Der Durchmesser der kleinsten Ei- chen, in welchen uns dieses möglich war, betrug ⅙ Linie. Da- her wir nun von diesen bis zu den gröſsten, d. h. in dem Mo- mente befindlichen, in welchem sich das Ei von dem Eierstocke löst, um in den Eileiter zu gelangen, die einzelnen Theile durch- gehen wollen. 1) Die Dotterhaut ist eine durchsichtige, structurlose Mem- bran, welche zwar in vielen Fällen an ihrer inneren Oberfläche eine Schicht sehr dünner, zarter Kügelchen zeigt, die aber, wie wir bald sehen werden, ihr selbst wahrscheinlich nicht angehört. Sie umschlieſst genau das aus dem Parenchym des Eierstockes gelöste Eichen und vergröſsert sich gleichmäſsig mit dem Eie selbst, so lange dieses in oder an dem Eierstocke sich befindet. Nirgends läſst sich an ihr die Spur einer Nath oder Narbe wahr- nehmen. Sie stellt vielmehr einen überall geschlossenen, conti- nuirlichen Sack dar und conformirt sich in ihrer äuſseren Gestalt ganz nach der des Eies überhaupt und des Dotters insbesondere. Sie ist daher in kleinen Eiern von rundlicher oder länglicher Ge- stalt, in gröſseren dagegen immer von bestimmt runder Form. Nur äuſserst selten sind in ihr schwache Spuren von Fäden wahr- zunehmen. 2) Der Dotter ist in dem vorgerückten Stadium der Ausbil- dung eine gelbe, flüssige Masse von ziemlich zäher Consistenz und

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/33>, abgerufen am 20.04.2024.