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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
vorzüglich dem bewaffneten Auge verschwinden, so wird man
diese gewiss, weil man sie nicht gleich sieht, desshalb nicht gänz-
lich zu läugnen geneigt seyn. b. Hieran reihet sich die Behaup-
tung, dass in frühester Zeit die kleinsten Gefässe in ihren Bah-
nen nicht ganz bestimmt seyen. v. Bär (l. c. S. 32. bei Burdach
S. 508.) hat eine Beobachtung gemacht, welche diese Ansicht
direct zu beweisen scheinen könnte. Er sah nämlich an Eidech-
senembryonen mit Bestimmtheit, wie aus einer Arterie für das
Hirn sieben bis acht dünne Strömchen ausflossen und dass, je
nachdem der einzelne Herzschlag kräftiger oder schwächer war,
die beiden hintersten Strömchen näher oder entfernter von der
vorderen verliefen. Allein genau betrachtet beweist diese Erfah-
rung gerade das Gegentheil von dem, was v. Bär daraus herlei-
tet. Denn hätten diese beweglichen Gefässchen noch keine be-
stimmte Bahnen und distincte Wände gehabt, so wären sie bei
den heftigeren Contractionen des Herzens nicht seitlich ausgewi-
chen, sondern es wären nothwendig bei stärkerem Impulse brei-
tere Extravasaten nicht unähnliche Strömungen entstanden, wie
man sie bei unglücklichen Injectionen der feinsten Blutgefässe
täglich sieht. Sie hatten vielmehr schon ihre Wandungen und
mithin bestimmte Bahnen. Die ersteren waren schon fest und
leisteten, selbst dem heftigeren Stosse des Herzens für sich auch
schon den gehörigen Widerstand. Allein nicht so der flüssige
sie umgebende Thierstoff. Er gab nach und daher oscillirten
die mit Blut gefüllten Gefässe in ihm. An einem anderen Orte
(Untersuchungen über Gefässverb. zwischen Mutter und Frucht
1828. fol. S. 12. 16 fgg.) sucht v. Bär die Wandungslosigkeit
der kleinsten Gefässe durch Injectionen zu beweisen. Allein auch
hier hat mich meine Erfahrung eines Anderen belehrt. Bei Er-
wachsenen füllen sich nach glücklicher Einspritzung alle Capil-
largefässe, d. h. die Masse geht aus den Arterien in die Venen
und umgekehrt über, ohne an irgend einem Punkte auszutreten
oder die Gefässe an einzelnen Stellen zu erweitern. Bei Fötus
ist dieses anders. So leicht es hier ist, die grösseren Gefäss-
stämme mit passenden Kanülen und sehr kleinen Spritzen anzu-
füllen, so überaus schwer ist es, die Capiilargefässe vollständig
zu injiciren, so dass die Masse durch die entsprechenden Venen
oder Arterien zurückkehrt. Ist der Druck, welchen man auf
den Stempel der Spritze anwendet zu schwach, so füllen sich

Von dem Embryo.
vorzüglich dem bewaffneten Auge verschwinden, so wird man
diese gewiſs, weil man sie nicht gleich sieht, deſshalb nicht gänz-
lich zu läugnen geneigt seyn. b. Hieran reihet sich die Behaup-
tung, daſs in frühester Zeit die kleinsten Gefäſse in ihren Bah-
nen nicht ganz bestimmt seyen. v. Bär (l. c. S. 32. bei Burdach
S. 508.) hat eine Beobachtung gemacht, welche diese Ansicht
direct zu beweisen scheinen könnte. Er sah nämlich an Eidech-
senembryonen mit Bestimmtheit, wie aus einer Arterie für das
Hirn sieben bis acht dünne Strömchen ausflossen und daſs, je
nachdem der einzelne Herzschlag kräftiger oder schwächer war,
die beiden hintersten Strömchen näher oder entfernter von der
vorderen verliefen. Allein genau betrachtet beweist diese Erfah-
rung gerade das Gegentheil von dem, was v. Bär daraus herlei-
tet. Denn hätten diese beweglichen Gefäſschen noch keine be-
stimmte Bahnen und distincte Wände gehabt, so wären sie bei
den heftigeren Contractionen des Herzens nicht seitlich ausgewi-
chen, sondern es wären nothwendig bei stärkerem Impulse brei-
tere Extravasaten nicht unähnliche Strömungen entstanden, wie
man sie bei unglücklichen Injectionen der feinsten Blutgefäſse
täglich sieht. Sie hatten vielmehr schon ihre Wandungen und
mithin bestimmte Bahnen. Die ersteren waren schon fest und
leisteten, selbst dem heftigeren Stoſse des Herzens für sich auch
schon den gehörigen Widerstand. Allein nicht so der flüssige
sie umgebende Thierstoff. Er gab nach und daher oscillirten
die mit Blut gefüllten Gefäſse in ihm. An einem anderen Orte
(Untersuchungen über Gefäſsverb. zwischen Mutter und Frucht
1828. fol. S. 12. 16 fgg.) sucht v. Bär die Wandungslosigkeit
der kleinsten Gefäſse durch Injectionen zu beweisen. Allein auch
hier hat mich meine Erfahrung eines Anderen belehrt. Bei Er-
wachsenen füllen sich nach glücklicher Einspritzung alle Capil-
largefäſse, d. h. die Masse geht aus den Arterien in die Venen
und umgekehrt über, ohne an irgend einem Punkte auszutreten
oder die Gefäſse an einzelnen Stellen zu erweitern. Bei Fötus
ist dieses anders. So leicht es hier ist, die gröſseren Gefäſs-
stämme mit passenden Kanülen und sehr kleinen Spritzen anzu-
füllen, so überaus schwer ist es, die Capiilargefäſse vollständig
zu injiciren, so daſs die Masse durch die entsprechenden Venen
oder Arterien zurückkehrt. Ist der Druck, welchen man auf
den Stempel der Spritze anwendet zu schwach, so füllen sich

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[300/0328] Von dem Embryo. vorzüglich dem bewaffneten Auge verschwinden, so wird man diese gewiſs, weil man sie nicht gleich sieht, deſshalb nicht gänz- lich zu läugnen geneigt seyn. b. Hieran reihet sich die Behaup- tung, daſs in frühester Zeit die kleinsten Gefäſse in ihren Bah- nen nicht ganz bestimmt seyen. v. Bär (l. c. S. 32. bei Burdach S. 508.) hat eine Beobachtung gemacht, welche diese Ansicht direct zu beweisen scheinen könnte. Er sah nämlich an Eidech- senembryonen mit Bestimmtheit, wie aus einer Arterie für das Hirn sieben bis acht dünne Strömchen ausflossen und daſs, je nachdem der einzelne Herzschlag kräftiger oder schwächer war, die beiden hintersten Strömchen näher oder entfernter von der vorderen verliefen. Allein genau betrachtet beweist diese Erfah- rung gerade das Gegentheil von dem, was v. Bär daraus herlei- tet. Denn hätten diese beweglichen Gefäſschen noch keine be- stimmte Bahnen und distincte Wände gehabt, so wären sie bei den heftigeren Contractionen des Herzens nicht seitlich ausgewi- chen, sondern es wären nothwendig bei stärkerem Impulse brei- tere Extravasaten nicht unähnliche Strömungen entstanden, wie man sie bei unglücklichen Injectionen der feinsten Blutgefäſse täglich sieht. Sie hatten vielmehr schon ihre Wandungen und mithin bestimmte Bahnen. Die ersteren waren schon fest und leisteten, selbst dem heftigeren Stoſse des Herzens für sich auch schon den gehörigen Widerstand. Allein nicht so der flüssige sie umgebende Thierstoff. Er gab nach und daher oscillirten die mit Blut gefüllten Gefäſse in ihm. An einem anderen Orte (Untersuchungen über Gefäſsverb. zwischen Mutter und Frucht 1828. fol. S. 12. 16 fgg.) sucht v. Bär die Wandungslosigkeit der kleinsten Gefäſse durch Injectionen zu beweisen. Allein auch hier hat mich meine Erfahrung eines Anderen belehrt. Bei Er- wachsenen füllen sich nach glücklicher Einspritzung alle Capil- largefäſse, d. h. die Masse geht aus den Arterien in die Venen und umgekehrt über, ohne an irgend einem Punkte auszutreten oder die Gefäſse an einzelnen Stellen zu erweitern. Bei Fötus ist dieses anders. So leicht es hier ist, die gröſseren Gefäſs- stämme mit passenden Kanülen und sehr kleinen Spritzen anzu- füllen, so überaus schwer ist es, die Capiilargefäſse vollständig zu injiciren, so daſs die Masse durch die entsprechenden Venen oder Arterien zurückkehrt. Ist der Druck, welchen man auf den Stempel der Spritze anwendet zu schwach, so füllen sich

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/328>, abgerufen am 23.11.2024.