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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe.
als selbstständig erkennbare Faser, in welche sich die Muskelsub-
stanz zerlegen lässt, wird einfache Faser (Muskelfibrille) genannt,
so wie eine ebenfalls selbstständige Verbindung mehrerer Fibril-
len eine Fiber. So relativ diese Distinction auch ist, so gewährt
sie doch einen bestimmten Ausdruck dafür, wie fein eine gewisse
Muskelsubstanz theilbar sey. Bei dem Embryo ist eine solche
Theilung wie bei dem Erwachsenen weniger mit dem Messer,
als durch den Druck zwischen zwei Glasplatten möglich, dann
zeigt es sich, dass, je jünger der Embryo, die Elementartheile
um so stärker sind. So fand ich, um von dem Menschen einige
Beispiele anzuführen, die Muskelfibern der untersten Lage der
niedrigsten Stelle des Nackens bei einem in der achten Woche
befindlichen Embryo 0,000709 P. Z., in der zehnten Woche
0,000632 P. Z., in der Mitte des fünften Monates 0,000405 P. Z.,
am Ende des achten Monates 0,000304 P. Z. und bei dem Neu-
geborenen 0,000228 P. Z. 2) Wir haben es schon oben bemerkt,
dass von der Zeit an, wo die Muskelfaser gleichförmig und durch-
sichtig wird, sich Kügelchen in grosser Menge anhäufen. Sie ver-
mindern sich später wieder und werden mit der gallertartigen
Masse, welche sie zusammenhält, zu dem verbindenden Schleim-
gewebe. Dieses verbindet aber nicht die Fibrillen, sondern die
Fibern. Da die Kügelchen in frühester Zeit zwischen den ein-
zelnen, durch die grösstmöglichste Zertheilung erhaltenen, relativ
einfachen Fasern liegen, so müssen diese für Fibern und nicht
für Fibrillen erklärt werden. Eben so kann man sich leicht über-
zeugen, dass die Faserbündel isolirt von einander, wie die Kno-
chenkanälchen entstehen, wenn man ein Stückchen stratum ge-
latinosum
in der ersten Periode der Muskelbildung unter schwa-
cher Vergrösserung betrachtet. Denn dann erscheinen die ge-
trennt formirten Faserbündel, wie parallele Saiten, die durch
Gallertplatten sicher von einander geschieden werden. Auf ana-
loge Weise entstchen auch zuerst die Muskelbäuche und dann
die lacertuli. Der Typus der Muskelfasergenese, so wie der der
Faser überhaupt, beruht auf der Bildung eines isolirten, einfachen
Cylinders und dem Zerfallen dieses Cylinders in kleinere und
kleinste.

Die Schnenfaser wird bei dem Menschen histiologisch früher
ausgebildet, als die Muskelfaser, wiewohl im Embryo die Sehnen
dem äusseren Ausehen nach unvollkommener zu seyn scheinen, als

Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe.
als selbstständig erkennbare Faser, in welche sich die Muskelsub-
stanz zerlegen läſst, wird einfache Faser (Muskelfibrille) genannt,
so wie eine ebenfalls selbstständige Verbindung mehrerer Fibril-
len eine Fiber. So relativ diese Distinction auch ist, so gewährt
sie doch einen bestimmten Ausdruck dafür, wie fein eine gewisse
Muskelsubstanz theilbar sey. Bei dem Embryo ist eine solche
Theilung wie bei dem Erwachsenen weniger mit dem Messer,
als durch den Druck zwischen zwei Glasplatten möglich, dann
zeigt es sich, daſs, je jünger der Embryo, die Elementartheile
um so stärker sind. So fand ich, um von dem Menschen einige
Beispiele anzuführen, die Muskelfibern der untersten Lage der
niedrigsten Stelle des Nackens bei einem in der achten Woche
befindlichen Embryo 0,000709 P. Z., in der zehnten Woche
0,000632 P. Z., in der Mitte des fünften Monates 0,000405 P. Z.,
am Ende des achten Monates 0,000304 P. Z. und bei dem Neu-
geborenen 0,000228 P. Z. 2) Wir haben es schon oben bemerkt,
daſs von der Zeit an, wo die Muskelfaser gleichförmig und durch-
sichtig wird, sich Kügelchen in groſser Menge anhäufen. Sie ver-
mindern sich später wieder und werden mit der gallertartigen
Masse, welche sie zusammenhält, zu dem verbindenden Schleim-
gewebe. Dieses verbindet aber nicht die Fibrillen, sondern die
Fibern. Da die Kügelchen in frühester Zeit zwischen den ein-
zelnen, durch die gröſstmöglichste Zertheilung erhaltenen, relativ
einfachen Fasern liegen, so müssen diese für Fibern und nicht
für Fibrillen erklärt werden. Eben so kann man sich leicht über-
zeugen, daſs die Faserbündel isolirt von einander, wie die Kno-
chenkanälchen entstehen, wenn man ein Stückchen stratum ge-
latinosum
in der ersten Periode der Muskelbildung unter schwa-
cher Vergröſserung betrachtet. Denn dann erscheinen die ge-
trennt formirten Faserbündel, wie parallele Saiten, die durch
Gallertplatten sicher von einander geschieden werden. Auf ana-
loge Weise entstchen auch zuerst die Muskelbäuche und dann
die lacertuli. Der Typus der Muskelfasergenese, so wie der der
Faser überhaupt, beruht auf der Bildung eines isolirten, einfachen
Cylinders und dem Zerfallen dieses Cylinders in kleinere und
kleinste.

Die Schnenfaser wird bei dem Menschen histiologisch früher
ausgebildet, als die Muskelfaser, wiewohl im Embryo die Sehnen
dem äuſseren Ausehen nach unvollkommener zu seyn scheinen, als

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[269/0297] Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe. als selbstständig erkennbare Faser, in welche sich die Muskelsub- stanz zerlegen läſst, wird einfache Faser (Muskelfibrille) genannt, so wie eine ebenfalls selbstständige Verbindung mehrerer Fibril- len eine Fiber. So relativ diese Distinction auch ist, so gewährt sie doch einen bestimmten Ausdruck dafür, wie fein eine gewisse Muskelsubstanz theilbar sey. Bei dem Embryo ist eine solche Theilung wie bei dem Erwachsenen weniger mit dem Messer, als durch den Druck zwischen zwei Glasplatten möglich, dann zeigt es sich, daſs, je jünger der Embryo, die Elementartheile um so stärker sind. So fand ich, um von dem Menschen einige Beispiele anzuführen, die Muskelfibern der untersten Lage der niedrigsten Stelle des Nackens bei einem in der achten Woche befindlichen Embryo 0,000709 P. Z., in der zehnten Woche 0,000632 P. Z., in der Mitte des fünften Monates 0,000405 P. Z., am Ende des achten Monates 0,000304 P. Z. und bei dem Neu- geborenen 0,000228 P. Z. 2) Wir haben es schon oben bemerkt, daſs von der Zeit an, wo die Muskelfaser gleichförmig und durch- sichtig wird, sich Kügelchen in groſser Menge anhäufen. Sie ver- mindern sich später wieder und werden mit der gallertartigen Masse, welche sie zusammenhält, zu dem verbindenden Schleim- gewebe. Dieses verbindet aber nicht die Fibrillen, sondern die Fibern. Da die Kügelchen in frühester Zeit zwischen den ein- zelnen, durch die gröſstmöglichste Zertheilung erhaltenen, relativ einfachen Fasern liegen, so müssen diese für Fibern und nicht für Fibrillen erklärt werden. Eben so kann man sich leicht über- zeugen, daſs die Faserbündel isolirt von einander, wie die Kno- chenkanälchen entstehen, wenn man ein Stückchen stratum ge- latinosum in der ersten Periode der Muskelbildung unter schwa- cher Vergröſserung betrachtet. Denn dann erscheinen die ge- trennt formirten Faserbündel, wie parallele Saiten, die durch Gallertplatten sicher von einander geschieden werden. Auf ana- loge Weise entstchen auch zuerst die Muskelbäuche und dann die lacertuli. Der Typus der Muskelfasergenese, so wie der der Faser überhaupt, beruht auf der Bildung eines isolirten, einfachen Cylinders und dem Zerfallen dieses Cylinders in kleinere und kleinste. Die Schnenfaser wird bei dem Menschen histiologisch früher ausgebildet, als die Muskelfaser, wiewohl im Embryo die Sehnen dem äuſseren Ausehen nach unvollkommener zu seyn scheinen, als

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/297>, abgerufen am 22.11.2024.