ganges ist am Vogelembryo am leichtesten wahrzunehmen und von Döllinger, Pander, Prevost und Dümas, Bär, Müller, Coste, Delpech u. A. verfolgt worden. Nach diesen Erfahrungen und eigener Anschauung lässt sich dieser Process auf folgende Punkte reduciren:
1. Die Fruchtanlage sucht sich mehr zu individualisiren und von den sie umgebenden oder mit ihr verwachsenen Theilen zu sondern, wenn sie schon früher den nothwendigen Grad von Selbst- ständigkeit während der Ausbildung des Eies erlangt hat, oder, wo dieses noch nicht geschehen ist, vorher eine solche eigene Form zu erlangen. Das Erstere findet nach den bisherigen Er- fahrungen bei allen Wirbelthieren, das Letztere bei mehreren Wirbellosen Statt. So sah, wie schon angeführt worden, Herold bei den Eiern der Spinnen und Rathke bei denen des Flusskreb- ses die Keimanlage in Folge des Beginnens der Entwickelung über die Oberfläche des Dotters sich zerstreuen und nach diesem Hergange zur mehr individuellen Fruchtanlage sich sammeln (Burdachs Physiol. II. S. 190. 192. Flusskrebs S. 8--11.). Der Letztere fand dagegen nie etwas der Art bei Oniscus aquaticus (Abh. Thl. I. S. 5.), bei Daphnia, Lynceus und Cyclops (Abh. Thl. II. S. 87--94.). Bei Oniscus asellus (Abh. Thl. II. S. 72.) u. O. Armadillo (Abh. Thl. II. S. 83.) dagegen scheint der grosse äussere Theil der Keimhaut zu verschwinden und ist dann durch kein Mittel wiederherzustellen. In den Wirbelthieren dürfte eine solche Vorbereitung zur mehr individuellen Darstellung der Fruchtanlage keinesweges nothwendig seyn, da sie, so viel bis jetzt bekannt, in allen vier Klassen unmittelbar, wie sie in dem Eie vor dem ersten Acte der Entwickelung (nach dem Bersten und der Assimilation des Keimbläschens) enthalten ist, zur Son- derung von den umgebenden Theilen schreitet. Doch mag viel- leicht die von Prevost, Dümas und Bär bei Fröschen beschriebene Furchung des Eies (Ann. des sc. nat. Tom. 2. p. 102. Frorieps Notizen. Novemb. 1824. No. 176. S. 342. Burdachs Physiol. S. 223.), welche von der Fruchtanlage ausgehet, eine entfernte Ana- logie liefern. In neuester Zeit ist jene auch von Baumgärtner (über Nerven und Blut. 1830. 8.), bei Fröschen (S. 27.), Kröten und Salamandern (S. 52.) gesehen worden. Auch wir können ihre Richtigkeit nach eigenen Erfahrungen bestätigen. -- Der Individualisationsprocess geht in den Vögeln auf folgende Weise
Sonderungen der Keimhaut.
ganges ist am Vogelembryo am leichtesten wahrzunehmen und von Döllinger, Pander, Prevost und Dümas, Bär, Müller, Coste, Delpech u. A. verfolgt worden. Nach diesen Erfahrungen und eigener Anschauung läſst sich dieser Proceſs auf folgende Punkte reduciren:
1. Die Fruchtanlage sucht sich mehr zu individualisiren und von den sie umgebenden oder mit ihr verwachsenen Theilen zu sondern, wenn sie schon früher den nothwendigen Grad von Selbst- ständigkeit während der Ausbildung des Eies erlangt hat, oder, wo dieses noch nicht geschehen ist, vorher eine solche eigene Form zu erlangen. Das Erstere findet nach den bisherigen Er- fahrungen bei allen Wirbelthieren, das Letztere bei mehreren Wirbellosen Statt. So sah, wie schon angeführt worden, Herold bei den Eiern der Spinnen und Rathke bei denen des Fluſskreb- ses die Keimanlage in Folge des Beginnens der Entwickelung über die Oberfläche des Dotters sich zerstreuen und nach diesem Hergange zur mehr individuellen Fruchtanlage sich sammeln (Burdachs Physiol. II. S. 190. 192. Fluſskrebs S. 8—11.). Der Letztere fand dagegen nie etwas der Art bei Oniscus aquaticus (Abh. Thl. I. S. 5.), bei Daphnia, Lynceus und Cyclops (Abh. Thl. II. S. 87—94.). Bei Oniscus asellus (Abh. Thl. II. S. 72.) u. O. Armadillo (Abh. Thl. II. S. 83.) dagegen scheint der groſse äuſsere Theil der Keimhaut zu verschwinden und ist dann durch kein Mittel wiederherzustellen. In den Wirbelthieren dürfte eine solche Vorbereitung zur mehr individuellen Darstellung der Fruchtanlage keinesweges nothwendig seyn, da sie, so viel bis jetzt bekannt, in allen vier Klassen unmittelbar, wie sie in dem Eie vor dem ersten Acte der Entwickelung (nach dem Bersten und der Assimilation des Keimbläschens) enthalten ist, zur Son- derung von den umgebenden Theilen schreitet. Doch mag viel- leicht die von Prevost, Dümas und Bär bei Fröschen beschriebene Furchung des Eies (Ann. des sc. nat. Tom. 2. p. 102. Frorieps Notizen. Novemb. 1824. No. 176. S. 342. Burdachs Physiol. S. 223.), welche von der Fruchtanlage ausgehet, eine entfernte Ana- logie liefern. In neuester Zeit ist jene auch von Baumgärtner (über Nerven und Blut. 1830. 8.), bei Fröschen (S. 27.), Kröten und Salamandern (S. 52.) gesehen worden. Auch wir können ihre Richtigkeit nach eigenen Erfahrungen bestätigen. — Der Individualisationsproceſs geht in den Vögeln auf folgende Weise
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Sonderungen der Keimhaut.
ganges ist am Vogelembryo am leichtesten wahrzunehmen und
von Döllinger, Pander, Prevost und Dümas, Bär, Müller, Coste,
Delpech u. A. verfolgt worden. Nach diesen Erfahrungen und
eigener Anschauung läſst sich dieser Proceſs auf folgende Punkte
reduciren:
1. Die Fruchtanlage sucht sich mehr zu individualisiren und
von den sie umgebenden oder mit ihr verwachsenen Theilen zu
sondern, wenn sie schon früher den nothwendigen Grad von Selbst-
ständigkeit während der Ausbildung des Eies erlangt hat, oder,
wo dieses noch nicht geschehen ist, vorher eine solche eigene
Form zu erlangen. Das Erstere findet nach den bisherigen Er-
fahrungen bei allen Wirbelthieren, das Letztere bei mehreren
Wirbellosen Statt. So sah, wie schon angeführt worden, Herold
bei den Eiern der Spinnen und Rathke bei denen des Fluſskreb-
ses die Keimanlage in Folge des Beginnens der Entwickelung
über die Oberfläche des Dotters sich zerstreuen und nach diesem
Hergange zur mehr individuellen Fruchtanlage sich sammeln
(Burdachs Physiol. II. S. 190. 192. Fluſskrebs S. 8—11.). Der
Letztere fand dagegen nie etwas der Art bei Oniscus aquaticus
(Abh. Thl. I. S. 5.), bei Daphnia, Lynceus und Cyclops (Abh.
Thl. II. S. 87—94.). Bei Oniscus asellus (Abh. Thl. II. S. 72.)
u. O. Armadillo (Abh. Thl. II. S. 83.) dagegen scheint der groſse
äuſsere Theil der Keimhaut zu verschwinden und ist dann durch
kein Mittel wiederherzustellen. In den Wirbelthieren dürfte
eine solche Vorbereitung zur mehr individuellen Darstellung der
Fruchtanlage keinesweges nothwendig seyn, da sie, so viel bis
jetzt bekannt, in allen vier Klassen unmittelbar, wie sie in dem
Eie vor dem ersten Acte der Entwickelung (nach dem Bersten
und der Assimilation des Keimbläschens) enthalten ist, zur Son-
derung von den umgebenden Theilen schreitet. Doch mag viel-
leicht die von Prevost, Dümas und Bär bei Fröschen beschriebene
Furchung des Eies (Ann. des sc. nat. Tom. 2. p. 102. Frorieps
Notizen. Novemb. 1824. No. 176. S. 342. Burdachs Physiol. S.
223.), welche von der Fruchtanlage ausgehet, eine entfernte Ana-
logie liefern. In neuester Zeit ist jene auch von Baumgärtner
(über Nerven und Blut. 1830. 8.), bei Fröschen (S. 27.), Kröten
und Salamandern (S. 52.) gesehen worden. Auch wir können
ihre Richtigkeit nach eigenen Erfahrungen bestätigen. — Der
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/177>, abgerufen am 24.11.2024.
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