Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Lyrische Gedichte. Der verlohrne Amor. Amor hat sich jüngst verlohren;Und nun will, die ihn gebohren, Jhren Flüchtling wieder küssen; Und man hat ihn suchen müssen. Jn dem Schatten dunkler Linden, Wo wir Dichter Amorn finden; Unter froher Dichter Myrthen, Jn den Städten, bey den Hirten, Kann man nichts von ihm erfragen. Mädchen! wollt ihr mirs nicht sagen? Denn ihr hegt den Gott der Sorgen: Hat er sich bey euch verborgen? Jn den Rosen eurer Wangen, Die mit frischer Jugend prangen? Oder auf den Liljenhügeln, Wo der Gott mit leisen Flügeln Sich schon öfters hingestohlen? Darf ich suchen und ihn hohlen? Der
Lyriſche Gedichte. Der verlohrne Amor. Amor hat ſich juͤngſt verlohren;Und nun will, die ihn gebohren, Jhren Fluͤchtling wieder kuͤſſen; Und man hat ihn ſuchen muͤſſen. Jn dem Schatten dunkler Linden, Wo wir Dichter Amorn finden; Unter froher Dichter Myrthen, Jn den Staͤdten, bey den Hirten, Kann man nichts von ihm erfragen. Maͤdchen! wollt ihr mirs nicht ſagen? Denn ihr hegt den Gott der Sorgen: Hat er ſich bey euch verborgen? Jn den Roſen eurer Wangen, Die mit friſcher Jugend prangen? Oder auf den Liljenhuͤgeln, Wo der Gott mit leiſen Fluͤgeln Sich ſchon oͤfters hingeſtohlen? Darf ich ſuchen und ihn hohlen? Der
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Lyriſche Gedichte.
Der verlohrne Amor.
Amor hat ſich juͤngſt verlohren;
Und nun will, die ihn gebohren,
Jhren Fluͤchtling wieder kuͤſſen;
Und man hat ihn ſuchen muͤſſen.
Jn dem Schatten dunkler Linden,
Wo wir Dichter Amorn finden;
Unter froher Dichter Myrthen,
Jn den Staͤdten, bey den Hirten,
Kann man nichts von ihm erfragen.
Maͤdchen! wollt ihr mirs nicht ſagen?
Denn ihr hegt den Gott der Sorgen:
Hat er ſich bey euch verborgen?
Jn den Roſen eurer Wangen,
Die mit friſcher Jugend prangen?
Oder auf den Liljenhuͤgeln,
Wo der Gott mit leiſen Fluͤgeln
Sich ſchon oͤfters hingeſtohlen?
Darf ich ſuchen und ihn hohlen?
Der
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Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/78>, abgerufen am 17.07.2024. |