Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Zweytes Buch. Das neue Orakel. Propheten unsrer Zeit, Zigeuner, kluge Weiber! Weh euch! ihr alle seyd verschmäht! Seht, wie der Coffeesatz, der Neugier Zeitver- treiber, Sich als Orakel bläht. Die schlaue Phantasie sieht in geheimen Zeichen Des weisen Schlammes Antwort stehn: Wie die um Mitternacht durch öde Wälder streichen, Gespenst und Schätze sehn. Auch mir verkündigt sie, und Liebe hilft mir glauben, Daß ich mein Mädchen küssen soll. Nichts kann gewisser seyn! da schnäbeln sich zwo Tauben: Das ist geheimnißvoll! Zwar sieht mein Auge nichts; doch glaub ich mei- nem Glücke: Die Tauben sind unsichtbar da: Auch Bileam sah nicht, was mit erstauntem Blicke Sein Thier erleuchtet sah. Sey D
Zweytes Buch. Das neue Orakel. Propheten unſrer Zeit, Zigeuner, kluge Weiber! Weh euch! ihr alle ſeyd verſchmaͤht! Seht, wie der Coffeeſatz, der Neugier Zeitver- treiber, Sich als Orakel blaͤht. Die ſchlaue Phantaſie ſieht in geheimen Zeichen Des weiſen Schlammes Antwort ſtehn: Wie die um Mitternacht durch oͤde Waͤlder ſtreichen, Geſpenſt und Schaͤtze ſehn. Auch mir verkuͤndigt ſie, und Liebe hilft mir glauben, Daß ich mein Maͤdchen kuͤſſen ſoll. Nichts kann gewiſſer ſeyn! da ſchnaͤbeln ſich zwo Tauben: Das iſt geheimnißvoll! Zwar ſieht mein Auge nichts; doch glaub ich mei- nem Gluͤcke: Die Tauben ſind unſichtbar da: Auch Bileam ſah nicht, was mit erſtauntem Blicke Sein Thier erleuchtet ſah. Sey D
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Zweytes Buch.
Das neue Orakel.
Propheten unſrer Zeit, Zigeuner, kluge Weiber!
Weh euch! ihr alle ſeyd verſchmaͤht!
Seht, wie der Coffeeſatz, der Neugier Zeitver-
treiber,
Sich als Orakel blaͤht.
Die ſchlaue Phantaſie ſieht in geheimen Zeichen
Des weiſen Schlammes Antwort ſtehn:
Wie die um Mitternacht durch oͤde Waͤlder ſtreichen,
Geſpenſt und Schaͤtze ſehn.
Auch mir verkuͤndigt ſie, und Liebe hilft mir glauben,
Daß ich mein Maͤdchen kuͤſſen ſoll.
Nichts kann gewiſſer ſeyn! da ſchnaͤbeln ſich zwo Tauben:
Das iſt geheimnißvoll!
Zwar ſieht mein Auge nichts; doch glaub ich mei-
nem Gluͤcke:
Die Tauben ſind unſichtbar da:
Auch Bileam ſah nicht, was mit erſtauntem Blicke
Sein Thier erleuchtet ſah.
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Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/63>, abgerufen am 17.07.2024. |